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Politik

Die AKP sucht den Allparteienkonsens

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Die regierende AKP will offenbar endgültig den Weg frei machen für eine neue Verfassung. Notfalls wäre sie dafür auch bereit, auf die Einrichtung des von ihr gewünschten Präsidialsystems zu verzichten.

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Der stellvertretende türkische Premierminister Beşir Atalay (Foto) erklärte, die AKP würde nicht auf die Umwandlung des derzeitigen parlamentarischen Systems in eine Präsidialrepublik bestehen, wenn im Gegenzug eine Einigung aller Parteien hinsichtlich anderer Aspekte einer neuen Verfassung möglich werden würde.

Während eines Besuches in der Türkischen Republik Nordzypern betonte Atalay am Montag gegenüber Journalisten, die parlamentarische Verfassungsreformkommission würde gerade an einem Text für die neue Verfassung arbeiten. Die AKP habe den Wählern in allen drei bisherigen Regierungsperioden eine neue und demokratischere Verfassung versprochen. Nun müsse die Partei diesen Prozess endgültig und nachhaltig voranbringen.

Atalay gab an, dass Konsens und eine Verhandlungslösung bei der Verabschiedung der neuen Verfassung im Vordergrund stünden. Sollten alle Bemühungen ergebnislos bleiben, würde man aber nach „Alternativen“ suchen – und eine potenzielle solche wäre beispielsweise, die neue Verfassung zusammen mit den Stimmen der prokurdischen „Partei für Frieden und Demokratie“ (BDP) in Kraft zu setzen.

In der Vergangenheit hatte die Forderung der AKP nach einem Präsidialsystem Widerstände bei den Oppositionsparteien hervorgerufen. „Das Präsidialsystem ist wichtig“, betonte Atalay, „als wir unseren Entwurf der Verfassungsreformkommission überantwortet hatten, hatten wir dies in der Partei diskutiert und mit großer Zustimmung beschlossen. Sollte eine neue Verfassung aber nur ohne Präsidialsystem geschaffen werden können, sind wir flexibel. Wenn ansonsten Konsens möglich sein sollte, können wir diese Idee auch fallen lassen.“

„Die Menschen in den Kurdengebieten wollen endlich Normalität“

Der stellvertretende Premierminister berichtete auch über einen jüngsten Besuch des Regierungschefs Recep Tayyip Erdoğans in der Provinz Mardin und den dazugehörigen Distrikten. Die Bevölkerung in den dortigen kurdisch dominierten Gebieten sei sehr hoffnungsfroh hinsichtlich der weiterhin stattfindenden Gespräche zwischen türkischen Offiziellen und dem Führer der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), Abdullah Öcalan. „Die Menschen in der Region haben viel gelitten und wollen endlich Normalisierung. Die Sache ist jetzt auf dem Tisch und niemand kann eine Lösung noch aufhalten. Das Hauptziel ist die Entwaffnung der PKK. Von diesem Ziel rücken wir nicht ab.“

Die Frage eines Präsidialsystems wird in der Türkei kontrovers diskutiert. Premierminister Erdoğan rückt dieses Thema immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit und es wird vielfach spekuliert, Erdoğan strebe an, der erste Präsident unter dem neuen System zu werden.

Das politische System der Türkei beruht auf dem Prinzip der Gewaltentrennung. Die Exekutivgewalt liegt bei der Regierung, die Legislative konzentriert sich auf das Parlament und die Regierung, die Justiz ist von beiden unabhängig. Neu ist, dass der Präsident künftig durch das Volk gewählt wird. Die bisherigen Versuche der Regierungspartei, in der Reformkommission einen parteiübergreifenden Konsens für ein Präsidialsystem zu erzielen, die dem Präsidenten größere Befugnisse einräumen würde, waren gescheitert.

In der Bevölkerung ist der Vorschlag umstritten. In einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des MetroPOLL Strategic and Social Research Centers sprachen sich 38,5% für einen Wechsel zum Präsidialsystem aus, während 34,3% dagegen votierten. Immerhin 24,5% äußerten keine klare Präferenz.