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„Die Bundesliga ist die beste Liga der Welt“

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Der FC Bayern München ist Champions League-Sieger 2013. In einem spannenden Finale besiegten die Bayern tapfere Borussen mit 2:1. Beide Mannschaften machten mit ihrer hochklassigen Leistung Werbung für den modernen deutschen Fußball. (Foto: ap)

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Was für eine fantastische Fußball-Show, dieses deutsch-deutsche Finale der Champions League im englischen Wembley-Stadion. Tempo statt Taktik, Vollgas-Fußball statt Rasenschach. Gegen das Drehbuch dieses Herzschlag-Thrillers ist jeder Hitchock-Krimi ein Langweiler. Erst die furiose Drangperiode der Dortmunder auf das Bayern-Tor, in dem Keeper Manuel Neuer mit tollen Reflexen reagierte. Dann die eiskalten Konter der Münchner, die der angeblich weltbeste „Nicht-Nationaltorwart“ Roman Weidenfeller mehrfach mit seinen Fingerspitzen vereitelte – bis auf den Treffer von Mario Mandzucik in der 60. Minute, als die Dortmunder Viererkette eine mentale Auszeit genommen hatte und wie paralysiert wirkte. Aber der BVB schlug rasch zurück, in der 68. Minute per Elfmeter durch Ilkay Gündoğan, den tragischen Final-Helden.

Nach 90 Minuten sind die Dortmunder nur Champions-League-Sieger der Herzen. Durch ein Tor von Arjen Robben in der 88. Minute gewinnen die Münchner am Ende nicht unverdient mit 2:1 und werden einmal mehr ihrem Ruf als „Dusel-Bayern“ gerecht. Diese packende Partie um den silbernen „Henkelpott“ hat gehalten, was sich Millionen mitfiebernde Fußballfans seit Wochen von ihr versprochen haben. Fußball-Deutschland ist betrunken vor Freude – und stolz wie Bolle. Erstmals standen zwei Bundesligaclubs im Finale der Champions-League. In ihrem Überschwank der Gefühle wussten manche Fußballfreaks gar nicht mehr, welchem Club sie die Daumen drücken sollten.

Seit der Weltmeisterschaft 1990 und der Europameisterschaft 1996 hat es für die deutsche Fußballnationalmannschaft nie mehr zu einem bedeutenden Titel gereicht. Niederlagen im Fußball nagen am Selbstbewusstsein der deutschen Nation. Die Nationalkicker des letzten Jahrzehnts, mit ihren klassischen Kampf- und Konditions-Tugenden, gelten als „verlorene Generation“. Inzwischen aber regiert die Generation Götze den deutschen Profifußball. Brillante Filigrantechniker, die sich ihre Siege – im Gegensatz zu ihrer Vorgängergeneration – nicht kraftvoll erarbeiten, sondern leichtfüßig erspielen.

Von den belächelten „Krauts“ zur bewunderten „The Mannschaft“

Im Ausland sorgen diese Kicker derzeit für ein sympathisches Deutschland-Bild. Selbst die Engländer zollen als notorische Kritiker der Krauts plötzlich Respekt und Anerkennung. „Die Bundesliga ist die beste Liga der Welt“, urteilte jüngst ausgerechnet das britische Krawallblatt „The Sun“. Diese Zeitung hatte die Deutschen zuvor mit hässlichen Klischees wie „Krauts“ (Sauerkraut) belegt, über deutsche Kicker wegen ihrer Zweikampfstärke als „Panzer“ gelästert und regelmäßig vor Länderspielen mit Hakenkreuzen auf ihren Titelseiten an den Zweiten Weltkrieg erinnert.

Die Tonlage hat sich geändert. Vor dem deutsch-deutschen Champions-League-Finale im Wembley-Stadion fragte das englische Intellektuellen-Journal „The new Statesman“ neidisch: „Warum können wir nicht auch so sein wie Deutschland?“ Viele Kommentatoren im Mutterland des Fußballs sprechen superlativistisch von „The Mannschaft“, wenn von der deutschen Nationalelf die Rede ist, die das englische Team zuletzt klar dominiert hatte. Der britische Fußballexperte Jonathan Wilson preist das „deutsche Modell“ und lobt die systematische Nachwuchsförderung der deutschen Bundesligavereine.

Dabei sind die Kaderschmieden der Bundesligisten weniger deutsch und mehr multikulti. Neben Mario Götze und Marco Reus gehören mit Ilkay Gündoğan, Nuri Şahin und Mesut Özil typische Migrantenkinder zu den Mega-Talenten der goldenen Generation im deutschen Fußball. Den Gündoğans und Özils fliegen die Herzen aus den Fankurven in den Bundesligastadien aber erst zu, seit sie sich für den Bundesadler statt dem Halbmond auf ihrem Nationaltrikot entschieden haben. Dagegen wurden die Altıntop-Zwillinge Hamit und Halil zunächst argwöhnisch beäugt. Lange mussten sie bei Schalke 04 um ihre Anerkennung kämpfen, bis die Kumpel die Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Karriere der beiden auf Kohle geborenen Türken anrührte. Das erste türkische Migrantenkind in der Bundesliga, Erhan Önal, der zwischen 1976 bis 1978 bei Bayern München spielte, wurde seinerzeit noch als Exot betrachtet, obwohl sich der Deutsch-Türke als „richtiger Bayer“ fühlte. Fußballerisch heimisch wurde Önal schließlich erst bei Galatasaray Istanbul.

Dagegen ist die dritte Migrantengeneration in der Fußball-Bundesliga längst integriert. Der türkische Nationalspieler und BVB-Mittelfeldregisseur Şahin fremdelte bei seinen spanischen und englischen Clubs. Trotz millionenschwerer Gehaltseinbußen zog es ihn zu der einzigartigen Fan-Kulisse in das Dortmunder Stadion zurück. „Endlich wieder zu Hause“, atmete Şahin nach seiner Rückkehr auf. Auch BVB-Star Gündoğan bekennt sich trotz der fußballerischen Rivalitäten zwischen Schalke und Dortmund zu seiner Geburtsstadt Gelsenkirchen, wo er einst bei Heßler 06 das Fußballspielen erlernte. Den Bolzplatz, auf dem Özil in Gelsenkirchen-Bulmke seine ersten Übersteiger übte, wollen die örtlichen Politiker vor lauter Stolz auf den Weltklassefußballer jetzt sogar unter Denkmalschutz stellen. Fußball verbindet.
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Fußball ist „einigende Kraft Europas“

Nicht etwa in der Wirtschaft, sondern im Fußball sieht der Berliner Philosoph und Sportwissenschaftler Gunter Gebauer die einigende Kraft in Europa. Das europäische Geld habe es nicht geschafft zu vereinigen, sondern es sei dabei, zu trennen. „Es ist ein negativ belastetes Symbol“, urteilt Gebauer. Dagegen sei der Sport das zentrale Element, „wo große europäische Feste veranstaltet werden, selbst wenn jetzt nur zwei deutsche Mannschaften im Finale standen“.

Die Champions League funktioniert nach Auffassung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ deshalb gut als „europäisches Identifikationsangebot“, weil die Vereinsteams keine Nationalmannschaften, sondern gleichsam auch europäische Einheiten seien. Im Finale der Champions League waren Österreich durch Alaba, Kroatien durch Mandzukic, Serbien durch Subotic, Frankreich durch Ribéry, die Niederlande durch Robben, Spanien durch Martínez, die Türkei durch Gündoğan und Şahin sowie Polen durch Lewandowski, Blaszyczykowski und Piszczek vertreten. „Ein Spieler reicht, um ein ganzes Land im Finale der Champions League mitfiebern zu lassen“, sagt der Sportwissenschaftler Gebauer. „Die Projektionsfläche ist eindeutig größer geworden.“

Ist Multikulti das Geheimnis der deutschen Fußball-Dominanz? Womöglich. An dem derzeitigen Bundesliga-Spektakel haben aber auch die Trainer entscheidenden Anteil. Im Wembley-Stadion gaben mit Jupp Heynckes (Bayern München) und Jürgen Klopp (Borussia Dortmund) zwei deutsche Fußballlehrer die Kommandos von der Trainerbank. Für die kommende Saison haben die Bayern mit Pep Guardiola einen Weltklasse-Coach verpflichtet, der mit dem FC Barcelona seinerzeit sechs Titel in einem Jahr gewann. Nach dem mutmaßlichen Triple des FC Bayern München könnte es unter dem hohen Erwartungsdruck erstmals auch für das Trainer-Wunderkind brutal schwer werden. Auch für den weltmännischen „Pep“ gelten in der deutschen Fußball-Bundesliga die alten Mechanismen: siegen oder fliegen.