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Politik

„Die günlük gazete“: Die taz erscheint nächste Woche auf Türkisch

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Die taz zeigt Solidarität mit den bedrängten kritischen Journalisten zwischen Istanbul und Diyarbakır. Am 3. Mai erscheint eine deutsch-türkische Sonderausgabe, die sich mit der desolaten Situation der Pressefreiheit in der Türkei beschäftigt. Unterstützung bekommt sie dabei auch von türkischen Kollegen.

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Die taz erscheint am kommenden Dienstag mit einer deutsch-türkischen Sonderausgabe, in der alle Artikel sowohl auf Deutsch als auch auf Türkisch abgedruckt sind. Anlass ist der Tag der internationalen Pressefreiheit am 3. Mai; entsprechend steht die Ausgabe unter dem Motto „basın özgürlüğü hepimiz ilgilendirir“ – „Pressefreiheit geht uns alle an“. Es soll dabei jedoch nicht um Themen gehen, die aktuell in Deutschland debattiert werden, wie die Causa Böhmermann oder die Einmischungen der türkischen Regierung in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik (wie jüngst im Falle des Dresdner Konzertprojekts Aghet). Vielmehr beschäftige sich die Ausgabe auf 16 Seiten mit der Lage der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei sowie den Umständen, unter denen türkische Journalisten arbeiten müssen, erklärt Marlene Halser, Ressortleiterin für Gesellschaft und Medien.

Unter anderem werde man sich den wirtschaftlichen Verstrickungen von türkischen Mainstreammedien und der Regierung, der Enteignung kritischer Medienhäuser wie Zaman und den Gefahren, denen kritische Journalisten im Südosten der Türkei ausgesetzt sind, widmen. „Wir finden, dass in Deutschland etwas Entscheidendes nicht gesehen wird: Der Preis, für den die Bundesregierung den Flüchtlingsdeal mit der Türkei erkauft“, sagte sie am Freitag im taz-Gebäude in der Berliner Rudi-Dutschke-Straße. Die Türkei sei ein Land, „das mit Siebenmeilenstiefeln in Richtung Diktatur marschiert“, wofür hierzulande jedoch viel zu wenig Bewusstsein herrsche. „Würde all das in Deutschland passieren, wir würden auf die Straße gehen und protestieren.“

Deshalb sei „am 3. Mai Zeit für ein Zeichen der Solidarität mit den Journalistinnen und Journalisten in der Türkei“, wie taz-Chefredakteur Georg Löwisch mitteilt. Dazu hat das Projekt unter der Leitung der Redakteurin Fatma Aydemir auch Unterstützung aus der Türkei erhalten: Die 28-jährige Gözde Kazaz und den 43-jährigen Erk Acarer. Kazaz schreibt für die türkisch-armenische Tageszeitung Agos, die einst vom 2007 ermordeten Hrant Dink gegründet wurde, Acarer für die linke Tageszeitung Birgün. Beide sind aus Istanbul angereist, um eine Woche in der Berliner taz-Redaktion an der Erstellung der Sonderausgabe mitzuwirken. Erfahrung mit Repressionen gegen kritische Journalisten haben beide, Kazaz schreibt schwerpunktmäßig über Menschenrechte, Meinungsfreiheit und Umweltbewegungen, Acarer beschäftigt sich momentan vor allem mit dem heiklen Thema der Verbindungen der türkischen Regierung zu militanten Extremisten in Syrien – dem Thema, das die Cumhuriyet-Journalisten Can Dündar und Erdem Gül ins Gefängnis und vor Gericht gebracht hat.

Erk Acarer: „Es reicht, sich für Frieden einzusetzen, um als Terrorist zu gelten.“

Ob sie denn erwarten, wie so viele ihrer Kollegen Repressionen ausgesetzt zu sein, wenn sie in die Türkei zurückkehren, nachdem sie in Deutschland unverblümt kritisch über die türkische Regierung geschrieben haben? „Das werden wir sehen, wenn wir wieder in der Türkei sind“, sagt Gözde Kazaz mit einem verschmitzten Grinsen. Angst habe sie aber nicht, „dann wären wir ja erst gar nicht hergekommen. Ich hätte mich auch für einen anderen Beruf entscheiden können. Wer Angst vor solchen Reaktionen hat, der sollte in der Türkei gar nicht erst Journalist werden.“ Erk Acarer gibt sich gar noch kämpferischer: „Es ist mir egal, ob es Reaktionen auf unsere Arbeit hier geben wird“, sagt er. „Ich bin überzeugt, dass wir das Richtige tun und etwas Wichtiges für die Zukunft des Landes und unserer Kinder.“

Dass Kazaz‘ und Acarers Beiträge für die taz auch in der Türkei wahrgenommen werden, ist gewollt. Zwar könne man die taz aus vertriebstechnischen Gründen nicht als Printausgabe auf dem türkischen Markt anbieten. Man wolle die Artikel aber online verbreiten und versuchen, die türkischsprachigen Texte so zu verlinken, dass sie vor allem über die sozialen Medien möglichst viele Menschen innerhalb der Türkei erreichen. Auch in Deutschland soll die Zeitung in den Kiosken sowohl in den Regalen für deutsch- als auch für türkischsprachige Zeitungen ausgelegt werden. Außerdem werde man 1700 kostenlose Exemplare in Berlin und 2200 im restlichen Bundesgebiet verteilen und in verschiedenen türkischen Vereinen und Verbänden, aber auch Kultureinrichtungen wie dem Berliner Gorki Theater auslegen lassen.