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Kultur/Religion

Die Kölner Keupstraße und der Qualitätsverlust in türkischen Restaurants

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Türkische Mitbürger in Deutschland können die türkischen Restaurants wohl am Besten bewerten. In Köln ist es die Keupstraße, in der man vermeintlich gut essen kann. Doch die Restaurants sind nicht mehr das, was sie einmal waren.

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Der gute Kenner lässt sich von schlechten Restaurants nicht austricksen.
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„Das sieht aber lecker aus und vor allem wie das hier alles riecht… köstlich“, sagt ein etwas älteres deutsches Paar, als es vor einem der bekanntesten türkischen Restaurants steht. Das Wasser läuft einem im Munde zusammen. Aber wie viel Wahrheit steckt da für den echten Kenner drin? Wie gut isst man türkisch in Deutschland?

Aus beruflichen Gründen komme ich viel herum und esse an sehr vielen Orten, probiere vieles aus. Mit der Zeit habe ich gelernt, wie man gutes türkisches Essen von schlechtem türkischen Essen unterscheidet. Insbesondere meine Reisen in die jeweiligen Provinzen der Türkei haben mir viel beigebracht.

Türkische Restaurants an berühmten Meilen geben den Geist auf

In Köln ist es die Keupstraße, in Berlin die Gegend um das Kottbusser Tor und in anderen Städten gibt es sie auch. Die Meilen der türkischen Kultur, beziehungsweise der türkischen Esskultur auf deutschem Boden. Man könnte diese Meilen, Straßen und Restaurants mit glorreichen Namen zu einer historischen Bedeutung aufwerten. Dazu reicht eigentlich etwas PR-Arbeit. Denn diese Orte sind Meilensteine, die die ersten unternehmungslustigen Gastarbeiter setzten.

Anstatt immer besser zu werden – schon allein wegen der sich vermehrenden Konkurrenz – verblassen sie aber allmählich und werden von Mal zu Mal von Burgern, chinesischen Nudeln, indischem Curry oder der italienischen Pizza und Pasta überholt. Bei dutzenden Einzelgesprächen mit Kunden haben sich meine Beobachtungen bestätigt. Der gute Geschmack verfliegt, die Läden wechseln in unübersichtlichem Tempo den Besitzer und verkommen.

Ich vermisse den echten Döner

Von einer echten Fleischkunst zu reden wird immer schwieriger. Den Döner „tradizzionale“ gibt es nicht mehr. Je schlechter der Döner ist, desto mehr Soße wird auf das Brot geklatscht. Für die wahren Fleischkenner eine Unverschämtheit. Aber trotzdem machen diese Läden Umsatz wie verrückt. Komisch ist auch: Die unzufriedenen Gäste sind es, die immer und immer wieder dieselben Läden besuchen und eine Enttäuschung nach der anderen erleben. Vielleicht liegt das an der erdrückenden Alternativlosigkeit.

Ich will nicht alles gleich schlecht reden. Es gibt sie noch, die Top-Adressen für den fabelhaften türkischen Geschmack. Aber die Überzahl der Läden macht vor, wie unbemüht die türkische Küche aussehen kann. Exemplarisch gehen wir in unserer Reihe als erstes auf die berühmte Meile in Köln-Mülheim.

Die kölnische Keupstraße ist bekannter unter dem Namen „Klein-Istanbul“. Sie wird in verschiedenem Sinne diesem Ruf gerecht. Noch immer ist der Zulauf zu ihr unverändert. Besonders zur Hochzeitssaison sind die Juweliere sehr beliebt. Viele kommen immer noch in die Keupstraße, um das Gefühl zu kriegen, in der Türkei zu sein. Hier kann man auch türkische Süßspeisen essen: Künefe, Baklava und Sütlaç.

Warum ist das Essen für uns nicht mehr so gut?

In beinahe jedem Restaurant auf der Straße habe ich der Fairness halber gegessen. Dort sind die Player seit Jahren schon das DoyDoy, der Kervansaray, das Mevlana-Restaurant, Kilim und Nimet. Die anderen kenne ich persönlich nicht, sie haben aber Imbissgröße, bis auf das Asmalı Konak. Dort habe ich aber noch nicht gegessen, da „gaumenstarke“ Personen meines Vertrauens über das Restaurant zumindest im Preis-Leistungs-Verhältnis keine Empfehlung ausgesprochen haben.

Bei jedem der Restaurants fehlt entweder das Eine, oder das Andere. So saß ich in einem Restaurant und wählte auf der Karte aus. Die Karten der unterschiedlichen Häuser sind in der Regel identisch und haben keine Spezialitäten, die sie irgendwie besonders auszeichnet. Nur das vergleichsweise neue Sahan-Kebab hat sich in seiner Küche auf die spezielle „Sahan“-Koch- und Serviermethode ausgerichtet. Das sind traditionelle Kupfertöpfe und Kupferpfannen, in denen einige Gerichte serviert werden. Über die Suppen kann man sich bei Sahan wirklich nicht beschweren. Da bemüht sich das Restaurant, echte Akzente zu setzen. Nur im Sahan Restaurant stößt man auf eine Suppenspezialität aus Gaziantep, die Beyran-Suppe. Für Fleischsuppenfans eine gute Alternative. Die Speisekarte des Sahan Kebab hat auch noch weitere Besonderheiten zu bieten, besteht aber dennoch zu 90 Prozent aus den Klassikern.

Alle anderen Häuser haben zu 100 Prozent reine Klassiker im Angebot: Mercimek Suppe, Adana Kebap oder Döner Teller. Man hat sich nicht abgesprochen, um eine kulturelle Vielfalt anzubieten, sondern konkurriert Tag für Tag um dieselben Kunden. Dabei hat die türkische Küche viel mehr zu bieten, als nur die Küche des Süd-Ostens des Landes. Die türkische Bevölkerung in Deutschland spiegelt auch die Vielfältigkeit der Türkei wieder, alle Provinzen sind hier vertreten.

Türken enttäuscht von der Keupstraße

Um ein Gesamtbild zu bekommen, bestelle ich gerne den gemischten Grillteller eines Lokals. Dabei hat mich auf der Keupstraße nie ein Restaurant wirklich zufriedengestellt, einige haben es geschafft, das ich am Ende sagte: Nie wieder!

Wenn das Essen kalt serviert wird und das Fleisch einfach fade schmeckt, übliche Servicebestandteile, wie Meze-Platten nur gegen Aufpreis und Nachfrage gebracht werden und das Personal einem weder in die Augen schaut, noch irgendeine Höflichkeit ausstrahlt, dann fühlt man sich einfach nicht mehr wohl. Ich war an der Grenze meiner Geduld, als bei einem der besagten Restaurants eine Meze-Platte dazu bestellt werden musste, doch der Kellner nicht gesagt hat, dass das bescheiden gefüllte Stück 7 Euro zusätzlich kosten würde. Dabei kam ein riesiger, weißer Teller, auf dem mit zwei Esslöffeln schlechte Quarkmischungen in die Mitte geklatscht wurden. Auf der weiten, weißen Fläche des Tellers lagen sie unbedeutend da. Völlig vereinsamt. Weit und breit gab es nichts anderes, nicht einmal Petersilienblätter, die das leere Bild des Tellers etwas retuschiert hätten.

Doch das Image der Keupstraße wird in letzter Zeit durch eine weitere Entwicklung gestört. Durch den Zufluss von günstigen Arbeitskräften vom Balkan hat sie sich als erstes zum Hotspot von bulgarischen Schwarzarbeitern entwickelt. Von dieser Entwicklung sind einige türkische Bewohner der Gegend so gestört, dass sie allmählich wegziehen. Für sie ist die Keupstraße längst nicht mehr das, was sie einmal war.

Wenn dann auch noch die Restaurants zu wünschen übrig lassen, dann fragt man sich: Was soll daraus noch werden? Ich empfehle den Verantwortlichen und Ladenbesitzern auf der Keupstraße: Ruiniert diesen Kult nicht wegen bloßer Gier nach immer größerem Gewinn. Kultur ist wichtiger und braucht Menschen und Generationen, die sie hegen und pflegen. Dann verdienen nicht nur wir, die im Hier und Jetzt lebenden, sondern auch unsere Kinder und Kindeskinder. Nicht zu vergessen: Besser geht immer!