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Politik

Irak: Die Schlacht um Mossul hat begonnen

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Die USA sehen einen „entscheidenden Moment“ gekommen und sprechen von einer „historischen Operation“: In den Nachtstunden rufen die irakischen Sicherheitskräfte zum Sturm auf Mossul. Bei einem Sieg wäre der IS im Irak zumindest militärisch weitestgehend geschlagen.

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Irakische Streitkräfte bei der Offensive auf Mossul
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Im Schutze der Nacht haben die irakischen Sicherheitskräfte ihre lang erwartete Militäroffensive zur Rückeroberung der IS-Hochburg Mossul begonnen. Das verkündete Ministerpräsident Haider al-Abadi im Staatsfernsehen. Die US-Regierung sprach von „einem entscheidenden Moment“ im Kampf gegen die Terrormiliz. Sollte die Millionenmetropole tatsächlich befreit werden, wäre der IS im Irak militärisch weitestgehend besiegt.

„Die Stunde des Sieges hat geschlagen. Die Operation zur Befreiung Mossuls hat begonnen“, sagte al-Abadi in der Nacht zum Montag im irakischen Staatsfernsehen. Er richtete sich direkt an die Bürger von Mossul und rief sie dazu auf, mit den irakischen Streitkräften zu kooperieren. „Sehr bald werden wir unter Euch sein, um die irakische Flagge zu hissen.“ 2016 werde als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem der Terrorismus und der IS besiegt wurden. Angeführt wird die Offensive demnach von der Armee und der Polizei des Landes. Und sie beginnt mit Erfolgsmeldungen der Anti-IS-Allianz. Kurdische Peschmerga-Kämpfer nahmen nach eigenen Angaben rund 40 Kilometer östlich von Mossul sieben Dörfer ein.

Das militärische Ende des IS im Irak könnte bevorstehen

Mossul ist die letzte Bastion der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak. Die nördlich gelegene Millionenstadt unweit der Grenze zur Türkei steht seit Juni 2014 unter Kontrolle der Extremisten. Von Mossul aus überrannte der IS weite Teile des Landes, hat inzwischen aber viele dieser Gebiete wieder eingebüßt. Im Nachbarland Syrien beherrscht die sunnitische Terrormiliz allerdings noch immer große Landstriche.

Kräfte der irakischen Armee und Polizei hatten in den vergangenen Wochen und Tagen im Umland von Mossul Stellung bezogen. Unterstützt werden sie bei der Offensive von kurdischen Peschmerga-Kämpfern, die aber nicht in die Stadt eindringen sollen. Auch lokale sunnitische Milizen sollen an dem Angriff beteiligt werden. Die von den USA geführte internationale Koalition fliegt Luftangriffe gegen den IS.

US-Verteidigungsminister Ashton Carter erklärte nach Beginn der Offensive: „Die Vereinigten Staaten und der Rest des internationalen Bündnisses stehen bereit, um die irakischen Sicherheitskräfte, Peschmerga-Kämpfer und das irakische Volk in dem schwierigen Kampf zu unterstützen, der ihnen bevorsteht.“ Ziel sei es, den IS dauerhaft zu besiegen und sowohl Mossul als auch den Rest des Iraks „vom Hass und der Brutalität“ der Extremisten zu befreien.

Der US-Sonderbeauftragte für die IS-Bekämpfung, Brett McGurk, schickte via Twitter eine Solidaritätsadresse an die Verbündeten: „Wir sind stolz, bei dieser historischen Operation an Eurer Seite zu stehen“, schrieb er in dem Kurznachrichtendienst.

In Mossul und im Umland sollen sich rund 4000 IS-Kämpfer aufhalten. Diese haben nach verschiedenen Berichten in der Stadt tiefe Gräben und ein Tunnelsystem ausgehoben, um sich zu verteidigen. Außerdem ist damit zu rechnen, dass Straßen und Gebäude mit zahlreichen Sprengfallen versehen sind, was einen Vormarsch auf die Stadt erschweren könnte.

Brüchige Koalition

Umstritten ist der Einsatz schiitischer Milizen bei der Offensive. Diese hatten angekündigt, sich an der Militäroperation zu beteiligen. Die Sunniten lehnen das jedoch ab, weil sie befürchten, dass die schiitischen Milizen ihren Einfluss im Land noch weiter ausbauen könnten. Mossul ist die wichtigste sunnitische Stadt im Irak. Viele Sunniten fühlen sich von der Mehrheit der Schiiten im Land und von der schiitisch dominierten Zentralregierung diskriminiert.

In den vergangenen Tagen war zudem der Konflikt zwischen der irakischen Regierung und der Türkei erneut eskaliert. Bagdad fordert den Abzug türkischer Truppen, die nordöstlich von Mossul stationiert sind und dort unter anderem sunnitische Milizen und kurdische Peschmerga ausbilden. Die Türkei lehnt jedoch einen Abzug ihrer Einheiten ab. Dadurch kam es zu heftigen Wortgefechten zwischen der türkischen und der irakischen Regierung, in deren Folge nicht nur beide Seiten die Botschafter der jeweils anderen einbestellten, sondern Bagdad den Weltsicherheitsrat angerufen hat, um den Abzug türkischer „Besatzungstruppen“ zu erzwingen.

Hilfsorganisationen hatten vor dem Beginn der Offensive vor einem neuen Flüchtlingsdrama gewarnt. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR rechnet mit schätzungsweise bis zu 700 000 Menschen aus Mossul und dem Umland, die fliehen und auf Hilfe angewiesen sein könnten. Nach Angaben von Hilfsorganisationen wurden jedoch bisher zu wenige Lager errichtet, um die Menschen bei einer Massenflucht ausreichend versorgen zu können. Zudem gibt es Befürchtungen, die Flüchtlinge könnten in die Schusslinie geraten.

Der IS hatte in den vergangenen Monaten bereits wichtige Gebiete im Irak und auch in Syrien verloren. So konnten irakische Streitkräfte im Sommer die IS-Hochburg Falludscha im Osten des Landes befreien. Auch in Syrien steht der IS unter Druck. Erst am Sonntag hatten von der Türkei unterstützte Rebellen den symbolisch wichtigen Ort Dabik im Norden des Landes vom IS eingenommen. (dpa/ dtj)