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„Die Türkei setzt ihre Mediatorenrolle in der Golf-Krise aufs Spiel“

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„Die Türkei setzt ihre Mediatorenrolle in der Golf-Krise aufs Spiel“, meint unser Gastautor Aziz Bouabe. Er ist Präsident des Deutsch-Arabischen Netzes. Das Netz setze sich für die Förderung der Völkerverständigung und für den Austausch sowie die Förderung der Entwicklungszusammenarbeit zwischen Deutschland und der arabischen Welt ein, heisst es in der Eigendarstellung des Netzes. 

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„Die Türkei setzt ihre Mediatorenrolle in der Golf-Krise aufs Spiel“, meint unser Gastautor Aziz Bouabe. Er ist Präsident des Deutsch-Arabischen Netzes. Das Netz setze sich für die Förderung der Völkerverständigung und für den Austausch sowie die Förderung der Entwicklungszusammenarbeit zwischen Deutschland und der arabischen Welt ein, heisst es in der Eigendarstellung des Netzes. 

Von Aziz Bouabe

Seit die AKP im November 2002 in der Türkei die Macht übernommen hat, pendelt die Beziehung zwischen der Türkei und den Mitgliedern des Golf-Kooperationsrats zwischen Zusammenarbeit und Abschottung. Der Grund dafür ist der politische Anspruch Ankaras, die islamische Welt wieder zusammenführen zu wollen, zumindest den sunnitischen Teil davon.

Dieser neue Ansatz der türkischen Außenpolitik zeigte durchaus Erfolge. Er verursachte jedoch auch einige Kollateralschäden bedingt durch die permanenten Rivalitäten der „feindlichen Brüder“ in den Golfstaaten. Auch damit, dass sich Erdogan im aktuellen Konflikt klar auf die Seite Katars geschlagen hat, nimmt er eine politische Verstimmung mit befreundeten Ländern wie Saudi Arabien und neuerdings der VAE in Kauf. Und er setzt damit seine bisherige Mediatorenrolle in der Region akut aufs Spiel.

Die Türkei ist ein wichtiges Land. Ein Bindeglied zwischen dem Westen und allem, was jenseits des Mittelmeers liegt, und dem Nahen Osten.

Sie spielt eine aktive Rolle innerhalb der regionalen Machtverhältnisse, die sich weitgehend vom internationalen Umfeld und Kräfteverhältnis abgekoppelt hat. Dazu zeigen die aktuellen Entwicklungen der Spannungen zwischen den Golfstaaten oder gar im syrischen Konflikt, dass die regionalen Akteure stark an Einfluss gewonnen haben. Dies markiert auch die Grenzen der internationalen Mächte.

Riad und die Vereinigten Arabischen Emiraten zeigten sich bis vor der Katar-Krise bemüht, die Beziehungen zu Ankara zu normalisieren. Dies zeigt sich auch im militärischen Bereich. Die Türkei ist der sechstgrößte Waffenlieferant der VAE, noch vor Russland und Deutschland.

Die Türkei und die Golfstaaten verbinden auch jenseits aller religiösen und politischen Gegensätze traditionell vielfältige wirtschaftliche und politische Interessen. Das Außenhandelsvolumen zwischen der Türkei und den Golfstaaten ist in den vergangenen Jahren mit verschiedenen Kooperationen kontinuierlich gewachsen auf 17,4 Milliarden Dollar im letzten Jahr. Bei Amtseintritt Erdogans 2002 betrug es es nicht einmal 1,5 Milliarden1. Die Scheichs aus den Golfstaaten investierten im Jahr 20151 460 Milliarden Dollar in der Türkei. Bemerkenswert ist dabei die geographische Verteilung: 86 Prozent des Handelsvolumen mit den Golfstaaten gehen auf Kosten der VAE.

In 2016 exportierte die Türkei in die Vereinten Arabischen Emirate 5,4 Milliarden1 an Waren und Dienstleistungen, nach Saudi-Arabien betrug das Exportvolumen 3,1 Milliarden (Quelle: Türkische Zentralbank), während der Export nach Katar nicht die Marke einer halben Milliarde1

überwinden konnte. Damit zählen die VAE und Saudi-Arabien im Gegensatz zu Katar zu den größten Abnehmerländern für türkische Exporte.

Angesichts dieser Zahlen stellt sich die Frage, ob es klug ist, dass Ankara in diesen Konflikt so klar Position bezieht – bis hin zur militärischen Präsenz in der Region und gemeinsamen Manövern mit Katar. Damit verspielt Erdogan seine Rolle als glaubwürdiger Mediator in der Region.

Die türkische Außenpolitik, könnte man meinen, sollte ein großes Eigeninteresse daran haben, dass die Machtbalance und die Stabilität im Persischen Golf erhalten bleibt. Erdogan sollte deshalb an einer aktiven Vermittlerrolle in diesem Konflikt interessiert sein. Die systematische Verbesserung der wirtschaftlichen Beziehungen zu allen Konfliktparteien bietet eine gute Voraussetzung dafür. Denn die Türkei wird langfristig ihre momentane „Strahlkraft in der islamischen Welt“ nur beibehalten, wenn die wirtschaftliche Prosperität ausgeweitet und die politische Stabilität gefestigt wird.

Edogans Parteinahme für Katar ist deshalb ein höchst riskanter Schachzug. Die Türkei steckt aktuell außenpolitisch in einer schwierigen Lage und verfügt kaum noch über Verbündete. Das Verhältnis zu Europa ist gelinde gesagt suboptimal. Wenn Erdogans große Ambitionen, dass die Nachfahren der Osmanen sunnitische Führungsmacht werden, Realität werden, muss die Türkei eine entscheidende Rolle dabei spielen, die mit Abstand gefährlichsten Krise, die der Golf-Kooperationsrat erlebt hat, beizulegen. Nur dann hat das Land eine Chance, als starker sunnitischer Player in der Region wahr genommen zu werden. Andernfalls muss Erdogan seine Ambitionen zurück stecken.

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