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Politik

Ditib „bedauert“ Spionage-Affäre – NRW hält an Zusammenarbeit fest

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Die türkisch-islamische Ditib ist wegen großer Nähe zu Ankara und Spitzelvorwürfen gegen Imame aus ihren Reihen unter Beschuss. Jetzt hat sie sie die Vorwürfe teils zugegeben und bedauert, spricht aber von einer „Panne“. Nordrhein-Westfalens Landesregierung will trotzdem bei ihrer Kooperation mit Deutschlands größter Islam-Dachorganisation bleiben.

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Ditib-Zentralmoschee in Köln
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Der türkische Moscheeverband Ditib hat eingeräumt, dass Imame des Verbandes in Deutschland Informationen über mutmaßliche Anhänger des Predigers Fehullah Gülen an Ankara geliefert haben. „Die schriftliche Anweisung des türkischen Religionspräsidiums Diyanet war nicht an die Ditib gerichtet. Trotzdem folgten dem einige wenige Ditib-Imame fälschlicherweise“, sagte der Generalsekretär der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), Bekir Alboğa, der „Rheinischen Post“. „Wir bedauern die Panne zutiefst und haben diesbezüglich auch mit Diyanet gesprochen.“

Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur erklärte Alboğa, circa drei Imame seien dieser Anweisung gefolgt. An wen sich diese Anweisung ursprünglich gerichtet habe, wisse er nicht. Das Anschreiben von Diyanet stammt vom 20. September 2016. Die darin nicht namentlich genannten Adressaten werden aufgefordert, bis zum 27. September einen Bericht über Aktivitäten der Bewegung in ihrer Region zu verfassen und diese an die Religionsbehörde zu schicken.

Mehrere Bundesländer waren in den letzten Monaten von der Zusammenarbeit mit Ditib abgerückt. Trotz der erheblichen Vorwürfe und dem teilweisen Eingeständnis will Nordrhein-Westfalens rot-grüne Landesregierung weiter mit Ditib zusammenarbeiten. Die Regierung sehe die Ditib weiter als ihren Partner, habe aber ihre Sorgen und Erwartungen deutlich formuliert, sagte eine Sprecherin des Integrationsministeriums am Mittwoch in Düsseldorf nach Gesprächen über eine weitere Zusammenarbeit.

Laut der Ministeriumssprecherin fordern Vertreter der Staatskanzlei und mehrerer Ministerien von der Ditib, dazu beizutragen, dass innertürkische Konflikte nicht unrechtmäßig in NRW ausgetragen werden. Ein Gutachten soll die Organisation bis Jahresende auch auf Staatsnähe zur Türkei überprüfen und klären, ob eine unmittelbare Einflussnahme aus Ankara besteht.

Die Linke-Bundestagsfraktion verlangte, die Zusammenarbeit mit der Ditib zu stoppen. Diese fungiere „als verlängerter Arm“ des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, und Ditib-Imame seien „als Spitzel für den türkischen Geheimdienst“ tätig, sagte die integrationspolitische Sprecherin der Fraktion, Sevim Dağdelen. „Die Welt“ und die regierungskritische „Cumhuriyet“ hatten solche Vorwürfe im Dezember erhoben. Die Ditib hat eine Untersuchung zugesagt.

In einem Beirat für den Islamischen Religionsunterricht an NRW-Schulen bleibt die Organisation auch weiterhin vertreten. Dagegen hatte Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Kooperation bei einem Präventionsprogramm gegen radikalen Salafismus bereits im Herbst beendet. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) äußerte sich zudem wiederholt skeptisch mit Blick auf die von der Ditib angestrebte Anerkennung als Religionsgemeinschaft.

Gülen lebt in den USA. Die türkische Regierung sieht in ihm den Drahtzieher des Putschversuchs vom Juli 2016. Seine Hizmet-Bewegung betreibt in mehreren Staaten Schulen und engagiert sich eigenen Angaben zufolge für interkulturellen Dialog. Als deutschlandweiter Ansprechpartner der Bewegung versteht sich die Stiftung Dialog und Bildung in Berlin.

Deren Vorsitzender Ercan Karakoyun sagte am Donnerstag auf Anfrage: „Das war von vorneherein klar – jetzt von einer Panne zu sprechen, das ist schon sehr verniedlichend.“ Den Ditib-Imamen sei es bei ihren Nachforschungen darum gegangen, herauszufinden, „wer sind die, und was tun die, und das wurde dann nach Ankara gemeldet“. In der Folge hätten sich Hizmet-Anhänger nicht mehr in die Ditib-Moscheen getraut.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz, sagte: „Ob und in welchem Umfang der Islamverband für die Handlungen dieser Imame verantwortlich ist, wird derzeit vom Generalbundesanwalt geprüft.“ Das Ergebnis dieser Prüfung müsse „klare Konsequenzen“ nach sich ziehen.

Die SPD-Politikerin sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Hier steht viel Vertrauen auf dem Spiel.“ Die Ditib sei für die Bundesregierung ein wichtiger Partner – auch weil Moscheemitglieder wichtige ehrenamtliche Arbeit leisteten. Deshalb erwarte sie, dass der Verband nun „eindeutige Schritte unternimmt, Ditib von Ankara zu lösen“. Die Moscheebesucher müssten sich sicher sein können, dass der Verband „fest auf dem Boden der freiheitlichen Grundordnung steht“.

Der religionspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, forderte die Ditib-Führung auf, „die Personen zu benennen, die im Auftrag der türkischen Republik Informationen gesammelt und an türkische Stellen weitergegeben haben“. Er hatte im Dezember Strafanzeige wegen des Verdachts der Spionage gestellt. (dpa/ dtj)