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Gesellschaft

Documenta 2017: Verfolgte türkische Bücher werden im Parthenon der Bücher ausgestellt

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In der Türkei werden Hunderte Bücher versteckt, verbrannt und sogar in Waschmaschinen gesteckt. Seit dem Putschversuch sind gewisse Bücher in der Türkei ein hinreichender Grund, um deswegen inhaftiert zu werden. Allein der private Besitz so mancher Literatur, kann als Beweis zur Zugehörigkeit zu einer Terrororganisation bewertet werden. Nun werden etwa Hundert türkische Bücher, die in der Türkei mittlerweile verfolgt und verboten sind, ein Kunstwerk der diesjährigen Documenta vervollständigen.

Documenta. Eine der weltweit bedeutendsten Reihen von Ausstellungen für zeitgenössische Kunst, empfängt am 4. September eine Reihe von verbotenen türkischen Büchern. Die Bücher sollen ein Bestandteil des großen Kunstwerkes The Parthenon of the Books (Deutsch: Parthenon der Bücher) werden. In ihrem Kunstwerk will die argentinische Konzeptkünstlerin Marta Minujín (74), die für ihre Skulpturen, Performances und Videos bekannt ist, weltweit verbotene Bücher sammeln und ein großes Kunstwerk vervollkommnen. Dabei bilden verbotene Bücher einen griechischen Tempel und nur noch wenige Säulen sind übrig, um das größte Kunstwerk der Documenta zu vervollständigen.

„Menschen stecken Bücher aus Angst in Waschmaschinen, oder verbrennen sie in Dörfern“

Um die Bücher zu überreichen, wird der Bund Deutscher Dialog Institutionen (kurz BDDI) am 4. September nach Kassel fahren. Dort, am Austragungsort der diesjährigen Documenta, wird der Kadir Boyaci, Sprecher beim BDDI, etwa 100 türkische Bücher überreichen. Boyaci erklärt, was hinter der Idee steckt, die gesellschaftskritische Kunstinstallation von Minujín, The Parthenon of the Books, mit Büchern aus der Türkei zu bereichern. Kadir Boyaci erklärte gegenüber DTJ, dass Bücher gelesen werden sollten und auf keine Fall verboten werden dürfen. „Jede Meinung ist viel wert. Die Menschen werden heute dafür bestraft, weil sie ihre Meinung äußern. Wenn Sie heute sehen wollen, ob ein Land demokratisch ist oder nicht, reicht ein Blick auf die Liste verbotener Bücher. Wenn ein Land Bücher verbietet, dann existiert dort auch keine Demokratie“, so Boyaci weiter. Die Demokratie in der Türkei sei bedroht und werde Schritt für Schritt abgeschafft, ergänzt der BDDI Generalkoordinator. „Etwas zu zerstören geht immer schnell, es wieder aufzubauen ist ein langwieriger Prozess. Da müssen wir sofort handeln und die Bedeutung der Bücher in den Vordergrund rücken. Wir müssen einen Einsatz für die Demokratie leisten“, so Kadir Boyaci.

Kadir Boyaci, Sprecher beim Bund Deutscher Dialog institutionen (kurz BDDI)

Wer ist Marta Minujín und was ist The Parthenon of the Books?

Die Künstlerin Marta Minujíns hat mit ihren 74 Jahren bereits viele Diktaturen erlebt und auch in ihrer Heimat Argentinien ist sie von solchen Zuständen nicht verschont geblieben. Mit ihrer Kunst kritisiert sie deshalb derartige Tendenzen auf der ganzen Welt und genau aus diesem Grund wurden nun 100 Bücher akzeptiert, die in der Türkei auf der schwarzen Liste gelandet sind und sollen das große Kunstwerk vervollständigen. The Parthenon of the Books“ sieht aus der Ferne aus wie ein moderner Tempel, der genau so hätte in Athen stehen können. Beleuchtet und mit den unterschiedlichen Buchdeckeln gibt es dem entfernten Betrachter den Anschein, als wäre die Fassade eine LED Installation, die einen Mosaik-Effekt erzeugen sollen. Doch die blanke Realität prallt jedem Beobachter regelrecht ins Gesicht, wenn man sich die Fassaden aus nächster Nähe anschaut. Tausende Bücher, die allesamt verboten, verfolgt und vernichtet sind. Nun sollen dort auch Bücher aus der Türkei ausgestellt werden.

 

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