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Politik

Optionspflicht statt Doppelpass: CDU wirft Merkel „Knüppel zwischen die Beine“

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Die CDU geht auf Konfrontationskurs zum Koalitionspartner SPD. Der Parteitag beschließt die Rolle rückwärts bei der doppelten Staatsbürgerschaft. Das setzt Kanzlerin Merkel unter Druck. Sie bleibt gelassen und distanziert sich vom Beschluss.

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Die 22-jährige Gökben Akgül posiert am 08.03.2014 in Wuppertal (Nordrhein-Westfalen) mit ihrem türkischen und deutschen Pass.
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Die CDU will nach einer heftigen Debatte auf ihrem Parteitag in Essen den Kompromiss mit der SPD zur doppelten Staatsbürgerschaft aufkündigen. Eine knappe Mehrheit stimmte am Mittwoch für einen Antrag der Jungen Union, die sogenannte Optionspflicht für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern wieder einzuführen. Dabei geht es hauptsächlich um Kinder türkischer Eltern. Die SPD und die Grünen zeigten sich empört über den CDU-Beschluss.

Bis 2014 wurden in Deutschland geborene Kinder von Ausländern zu Deutschen und behielten zunächst auch die Staatsangehörigkeit der Eltern. Zwischen ihrem 18. und 23. Lebensjahr mussten sich die meisten aber entscheiden und einen ihrer beiden Pässe abgeben. Seit einer Vereinbarung von der schwarz-roten Koalition im Dezember 2014 können diese Kinder neben der Staatsangehörigkeit der Eltern auch die deutsche dauerhaft behalten.

Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte: „Die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft wäre ein riesiger Rückschritt für die Integration.“ Dies wäre eine Misstrauenserklärung gegen die weit überwiegende Mehrheit der Doppelstaatler, „die voll hinter unserem Grundgesetz steht“. Er betonte: „Der Doppelpass bleibt.“ SPD-Vize Aydan Özoğuz erklärte: „Auf der Suche nach dem verlorenen Markenkern opfert die CDU wichtige Integrationserfolge.“

Wird der Doppelpass ein Thema im Bundestagswahlkampf?

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) versicherte dem Parteitag: „Beschlüsse des Bundesparteitags werden natürlich in der Bundestagsfraktion ernst genommen.“ Die Union im Bund habe aber immer einen Koalitionspartner, mit dem sie über Beschlüsse sprechen müsse. Die Delegierten müssten Verständnis dafür haben, dass ein Parteitagsbeschluss nicht gleich Gesetzestext werden könne. Etwas anderes sei, Beschlüsse in einem Wahlprogramm für die Wahl 2017 zu verdeutlichen. CDU-Vize Thomas Strobl sagte der dpa: „Ist doch in Ordnung, wenn die CDU eine klare Position hat. Sie ist nur mit keiner anderen demokratischen Partei umsetzbar.“

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte in der Debatte noch gemahnt, es sei nicht schön, einen Kompromiss wieder zu kippen. Er kenne auch keinen möglichen Koalitionspartner, mit der die CDU das Votum gegen die doppelte Staatsbürgerschaft durchsetzen könnte. Außerdem werde den betroffenen jungen, in Deutschland aufgewachsenen Menschen vor den Kopf gestoßen. Die CDU sei auch mit dem Kompromiss grundsätzlich gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, akzeptiere aber Ausnahmen. „Wir wollen das nicht rückabwickeln.“

CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn rief dann aber unter Jubel von Delegierten, natürlich müsse man in einer Koalition Kompromisse machen, „aber wir sind hier auf einem Parteitag“. Es sei keine Zumutung, jungen Menschen eine bewusste Entscheidung abzuverlangen.

Özdemir: Ausgrenzungspolitik der CDU spielt Erdoğan in die Karten

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte, die CDU zwinge ihre Vorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel, die Einigung mit der SPD aufzukündigen. „Das wäre ein klarer Verstoß gegen den Koalitionsvertrag“, betonte Oppermann. Das Votum des CDU-Parteitages zeige, dass die Kluft zwischen der Kanzlerin und ihrer Partei immer größer werde: „Die Kanzlerin bittet die Partei um Hilfe und bekommt stattdessen Knüppel zwischen die Beine geworfen.“ Maas ergänzte: „Die einzige Partei, mit der die CDU die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft umsetzen könnte, wäre die AfD.“

Grünenchef Cem Özdemir sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wir Grüne wollen aus Ausländern Inländer machen, die sich unserem Grundgesetz verpflichtet fühlen. Die CDU will dagegen hier geborene und lebende Deutsch-Türken ausgrenzen und damit dem autoritären Herrscher Erdoğan überlassen.“

Merkel selbst distanzierte sich in einer ersten Stellungnahme vom Beschluss und sagte, dass es in dieser Legislaturperiode keinerlei Änderungen an der Gesetzeslage geben werde.