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Kolumnen

Tötungsbefehl per Klick

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Die Enthüllungen über eine deutsche Verwicklung in den Drohnenkrieg der USA haben im Grunde bestätigt, was vielfach längst vermutet worden war. Die weitgehende Akzeptanz der „Ausschaltungen“ macht diese aber noch lange nicht rechtmäßig. (Foto: dpa)

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Eine Drohne vom Typ Heron steht am 02.10.2013 im Feldlager der Bundeswehr in Masar-i-Scharif in Afghanistan nach ihrer Rückkehr von einem Aufklärungsflug im Hangar.
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Bisher riskierte man schnell eine Diffamierungskampagne als „Verschwörungstheoretiker“, wenn man darauf hinwies, dass die USA ohne Anklage, ohne Prozess und ohne Schuldklärung Terrorverdächtige töten ließen. Dabei steigt die Zahl der zivilen „Kollateralschäden“. Der Begriff könnte klingen, als wäre das Töten auf bloßen Verdacht hin dadurch etwas legitimer. Nachdem diese Praxis über mindestens zehn Jahre hinweg praktiziert worden war, hat sich nun auch Amnesty International der Thematik angenommen. Vielleicht wird jetzt verständlicher, warum die Friedensbewegung auch gegenüber Barack Obama stets kritisch blieb, da dieser sogar noch mehr Einsätze genehmigte als sein Vorgänger George W. Bush.

Die moderne Drohnentechnik macht die schnelle Ausschaltung mutmaßlicher Terrorverdächtiger möglich – im Zusammenwirken mit den vielfältigen Stellen zur Geheimdienstkoordination, die für den entsprechenden Datenaustausch zur Ortung von Aufenthaltsorten über Handynummern sorgt. Auch deutsche Dienste sollen daran beteiligt sein. Die enge Kooperation der Geheimdienste ist ja eher die Regel denn die Ausnahme – wie dies schon die Diskussionen über die Rolle von „Curve Ball“ in der Anfangsphase des letzten Irakkrieges zeigen.

Seit dem 11. September 2001 und den danach verabschiedeten Gesetzen, die wesentliche Teile der US-Verfassung außer Kraft setzen, ist die ferngesteuerte Jagd auf „Zielpersonen“ nicht nur möglich, sondern ein durchaus akzeptiertes und bisher auch in der öffentlichen Debatte wenig umstrittenes Vorgehen im sog. „Kampf gegen den Terror“ – ein Vorgehen, dass Geld und Leben spart, zumindest das von US-Soldaten, die nun am Stick sitzen und ihre Tötungsbefehle in sauberer und sicherer Umgebung ausführen.

Ob in Pakistan oder Jemen: Die „Ausschaltungen“ ereignen sich zumeist in abgelegenen Gegenden der Welt – fernab von zu großer Medienaufmerksamkeit. Hin und wieder trifft es auch einen US-Bürger, wie einmal nach einem Angriff im Jemen diskutiert – was zumindest die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Problematik überhaupt wahrgenommen wird. Die Gefahr für (unliebsame) Journalisten, die sich vor Ort umsehen wollen, steigt jedoch in diesen Gegenden der Welt – wie vielleicht auch bald anderswo – gleich mit.

„Keine Menschenrechte für die Feinde der Menschenrechte“ führt ins globale Faustrecht

Nun wirbt eine kleine Fraktion konservativer Publizisten auch in Deutschland immer wieder dafür, Menschenrechte für Menschen, die Menschenrechte verletzen, auszusetzen. Das klingt plausibel, so als habe man als Verbrecher seine Menschenrechte verwirkt. Nur sind es dann eben keine Menschenrechte mehr, wenn man sie erst erwerben muss.

Im Übrigen würde diese Diktion ja dann auch für Angehörige des US-Geheimdienstes CIA und sogar Präsident Obama selbst gelten, der die Aktionen des CIA in letzter Instanz genehmigt und damit ganz offensichtlich Rechtsverletzungen begeht – wie dies nicht zuletzt Mark Mazzetti in seinem nun auch auf Deutsch vorliegenden Buch „Killing Business“ darlegt. Wer Menschenrechte vom Verhalten der Menschen abhängig macht, stellt sie grundsätzlich in Frage. Mal abgesehen von der Frage, wie man überhaupt genau wissen will, wer wann tatsächlich gegen welches Recht verstoßen hat, wenn man ihn oder sie vorzeitig tötet.