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Politik

DTJ berichtet aus New York: „Zarrab erzählt alles“

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Am Mittwoch wurde der iranisch-türkische Goldhändler Reza Zarrab als „Star Witness“ vorgeladen. Seine Aussagen sind brisant. Schließlich ist er die Schlüsselfigur des Gerichtsprozesses in den USA. Die Aussagen bestätigen die Korruptionsaffäre von Ende 2013, die von der türkischen Regierung als Putschversuch deklariert wurde. 

Unser Korrespondent verfolgt den Prozess und berichtet für DTJ-Leser. 

Von Adem Yavuz Arslan*

Am zweiten Prozesstag, an dem der iranisch-türkische Goldhändler Reza Zarrab als Zeuge vorgeladen wurde, ging es um die Höhen der Schmiergelder. Zarrab ist der insgesamt sechste Zeuge bei diesem Prozess. Er nahm um 10.30 Uhr seinen Platz im Gerichtssaal ein und begann nach der Eidschwur die Fragen zu beantworten. Er hatte eine hellbraune Häftlingskleidung an. Auf die Frage des Richters antwortete Zarrab, dass er zwar nicht im Gefängnis sei, dafür aber unter ständiger Beobachtung des FBI stünde und somit nicht frei sei. Er erzählte, dass er voll kooperieren werde und dass alle Vorwürfe stimmten. Insgesamt hat er sieben unterschiedliche Straftaten akzeptiert. Demnach hat Zarrab selbst im US-Gefängnis mit Bestechungen nicht aufgehört. Zarrab gab zu, dass er einen Gefängniswärter Geld angeboten hat, damit dieser ihm Alkohol bringt und dessen Handy einmal benutzen darf. 

„Ich habe mich mit der Staatsanwaltschaft auf Entlassung aus dem Gefängnis geeinigt“

Nach Annahme der Vorwürfe hat die Staatsanwaltschaft dem als Zeuge aufgetretenen Zarrab ein Diagramm vorgelegt und ihn darum gebeten, diesen zu erklären. Zarrab sagte, dass sie dieses Diagramm als Vorlage genutzt haben, um das Embargo gegen den Iran zu durchbrechen. Der Staatsanwalt fragte den Zeugen daraufhin, ob „jemand auf diesem Diagramm in diesem Gerichtssaal anwesend ist“. Zarrab zeigte sofort auf den Ex-Vizedirektor der staatlichen Halkbank Mehmet Hakan Atilla. 

Die Aussagen gingen weiter. Zarrab war von der Staatsanwaltschaft als „Star Witness“, also als den wichtigsten Zeugen in einem Prozess vorgeladen worden. Nicht ohne Grund: Zarrab erklärt in dem Prozess all seine Kontakte. So beispielsweise jeden einzelnen Kontakt mit der privaten Aktif Bank. Bei dieser habe er versucht ein Konto zu eröffnen, um damit das Embargo gegen den Iran zu durchbrechen. Der zuständige Bankmanager habe aber abgelehnt. Genau an diesem Punkt habe er den damaligen Minister für EU-Angelegenheiten, Egemen Bağış, kontaktiert und ihn um Hilfe gebeten. Anscheinend mit Erfolg: Durch Einschreiten von Egemen Bağış sei das Konto eröffnet worden. Der Staatsanwalt hat ein Porträtfoto von Egemen Bağış an die Leinwand projiziert und Zarrab gefragt, ob er die Person auf dem Foto meint. Zarrab bestätigte. 

Zarrab sagte auch aus, dass er unterschiedliche Wege gesucht hat, um die Gelder des Iran ins System zu integrieren und deshalb sogar einen Brief an den damaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad geschrieben hat. Diese Briefe wurden während dieser Aussagen Zarrabs auf die Leinwand des Gerichtssaals projiziert. 

Im Zusammenhang mit dem Diagramm wurde Zarrab nach der Rolle des Ex-Vizedirektors der staatlichen Halkbank, Mehmet Hakan Atilla, gefragt. Die Antwort hierzu ist sehr spannend gewesen: „Atilla ist der Architekt des Systems. Atilla kennt sich mit dem US-Embargo bestens aus und hat uns das System beigebracht“, so Zarrab. Der Goldhändler sagte weiter, dass die Aktif Bank nach den Warnungen der USA und nach der direkten Kontaktaufnahme von Aktif Bank- Vorstandsmitgliedern mit dem Iran den Kontakt zu ihm abgebrochen hätten. 

Geldtransfer über Banken und Wechselbüros

Der „Star Witness“ machte in der Sitzung auch darauf aufmerksam, dass nach 2010 die wirtschatlichen Beziehungen zwischen dem Iran und der Türkei gestiegen sind. In der Zeit sei er selbst auf der Suche gewesen und habe sich der Halkbank angenähert, aber erst einmal von Bankmanager Süleyman Aslan eine Abfuhr erhalten. Aslan hätte als Begründung die Bekanntheit Zarrabs angegeben: „Daraufhin bin ich zu Zafer Çağlayan [Anm. d. Red.: damaliger Wirtschaftsminister der Türkei] gegangen und habe ihm von meinem Projekt erzählt. Çağlayan hat mir dann gesagt, dass er sich zurückmelden werde. Schon nach einer kurzen Zeit hat er sich tatsächlich zurückgemeldet und gesagt, dass er mit dem Angebot einverstanden sei.“

„Ich habe Zafer Çağlayan 50 Millionen Euro an Schmiergeldern gezahlt“

Çağlayan soll nach Zarrabs Aussage für den Erhalt von 50% des Gewinns zugestimmt haben. Anschließend habe er sich mit Süleyman Aslan, dem Manager von Halk Bank, zusammengesetzt und mit der Arbeit angefangen. Währenddessen hat der Staatsanwaltschaft eine Excel-Datei an die Leinwand projiziert. Darauf reagierte Zarrab mit den Worten: „Das sind die Dateien mit den Schmiergeldern, die ich verteilt habe.“

Auf der Liste war zu sehen, dass der ehemalige Minister Zafer Çağlayan mehrere Auszahlungen erhalten hat. Zarrab hat einzeln und detailliert vorgelesen, wann er wem wieviel Geld ausgezahlt hat: „37 Millionen Euro, 4 Millionen 696 Tausend Dollar, 2 Millionen 465 Tausend Türkische Lira… Insgesamt habe ich Çağlayan 50 Millionen Euro an Schmiergeldern gezahlt.

„Warum haben Sie solch eine Liste geführt“, fragte der Staatsanwalt. Zarrabs Antwort: „Bei der Höhe der Schmiergelder war etwas durcheinandergeraten. Um die Streitigkeit zu eleminieren, habe ich eine solche Liste geführt.“

In der Sitzung am Nachmittag hat er durch ein Diagramm dargestellt, wie sie das Embargo durchbrochen haben

Am Nachmittag hat Zarrab die Fragen des Staatsanwalts weiter beantwortet. Inmitten des Gerichtssaals hat Zarrab auf einer Tafel, mit einer detaillierten Skizze, Schritt für Schritt dargestellt, wie sie das Embargo gegen den Iran durchbrochen haben.

Derweil hat der Staatsanwalt einen weiteren Kontoauszug auf das Bildschirm projiziert. Auf diesem Auszug waren die Informationen zu einer Zahlung an den Bruder von Zafer Çağlayan zu sehen. Zarrab erläuterte, dass auch das eine Zahlung an Zafer Çağlayan war und das Çağlayan auch an seine Familienmitglieder Gelder verteilt hat.

Zarrab hat ausdrücklich wiederholt, dass die Leiter der Halbank sie gecoacht haben und gezeigt haben, wie sie die Aufträge über die Firmen am besten abwickeln können. Deshalb hätten sie sich auch immer an ihre Angaben gehalten.

Während Zarrab gesprochen hat, projizierte der Staatsanwalt gewisse Mitschnitte auf die Leinwand. Hier waren Gespräche zwischen Zarrab und Süleyman Aslan, dem damaligen Direktor der Halkbank zu sehen. Die Anwesenden im Gerichtssaal haben bezeugt, wie Zarrab und Aslan Methoden besprechen, das Embargo gegen den Iran zu durchbrechen.

Gold an den Iran versandt

Zarrab hat am Nachmittag detailliert erläutert, wie sie durch Scheinfirmen nicht existierende Gold-Exporte als getätigte Abwicklungen dargestellt haben. Währenddessen hat die Staatsanwaltschaft Fragen bezüglich eines Banken-Verkehrs zwischen Dubai und New York gestellt und ins Protokoll aufgenommen, dass auch US-Banken in diesem System ausgenutzt wurden.

Danach kam auch der Mitschnitt des Telefonats zwischen Zarrab und Hakan Habbani auf das Bildschirm. Der Staatsanwalt hat bezüglich des Mitschnitts Fragen gestellt. Hier wurde verdeutlicht, mit welchen Instruktionen der Halkbank die Abläufe abgewickelt worden sind.

Zarrab hat das abgehobene Geld, das über das entwickelte Geldwäsche-System mit der Halkbank entwickelt wurde, als „einige Milliarden“ in den Raum gestellt.

Ein weiterer erstaunlicher Aspekt kam, als es um das vermeintlich in den Iran transportierte Gold ging. Zarrab hat gesagt, dass niemals Gold in den Iran transportiert worden ist. Das Gold, welches als in den Iran transportiert gezeigt wurde, blieb in Dubai.

Während Zarrab weiter ausgesagt hat, wurde nach der Bedeutung des Begriffs „Cekinova“ gefragt, dass in den Mitschnitten auftaucht. Zarrab hat aufgedeckt, dass es ein Nick für Scheinfirmen und Scheinabwicklungen ist.

Zarrab hat erklärt, dass Hakan Atilla und Süleyman Aslan Änderungen in den Banken-Vorschriften an sie erläutert haben und sie ihre Abwicklungen entsprechend ihrer Angaben ausgeführt haben.

Heute geht der Verhör weiter

Zarrab wird heute weiter aussagen. Nach der Anhörung ist Zarrab vom Zeugensatnd aufgestanden und an Hakan Atilla vorbeigegangen. Während Zarrab Atilla nicht angeguckt hat, hat Atilla sein Kopf geschüttelt und damit seinen Unmut zum Ausdruck gebracht.

Der Richter Berman hat am Ende des Verhandlungstags Zarrab darauf hingewiesen, dass er, wenn er wolle seine Kleidung umziehen könne. Man könne ihm ein Hemd und Krawatten zur Verfügung stellen. „Die Situation im Gefängnis ist ohnehin hart. Sie sollte nicht noch härter gemacht werden“, antwortete Zarrab darauf. 

Journalisten fragten Hakan Atilla nach dem Verhandlungstag, ob er die Vorwürfe von Zarrab akzeptiere oder nicht. Atilla antwortete nur mit einem kurzen Satz: „Macht euch keine Sorgen. Mir geht es gut“.

*Der Beitrag von Adem Yavuz Arslan wurde von DTJ-Online übersetzt. 

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