Connect with us

DTJ-Blog

„Ein Bild mit Hoffnung und Platz für neue Träume“ trotz ADD BIG und AfD

Published

on

Spread the love

von Azmi Kastor

Nach wie vor haben wir in Deutschland ein Problem mit der Mehrsprachigkeit. Vielleicht wundern sich die meisten Leser*innen dieser Zeilen, denn nahezu jedes Kind lernt in der Bundesrepublik landesweit zumindest eine Fremdsprache so gut, dass am Ende der 10. Klasse die Sprache beherrscht wird und mit dem Erlangen der Hochschulreife diese Sprache sogar verhandlungssicher eingesetzt werden kann. In anderen Ländern, etwa in der Türkei, ist der Unterricht in einer Fremdsprache, zumeist Englisch, so schlecht, dass Abgänger*innen am Ende des Colleges gerade mal „Hello, my name is…“ sagen können. Paradebeispiel dafür ist der türkische Staatspräsident, der beim Empfang ausländischer Staatsmänner in der Regel nur die Frage „How are you?“ stellen kann. Für den Rest braucht er eine*n Dolmetscher*in. 

In Zeiten steigender Polarisierung, in denen es völlig ausreicht, ungenügende Englischkenntnisse mitzubringen, um ein Staatspräsident zu werden, ist die tatsächliche Vielfalt, die reale Mehrsprachigkeit bedroht, weil sie niemand wertschätzt. Während die Lehre der englischen, respektive französischen Sprache eine angesehene Sache ist, wurde die Muttersprache von Zuwanderer*innen in der Bundesrepublik Deutschland stets mit Vorsicht genossen, wenn nicht sogar phasenweise politisch und medial problematisiert. So war es nicht gern gesehen, dass türkische Migrant*innen untereinander auch auf Türkisch kommunizierten. Viele Schlagzeilen bleiben in den Köpfen hängen, in denen es etwa hieß: „Türkische Kinder sprechen nur Türkisch auf dem Schulhof. Integration ist gescheitert“. Heute sehen wir klar, dass diese verfehlte Politik ein Vakuum erzeugt hat, das nur durch billigen Populismus so schnell geschlossen werden konnte.

Rattenfänger ADD BIG und AfD

Die letzten Landtagswahlen in NRW, der Generalprobe für die Bundestagswahl, hat eindeutig vor Augen geführt, dass auch türkeistämmige Populisten in Deutschland gewachsen sind. Nicht nur die AfD bedroht die Demokratie in unserem Land, sondern auch die ADD und die BIG Partei. Ganz unverhohlen tummeln sich in diesen Kleinparteien Agitatoren, die nicht nur die AKP unterstützen, sondern auch die Leitidee des politischen Islam verkörpern. Selbst als relativ lax religiös bekannte Personen kann man die Leitidee des politischen Islam verkörpern, denn der politische Islam ist ein Lifestyle, in dem die Religion zu Machtpolitischen Zwecken missbraucht werden darf. Diese Kleinparteien und die schillernden Figuren in diesen Parteien benutzen die emotionale Ebene der türkischen Sprache als eine Waffe und richten sie gegen die Interessen der demokratischen Grundordnung in Deutschland. Zwar nicht sehr sichtbar, greifen sie in den Köpfen der irritierten deutsch-türkischen Community die Fundamente an und erschüttern somit ihr Vertrauen in ein gerechtes Deutschland. 

Dabei könnte die gelebte Mehrsprachigkeit seitens Deutschland wertgeschätzt werden. Das wäre ein Ventil, um politische Polemik zu schwächen. Dieser Schritt würde solche Rattenfänger entwaffnen. Doch unser größtes Problem ist, dass wir heute in einer globalen Welt stecken, in der Populist*innen flächendeckend entweder die Oberhand gewinnen, oder zumindest zu der stärksten Opposition aufsteigen. 

Viele Akademiker*innen und zeitgenössische Denker*innen prophezeien noch verschlechterte Zustände in den Gesellschaften: Die Kriege hören nicht auf; aus Terroristengruppierungen werden ganze Länder. Unter diesen Realitäten leiden weltweit vor allem Zivilist*innen, aber auch kulturelle Schätze. So werden UNESCO-Erbstücke gegenwärtig aus der Welt ausradiert. Grausamkeit und Unwissen haben sich gemeingefährlich vereint, wie einst in Andalusien, wo wertvolle Schätze, kulturelle Erbstücke und wissenschaftliche Errungenschaften vernichtet wurden, nur weil ihre Erfinder Muslime waren. Der andalusische Traum, die friedliche Coexistenz von Orient und Okzident wurde für ideologische und religiös motivierte Rückeroberungen gewaltsam zunichte gemacht. Ohne eine Wertung zu bringen, dass eine Eroberung durch Muslime eine bessere Idee war, war das Andalusien ein Paradebeispiel für eine vielfältige und weitgehend friedliche Gesellschaft, in der hohe Kultur und Wissenschaft produziert wurde. Die Motivation der Rückeroberung hat diese Coexistenz aufgehoben. In diese Richtung gehen wir mit den zeitgenössischen Populisten von heute auch. So sehen die Anzeichen zumindest aus. Eine gemeinsame Zukunft der Völker ist bedroht. Auch wenn man es sich gerne anders vorstellen würde, sind Intoleranz und Hass weit verbreitet. Nur noch wenige Multiplikator*innen stehen zusammen, stellen sich gegen diesen bösartigen Populismus und scheitern an der Überzahl derer, die sich von der Konjunktur gewissenlos treiben lassen. 

Trotzdem: Ein Bild mit Hoffnung und Platz für neue Träume

Diese Darstellung ist die sichtbare Ebene des gegenwärtigen Zustands unserer Welt. Dieselben Akademiker*innen und Denker*innen haben aber trotz allem eine zweite Variante parat. Diese Variante kommt zu kurz, denn sie zeichnet ein weiches Bild, eins mit Licht in der Dunkelheit. Ein Bild mit Hoffnung und Platz für neue Träume. Nur, dass man mit einer friedlichen Zukunft keinen Populismus betreiben kann. Man kann damit auch keine Schlagzeilen produzieren. Dennoch gibt es sie; eine positive und auch glaubwürdige Darstellung mit Hoffnung für die vielfältige Zukunft. Es gibt diejenigen, die in der Mehrsprachigkeit, dessen Basis die multiple Muttersprachigkeit ist, einen Reichtum für unsere Gesellschaft sehen. Es gibt Kreise, die sich für die Vielfältigkeit einsetzen. Es ist erst einmal wichtig, eine Heimat anzubieten. Die Loyalität der türkischen Migranten ist nämlich grundsätzlich vorhanden. Es zu fordern verletzt nur. Aber auf die Menschen zuzugehen, könnte eine Möglichkeit sein, die geforderte Loyalität in seiner geballten Form abzurufen. Davor fürchten sich die türkischen Alternativen der Alternative für niemanden, zumindest hier in Deutschland.