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Kultur/Religion

Ein typischer Ramadan-Tag einer muslimischen Studentin

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Auch im Ramadan ist ein Student nicht vom Unistress befreit. Neben der Herausforderung, ohne Essen und Trinken die gleichen Leistungen zu erbringen, wird man täglich mit Fragen zum Ramadan konfrontiert. Hier ein Beispiel einer muslimischen Studentin.

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Während sich für nicht-muslimische Studenten im Monat Ramadan nichts ändert, sind muslimische Studenten größerem Stress ausgesetzt. Lernen bei leerem Magen, Referate und Prüfungen trotz schlappem Zustand. Und wie in jedem Jahr zum Ramadan wird man immer von Nicht-Muslimen mit den gleichen Fragen konfrontiert.

Mein erster Ramadan-Tag begann erfreulicher Weise damit, dass mir nicht-muslimische Kommilitoninnen einen gesegneten Ramadan und ein gutes Durchhaltevermögen wünschten. Ich freute mich besonders, da sie mir sogar vor meinen muslimischen Freunden zum Fastenmonat gratuliert hatten. Obwohl ich mich freute, schwang im Hinterkopf eine kleine Sorge mit. Mir war bewusst, dass mir die ersten Tage wieder etwas schwerer fallen würden. Sie bedeuten Kopfschmerzen, einen trockenen Hals und Müdigkeit. Das Schlimmste war, den Weg zur Uni zu überstehen. Da ich in Berlin wohne und in Potsdam studiere, hieß das für mich täglich eineinhalb Stunden Zugfahrt – jeweils hin und zurück. Und das, wenn alles pünktlich abfährt! Nachdem ich dies erst einmal überstanden hatte, war das Schlimmste an dem Uni-Tag überstanden.

Darfst du nicht einmal einen Schluck trinken?

Die nächste Hürde, die sich an Ramadan-Uni-Tagen stellt, ist es, anderen Kommilitonen erklären zu müssen, dass man nichts essen und – ja, nicht mal einen Schluck – trinken darf. Wie ich das denn nur schaffe? Mit Gottes Hilfe, so wie jedes Jahr, denke ich mir. Ich antworte dann immer, dass nur die ersten Tage etwas gewöhnungsbedürftig sind und die restlichen Wochen eigentlich ganz gut verlaufen. „Ist das denn nicht ungesund für den Körper?“ Nein, eigentlich ist es sogar ein Training für den Körper und gleichzeitig eine Entgiftungskur. „Wie soll das denn gesund sein, wenn ihr euch dann abends die Bäuche vollschlagt?“ Ich lächle, es ist wie ein Déjà-vu, Jahr für Jahr die gleichen Fragen, die gleichen Antworten. Man soll sich den Bauch auch nicht vollschlagen, antworte ich dann. Der Prophet selbst hat empfohlen – nicht nur zum Ramadan – so viel zu essen, dass man satt, aber nicht überfüllt ist. Das, was sich als Tradition etabliert hat, nämlich täglich den Tisch mit verschiedensten Festspeisen zu schmücken, ist nicht der richtige Weg.

Bevor es weitergeht mit den Fragen, beginnt zu meiner Erleichterung der Unterricht. In der Vorlesung fällt es mir etwas schwer zu folgen, ich fühle mich träge und meine Augen fallen zu. Mein alltäglicher Kaffee fehlt mir. Doch ich versuche so gut es geht konzentriert mitzuschreiben. Als ich dann auf mein Blatt schaue und lese, was ich geschrieben habe, erkenne ich Rechtschreibfehler, die so merkwürdig sind, dass ich schon darüber lachen muss, was mein Gehirn so alles produziert. Die Vorlesung ist beendet und meine Kommilitonen fragen mich, ob ich mit in die Cafeteria komme. Nein, ich faste. Ach ja, das hätten sie total vergessen. Ich Arme, sie würden auch nichts vor mir essen. Dass es mich wirklich nicht stört, möchten sie mir nicht glauben und verstecken ihr Essen schnell hinter ihrem Rücken. Ich finde die Geste sehr nett und gehe dann woanders hin, damit sie nicht meinetwegen auch noch fasten müssen. Doch es gibt auch die anderen Kommilitonen, die mir Süßigkeiten oder kalte Getränke unter die Nase halten, um mich zu verführen, damit ich das Fasten vielleicht doch breche. Niemand würde mich sehen und sie würden es niemandem erzählen, wenn ich einen Bissen oder einen Schluck zu mir nehmen würde. Ich bin zu müde, um mich auf eine Diskussion einzulassen und lehne freundlich ab.

Satt nach ein paar Löffeln Suppe

Doch es geht weiter mit den Fragen. Warum wir überhaupt fasten würden und warum wir nicht wie die Christen nur auf bestimmte Nahrungsmittel verzichten? Erstens gehört das Fasten zu den fünf Säulen des Islam und ist somit Pflicht für jeden Muslim. Außerdem würde man somit mit Armen und Hungernden mitfühlen, was uns dazu treibt, diese Menschen noch mehr zu unterstützen, erkläre ich und klinge dabei wie eine Kassette, die schon so oft abgespielt wurde, dass der Ton etwas undeutlich ist. „Verstehe ich nicht. Und warum gerade ein Monat? Und warum von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang? Und warum dürft ihr nicht wenigstens trinken?“ Weil es vom Koran und dem Propheten so vorgegeben ist. „Und was passiert, wenn ihr das einfach nicht macht?“ Dann wird man zur Rechenschaft gezogen. „Und was ist, wenn man krank ist?“ Dann ist man natürlich vom Fasten befreit.

Nach sechs bis acht Stunden Uni sowie Privatunterricht in Sachen Islam ist der Tag dann vorbei und erneut wartet die Zugfahrt auf mich. Der Zug ist so voll, dass man während dieser Fahrt nicht einmal sitzen kann. Meistens trifft man dann auch noch auf andere Kommilitonen und spielt die Kassette von neuem ab. Zu Hause angekommen sind es dann noch wenige Stunden bis zum Iftar. Also keine Zeit zum Ausruhen und es geht ab in die Küche. Nach stundenlangem Kochen kann man es kaum erwarten, wenn es soweit ist. Obwohl ich mir immer vornehme, alles zu essen, was auf dem Tisch steht, bin ich nach einigen Löffeln Suppe schon satt.

Auch danach ist noch keine Zeit fürs Ausruhen. Berge von Geschirr warten auf mich! Nachdem das nun endlich auch erledigt ist, die Gebete auch verrichtet sind, heißt es: Ran an die Hausaufgaben!

Nachdem ich dann 19 Stunden auf den Beinen war, einen letzten Schluck Wasser zum Sahur getrunken habe und das Morgengebet verrichtet habe, darf ich endlich ins Bett, um in wenigen Stunden erneut aufzustehen. Meine Kassette habe ich natürlich wie immer dabei.