Connect with us

Geschichte

Eine unbekannte Tradition: Die “Zahnmiete” im Islam

Spread the love

Unser Autor hat während des Fastenmonats Ramadan eine alte osmanische Tradition entdeckt: Die Zahnmiete

Published

on

Spread the love

Ein Freund hatte mich nach Köln zum Iftar eingeladen. Interessant, was man bei derlei Begegnungen so alles dazu lernt. Auch an diesem Abend war es nicht anders. Wir haben während unseres Abendmahls über gesellschaftliche Entwicklungen geplaudert. Nach zwei bis drei Stunden neigt sich auch ein solcher Abend dem Ende zu. Mein Gastgeber begleitete mich noch zur Tür. Jedoch wartete er zum Abschied noch mit einer ungewöhnlichen Geste auf. Er gab mir eine Art Geschenk mit und sagte:

„Das ist für die Zahnmiete.“

Zahnmiete? Etwas, das ich bis dahin noch nie gehört hatte. Er gab mir einen Tipp. Eine alte osmanische Tradition sei das, während des Fastenmonats Ramadan. Normalerweise kenne ich das aus der türkischen Tradition so, dass es die Gäste sind, die dem Gastgeber eine Kleinigkeit zum Besuch mitbringen. Beliebt sind vor allem Süßspeisen, die man dann gemeinsam zum Tee isst. Aber diese umgekehrte Version war mir neu.

In den Quellen bin ich dann auf den Namen Mustafa Paşa, dem Wezir von Fatih Sultan Mehmet, gestoßen. Er war es wohl, der veranlasste, dass man im Ramadan den Gästen am Hof kleine Wertmünzen im Reis versteckte. Diejenigen, die die Münzen beim Essen zuerst fanden, durften sie behalten. Später entwickelte sich dieser Brauch am Palast zu einer Tradition im Osmanischen Reich. Die Gastgeber bereiteten ihren Gästen zum Abschied kleine Geschenke vor. Sie waren als eine Art Schadensersatz für die Zähne der Gäste gedacht, die sich beim Essen abgenutzt hatten.

Es mag sein, dass das für uns heute sehr ungewöhnlich klingt, aber diese Tradition gibt uns einen weiteren kleinen Einblick, wie groß Gastfreundschaft in osmanischer Zeit geschrieben wurde. Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurde sie dokumentiert, später geriet sie in Vergessenheit. Ich habe mir vorgenommen, diese Tradition wiederzubeleben. Es wäre schön, wenn der ein oder die andere mitmachen würde.