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Politik

Erb-und Scheidungsrecht mit der Türkei neu aushandeln

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NRW-Justizminister Kutschaty hat von der Bundesregierung eine Neuregelung des Abkommens zum Erb-und Scheidungsrecht zwischen der Türkei und Deutschland gefordert. Die CDU wittert hingegen wahlkampftaktischen Profilierungsdrang. (Foto: F. Aktürk)

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Erb-und Scheidungsrecht mit der Türkei neu aushandeln
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Die nordrhein-westfälische Landesregierung will die Erb- und Scheidungsangelegenheiten der in Deutschland lebenden türkischen Bürger vereinfachen. Am Montag schlug NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) eine Erneuerung des deutsch-türkischen Nachlassabkommens vor. Das aktuelle Abkommen stammt aus dem Jahr 1929 und erschwert den Türkischstämmigen die Abhandlung von Erb-und Scheidungsangelegenheiten, da bei Streitigkeiten türkische Gerichte mitentscheiden müssten.

Kutschaty (Foto) schlug der Bundesregierung vor, ein neues Abkommen mit der Türkei auszuhandeln. Demnach sollten türkische Staatsbürger in Erbfällen selbst entscheiden können, ob sie ihre Angelegenheiten nach deutschem oder türkischem Recht lösen wollen. Dies würde nach Angaben des nordrhein-westfälischen Justizministers den deutschen Staat mit „keinem Cent“ belasten, dafür aber Millionen von Menschen Klarheit bringen.

Ebenfalls solle das komplizierte Scheidungsrecht reformiert werden. Bislang müssen Ehescheidungsbeschlüsse eines deutschen Gerichts in der Türkei gerichtlich anerkannt werden. Dazu müssen die Parteien in die Türkei reisen und tief in die Tasche greifen. Durch das komplizierte Verfahren kann eine Scheidung mehrere Jahre dauern. So kann es vorkommen, dass ein deutscher Staatsbürger, der zwar in Deutschland geschieden, aber nach türkischem Recht immer noch mit einer türkischen Staatsbürgerin verheiratet ist, aufgrund des nicht abgeschlossenen Scheidungsverfahrens erbrechtliche Ansprüche geltend machen kann. Dies sei „nicht nur kaum verständlich, sondern geradezu haarsträubend“, so der Minister.

Auch hier solle deshalb ein Abkommen mit der Türkei vereinbart werden, so dass Scheidungsbeschlüsse deutscher Gerichte automatisch in der Türkei anerkannt werden. Falls die Bundesregierung auf den Appell nicht reagiere, sei eine Initiative im Bundesrat denkbar.

Noch kein Problem der ersten Gastarbeitergeneration

Justizminister Kutschaty glaubt, dass das Thema bisher deshalb nicht auf der politischen Agenda stand, da das Problem erst in den letzten Jahren aufgetaucht sei und die ersten Zuwanderer aus der Türkei damit nicht zu kämpfen hatten. Er selbst sei auf das Thema durch Gespräche mit Betroffenen und der Deutsch-Türkischen Juristenvereinigung e.V. aufmerksam geworden. Knapp eine Million der drei Millionen Bürger türkischer Abstammung in Deutschland leben in NRW.

Die CDU in Nordrhein-Westfalen kritisiert hingegen den Minister und bezeichnet sein Vorhaben als Ablenkungsmanöver: „Wenn Herr Kutschaty sich dieser Tage für Änderungen im Erbrecht oder im Aktienrecht ausspricht, dann riecht das nach Wahlkampfhilfe für den verkorksten SPD-Bundestagswahlkampf“, so der CDU-Rechtsexperte. „Mit seinen eigentlichen und drängenden Aufgaben als Justizminister des bevölkerungsreichsten Bundeslandes hat das nichts zu tun. Seine Ausflüge in die Bundespolitik sollen von seinen eigenen Problem-Baustellen ablenken.“ Biesenbach erwartet vom Minister, dass dieser sich den Themen der Landespolitik widme, statt die Politik der Bundesregierung in Frage zu stellen. Zuletzt hatte Kutschaty die geplante Änderung im Aktienrecht kritisiert und eine Deckelung von Manager-Gehältern auf eine Million Euro pro Jahr gefordert.