Erdbeben: Die unsichtbare Angst in Istanbul

Der 17. August gilt als schwarzer Tag in der jüngeren Geschichte der Türkei. Ein Erdbeben der Stärke 7,6 mit Epizentrum in Gölcük riss rund 18.000 Menschen in den Tod. Wie ist das Land knapp zwei Jahrzehnte danach auf eine mögliche weitere Katastrophe gewappnet?

Schon 21 Jahre ist das große Erdbeben von Gölcük her. Es gilt als eines der schlimmsten Naturkatastrophen des Landes. Durch das Beben mit der Stärke 7,6 am 17. August 1999 südöstlich von Istanbul starben in der Region rund 18.000 Menschen.

Auch heute leben Menschen mit einer großen Angst. Insbesondere die 16-Millionen-Metropole Istanbul ist erdbebengefährdet. Forscher erwarten ein weiteres starkes Beben im Raum Istanbul. Bloß wann die Erde wieder beben wird, das ist unklar.

Man könnte meinen, dass 21 Jahre für eine Optimierung der Infrastruktur und Bauten in Istanbul genug Zeit wären. Doch nach Ansicht von Experten ist die Millionenmetropole noch immer nicht für ein weiteres Beben dieser Größenordnung gewappnet. Der Baubestand sei in einem „desaströsen“ Zustand, teilte der Vorsitzende der Istanbul Bauingenieurskammer, Nusret Suna, zum Jahrestag des Erdbebens von Gölcük am Montag mit. „Selbst die optimistischsten Szenarien zeigen, dass bei einem möglichen Erdbeben in Istanbul das Leben hunderttausender Bürger bedroht ist“, hieß es.

Keine Freiflächen für Einwohner

Suna kritisierte, dass zahlreiche Bauten in Istanbul ohne Genehmigung und ohne Expertise errichtet worden seien. Zudem gebe es zu wenig Freiflächen, auf denen sich die Einwohner nach einem Beben versammeln könnten. In den mehr als 20 Jahren seit der Katastrophe von Gölcük habe sich die Situation nicht nennenswert verbessert.

Umwelt- und Städteminister Murat Kurum sagte anlässlich des Jahrestags, insgesamt 1,5 Millionen Wohnungen müssten dringend umgebaut werden, 300 000 davon allein in Istanbul. Das wolle man innerhalb von fünf Jahren umsetzen, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu den Minister.

Mögliches Tsunami in Istanbul?

Einige Experten gehen sogar einen Schritt weiter und sprechen von einem möglichen Tsunami in Istanbul. So beispielsweise Prof. Şükrü Ersoy von der Technischen Universität Yıldız Istanbul. Ein mögliches Epizentrum liege im Meer vor Istanbul.

Auch die Großstadtverwaltung Istanbuls kennt die Gefahr. Auf Youtube hat sie sogar Simulationen möglicher Tsunami-Szenarien hochgeladen.