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Politik

Erdoğan ruft Anhänger zum Dershane-Boykott auf

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Ministerpräsident Erdoğan wurde Freitagabend in Istanbul von zehntausenden Anhängern empfangen. Er rief seine Anhänger zum Boykott von Dershanes auf und sprach von einem “Befreiungskampf” gegen innere und äussere Feinde. (Foto: rtr)

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Ministerpräsident Erdoğan rief seine Anhänger zum Boykott von Dershanes auf und spricht von einem “Befreiungskampf” gegen innere und äussere Feinde.
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Der Korruptionsskandal erhitzt die Gemüter in der Türkei. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan wurde am Freitagabend von zehntausenden Unterstützern am Atatürk Flughafen in Istanbul empfangen. Erdoğan rief bei seiner Ankunft seine Anhänger dazu auf die Dershanes (private Nachhilfeschulen), um deren Schließung in den letzten Monaten ein heftiger Streit in der Türkei ausgebrochen war, zu boykottieren.

Der Politiker sagte, die momentan laufenden Korruptionsermittlungen würden mit dem Dershane-Streit zusammenhängen. Der Boykottaufruf des Ministerpräsidenten richtet sich gegen die Hizmet-Bewegung, die Erdoğan zufolge die aktuellen Korruptionsermittlungen gegen Mitglieder seiner Regierung zu verantworten hat.

Gleichzeitig ging die türkische Polizei am Freitagabend mit großer Härte gegen regierungskritische Demonstranten im Zentrum von Istanbul vor. Die Sicherheitskräfte setzten schon vor dem geplanten Beginn der Demonstration Wasserwerfer, Tränengas und Plastikgeschosse ein. Die nach Schätzungen von Augenzeugen mindestens 1000 Demonstranten forderten in Sprechchören den Rücktritt der Regierung. Die Regierungsgegner hatten wegen des Korruptionsskandals zu einer Demonstration auf dem Taksim-Platz aufgerufen, den die Polizei weitgehend abriegelte.

Auf der dorthin führenden Einkaufsmeile İstiklal Caddesi ging die Polizei gegen Gruppen von Demonstranten vor. Vereinzelte Protestierer bewarfen die Wasserwerfer mit Steinen und errichteten Barrikaden. Auch aus Ankara und Izmir wurden Proteste gemeldet.

Gericht kippt Regierungserlass

Das oberste Verwaltungsgericht kippte am Freitag nach einem Bericht der Zeitung “Hürriyet Daily News” einen Erlass der Regierung, mit dem Ermittler dazu gezwungen werden sollten, Vorgesetzte über ihre Untersuchungen zu informieren. Die Regierung war von den Korruptionsermittlungen überrascht worden.

Der Korruptionsskandal belastet das zuletzt ohnehin angeschlagene Vertrauen der Finanzmärkte in das aufstrebende Schwellenland. Die türkische Lira rutschte am Freitag im Handel mit dem US-Dollar auf ein Rekordtief. Neben der Währung gerieten auch türkische Staatsanleihen und der Aktienmarkt des Landes massiv unter Verkaufsdruck, nachdem sich ausländische Investoren teilweise aus dem Markt verabschiedet hatten.

Der Korruptionsskandal erschüttert die Türkei seit zehn Tagen und hat zum Rücktritt von drei Ministern geführt. Einer davon hatte auch Erdoğan zum Amtsverzicht aufgefordert. Erdoğan hatte am Mittwoch zehn seiner 26 Kabinettsposten neu besetzt. Bei den Ermittlungen geht es unter anderem darum, ob gegen Schmiergeld illegale Baugenehmigungen erteilt und Handelssanktionen gegen den Iran unterlaufen wurden. Erdoğan hat die Ermittlungen als “dreckige Operation” gegen seine Regierung mit Hintermännern im In- und Ausland bezeichnet.

Absolute Mehrheit der AKP nicht in Gefahr

Mehrere Abgeordnete kehrten der Regierungspartei AKP unterdessen den Rücken. Drei Parlamentarier erklärten am Freitag ihren Austritt aus der AKP. Zuvor hatte bereits Ex-Innenminister Naim Sahin seinen Austritt erklärt. Kurz vor Bekanntwerden des Korruptionsskandals hatte der einstige Fußball-Star Hakan Sükür die Partei verlassen. Die absolute Mehrheit der AKP im Parlament gefährden die Austritte nicht.

Für Schlagzeilen sorgte am Freitag die Ablösung des Istanbuler Staatsanwalts Muammer Akkas von seinen Korruptionsermittlungen. Er war am Donnerstag von dem Fall abgezogen worden, bei dem regierungskritischen Medienberichten zufolge auch im Umfeld von Ministerpräsident Erdogan ermittelt wurde.

Akkas hatte öffentlich beklagt, auf ihn sei Druck ausgeübt worden. Die Polizei habe seine Anordnung ignoriert, Verdächtige festzunehmen. Die Regierung hat zahlreiche ranghohe Polizisten austauschen lassen, darunter den Polizeichef Istanbuls. Ihr wird vorgeworfen, die Korruptionsermittlungen behindern zu wollen. (dpa/dtj)