Connect with us

Politik

Erdoğan in Bosnien: Mein Präsident ist Mursi, nicht Sisi

Spread the love

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat sich am Mittwoch während eines Besuchs in der Balkanrepublik Bosnien und Herzegowina erneut zu der Lage in Ägypten geäußert. Auch von der EU wird Kritik an al-Sisi geäußert.

Published

on

Spread the love

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat sich am Mittwoch während eines Besuchs in der Balkanrepublik Bosnien-Herzegowina erneut zu der Lage in Ägypten geäußert.

Erdoğan sagte gegenüber Journalisten, er sehe weiterhin den entmachteten Muhammad Mursi als Präsident Ägyptens an und nicht den im Juni 2014 als Präsident vereidigten Abd al-Fattah al-Sisi. „Wir haben uns seit dem Beginn des Putsches immer dagegen gestellt. Was heute ist, war schon damals klar. Diese Putschisten haben über 1.000 Menschen zum Tode verurteilt. Man hat den von 52 Prozent des Volkes gewählten Mursi sogar zum Tode verurteilt. Ich sage es nochmal, für mich ist Ägyptens Präsident nicht al-Sisi, sondern Mursi. Wir werden auch vor der UN die Angelegenheit verfolgen. Ich richte mich an die, die sich als Demokraten bezeichnen, die EU-Mitglieder: Wieso seid ihr still, wieso redet ihr nicht?“

Ein Gericht in Kairo hatte am Samstag den ersten frei gewählten Präsident in der Geschichte Ägyptens  zum Tode verurteilt. Der türkische Präsident kritisierte das Urteil bereits am Samstag auf einer Veranstaltung in Istanbul scharf: „Ägypten verwandelt sich zum alten Ägypten. Al-Sisi ist unangreifbar. Es gibt kein Zeichen dafür, dass der Westen sich gegen die Putschisten stellt.“ Am Montag legte der Sprecher Erdoğans, İbrahim Kalın, nach und warnte davor, dass der Mittlere Osten im Chaos versinken werde, sollte Ägypten das Todesurteil wirklich vollstrecken. Die jüngsten Äußerungen des türkischen Präsidenten stellen einen neuen Tiefpunkt der Beziehungen zwischen Ankara und Kairo dar.

Mittlerweile stellte auch die EU die Rechtmäßigkeit des Todesurteils gegen den ehemaligen ägyptischen Präsidenten Mursi und mehr als hundert weitere Angeklagte infrage. „Die Entscheidung des Gerichts (…) wurde am Ende eines Massenprozesses getroffen, der nicht im Einklang stand mit Ägyptens Verpflichtungen unter internationalem Recht“, erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in einer am Sonntag in Brüssel veröffentlichten Mitteilung. Die Justizbehörden des Landes müssten die Rechte der Beschuldigten wahren und unabhängige Ermittlungen sicherstellen, so Mogherini. „Als EU sind wir zuversichtlich, dass das Urteil im Berufungsverfahren revidiert wird.“ Sie betonte zudem, dass die EU die Todesstrafe grundsätzlich ablehne.

„Eine Hinrichtung von Mursi wird die Probleme nicht lösen“

Zahlreiche Zeitungen aus verschiedenen europäischen Ländern kritisierten nach dem Urteil die Situation in Ägypten unter Machthaber Abdel Fattah al-Sisi, der Anfang Juni Deutschland besucht. So schreibt die linksliberale Madrider Zeitung „El País“ am Donnerstag etwa: „Das absurde Todesurteil gegen Muhammad Mursi, den ersten demokratisch gewählten Präsidenten Ägyptens, wirft schwerwiegende Fragen zum Regierungsstil von al-Sisi sowie zur Zukunft des Landes und seine Rolle im Kampf gegen den Islamismus auf. Putschgeneral al-Sisi, der nach einer umstrittenen Wahl Präsident wurde, bemüht sich darum, sein Regime im Westen zu legitimieren und sich als fester Garant im Kampf gegen den radikalen Islamismus zu präsentieren. Das kann ihm aber keinen Freibrief zur Ausschaltung seiner politischen Gegner geben. … Ägypten steht vor größten Herausforderungen. Eine Hinrichtung von Mursi wird die Probleme nicht nur nicht lösen, sondern die Situation möglicherweise erheblich verschlimmern.“

Mursi hatte 2012 als Kandidat der Muslimbruderschaft die Präsidentenwahl gewonnen. Im Juli 2013 putschte das Militär unter Führung von Militärchef Abdel Fattah al-Sisi gegen die gewählte Regierung in Ägypten, nachdem es im Land wochenlange Massenproteste gegeben hatte. Der erste frei gewählte Präsident in der Geschichte Ägyptens Mursi wurde von den Putschisten inhaftiert und sitzt seitdem im Gefängnis.

Es kam zu Protesten der Anhänger der gewählten Regierung gegen den Militär-Putsch, die am 14. August 2013 von den neuen Machthabern blutig niedergeschlagen wurden. Ägyptische Sicherheitskräfte stürmten damals auf dem Rabia-al-Adawija-Platz in Kairo und dem Nahda-Platz in Gizeh zwei Protestlager und verübten unter den Anhängern des zuvor vom ägyptischen Militär gestürzten Präsidenten Muhammad Mursi ein Massaker. Durch die Gewalt der Sicherheitskräfte kamen Medienberichten zufolge weit über 1000 Menschen ums Leben.