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Erdoğan in Brüssel: Entspannung oder wieder Knatsch?

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Zwischen der EU und der Türkei gab es zuletzt reichlich böses Blut. Nun kommen Staatspräsident Erdoğan und EU-Spitzenvertreter persönlich zusammen.

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Zwischen der Europäischen Union und der Türkei gab es zuletzt reichlich böses Blut. Nun kommen Staatspräsident Erdoğan und EU-Spitzenvertreter persönlich zusammen. Gibt es neuen Ärger?

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan trifft erstmals nach dem umstrittenen Verfassungsreferendum mit EU-Spitzenvertretern zusammen. Bei dem Treffen um 13 Uhr am Donnerstag soll es nach Brüsseler Angaben unter anderem um die Zukunft der EU-Beitrittsgespräche gehen. Die EU hat deutlich gemacht, dass diese bei der möglichen Einführung der Todesstrafe in der Türkei abgebrochen werden.

Deutlich konfliktträchtiger als das Treffen mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk könnte allerdings das Zusammentreffen von Erdoğan und Merkel am Nachmittag beim Nato-Gipfel sein. Die Türkeihatte vor wenigen Tagen Mitgliedern des Verteidigungsausschusses im Bundestag den Besuch der deutschen Soldaten auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik verboten.

Die Bundesregierung erwägt deshalb den Abzug der rund 260 Soldaten, die sich von dort aus mit Tornado-Aufklärungsflugzeugen am Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) beteiligen. Erdogan gab sich gelassen: «Wenn sie so etwas aber machen sollten, ist das für uns kein großes Problem. Wenn sie gehen, dann sagen wir eben „Auf Wiedersehen“. Nichts weiter.»

Gabriel: Nato-Partner dürfen sich nicht gegenseitig unter Druck setzen

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) machte in einem dpa-Interview erneut deutlich, dass die Bundesregierung erwarte, dass die Türkei die Besuche von Abgeordneten zulässt. «Wir hoffen sehr, dass rund um den Nato-Gipfel eine Atmosphäre entsteht, dass die Türkei versteht, dass man sich unter Nato-Partnern nicht gegenseitig unter Druck setzen darf», sagte er.

Auch im europäisch-türkischen Verhältnis gibt es reichlich Probleme. Aussicht, in absehbarer Zukunft tatsächlich Mitglied der Europäischen Union zu werden, hat die Türkei nicht. Mit ihrem harten Vorgehen gegen angebliche Anhänger der Gülen-Bewegung, die Erdoğan hinter dem Putschversuch im vergangenen Juli sieht, verstößt die Regierung aus europäischer Sicht gegen rechtsstaatliche Grundsätze.

Schwieriges Verhältnis: Auftrittsverbote, Nazi-Vergleiche

Erdoğan hingegen machte vor dem Abflug aus Ankara deutlich, dass er in Sachen Beitrittsgespräche die europäische Seite am Zug sieht. «Die Europäische Union wartet darauf, dass die Türkei sich zurückzieht», sagt er. Sein Land hingegen unternehme alles, was in seiner Macht stehe, um der EU beizutreten. «Von A bis Z tun wir alles, was wir können», sagte er.

Das Verhältnis zwischen EU und Türkei hatte sich im Vorfeld des türkischen Verfassungsreferendums deutlich verschlechtert. Behörden in Deutschland und den Niederlanden hatten Wahlkampfauftritte türkischer Politiker untersagt. Erdoğan hatte beiden Ländern dafür Nazi-Methoden vorgeworfen. Zum Sieg beim Referendum, das die Macht des Präsidenten deutlich ausweitet, hat die EU Erdogan nicht gratuliert. Seit der Abstimmung Mitte April hat sich die Lage aber wieder beruhigt.

Vergleichsweise gut läuft die Zusammenarbeit von EU und Türkei im Rahmen des vor einem Jahr vereinbarten Flüchtlingspakts. Dabei kann die EU Migranten von den griechischen Inseln zurück in die Türkei schicken. Die Zahl der Ankömmlinge ist seither deutlich gesunken. Gelegentlich drohte Ankara mit der Aufkündigung des Abkommens.

dpa/dtj