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Politik

Erdoğan fordert zwei Mal lebenslang für Can Dündar

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Der türkische Staatspräsident macht ernst. Am Dienstagabend erstattete er gegen Cumhuriyet-Chefredakteur Can Dündar Strafanzeige. Hintergrund ist ein Artikel zu angeblichen Waffenlieferungen nach Syrien.

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Recep Tayyip Erdogan redet am Mikrofon. Im Hintergrund die türkische Fahne zu erkennen.
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Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat über seinen Anwalt Anzeige gegen den Cumhuriyet-Chefredakteur Can Dündar erstattet. Hintergrund ist ein Artikel, der am Freitag mit der Unterschrift Dündars erschien.

Erdoğan ließ mitteilen, dass der Artikel nicht als Journalismus klassifiziert werden könne. Als Strafmaß forderte er zwei Mal lebenslang und weitere 42 Jahre Haft für Dündar. Er wirft dem Chefredakteur „Aneignung von Dokumenten staatlicher Sicherheitsbehörden“,„Preisgabe geheimer Informationen“ und „Propaganda für terroristische Organisationen“ vor.

Das Komitee zum Schutz der Journalisten (CPJ) hat derweil die Androhung rechtlicher Schritte gegen die oppositionelle Cumhuriyet und deren Chefredakteur Dündar durch den türkischen Präsidenten Erdoğan verurteilt.

Der Präsident hatte den Journalisten während einer Livesendung im staatlichen Fernsehen am Sonntagabend der Spionage beschuldigt und rechtliche Konsequenzen angekündigt. Erdoğan hatte erklärt, die Person, die am 29. Mai einen Artikel in der Zeitung geschrieben hatte, in dem – unterlegt mit einem angeblich von einer Durchsuchung im Januar 2014 stammenden Video – behauptet wurde, es sei zu einem Transport von Waffen an syrische Rebellen gekommen, die dem türkischen Geheimdienst (MİT) gehörten, würde „einen hohen Preis dafür bezahlen; ich werde ihn nicht ungestraft davonkommen lassen“.

CPJ spricht von einer „Keule“ gegen kritische Journalisten

„Wir fordern Recep Tayyip Erdoğan dazu auf, damit aufzuhören, Journalisten wie Can Dündar oder Formate wie Cumhuriyet zu drangsalieren, nur weil ihm nicht gefällt, was sie berichten“, erklärte die Koordinatorin des CPJ-Programms für Europa und Zentralasien, Nina Ognianova, in New York. „Die Statements des Präsidenten dienten türkischen Staatsanwälten schon oft als Steilvorlagen, um darauf aufbauend strafgerichtliche Maßnahmen gegen Regierungskritiker in die Wege zu leiten.“

Mit Ermittlungen müssen auch Medienformate rechnen, welche die Geschichte der Cumhuriyet weiterverbreiteten. CPJ wirft der Türkei hingegen vor, ihre Anti-Terror- und Strafgesetze seien so vage formuliert, dass die staatlichen Behörden sie regelmäßig als Keule gegen kritische Journalisten nutzen würden. Dies gehe aus Studien der Organisation hervor.

Dündar: Journalisten sind „keine Vertragsbediensteten des Staates“

Im Vorjahr hatte die Regierung bereits ein allgemeines Publikationsverbot bezüglich der Inhalte mehrerer niedergeschlagener Verfahren verhängt, die Durchsuchungen von Geheimdienst-Lkws betrafen. Die beteiligten Staatsanwälte behaupteten, in der Pflicht gewesen zu sein, diese anzuordnen, da es Tipps aus der Polizei gegeben hätte, wonach Militärhilfe an syrische Rebellen unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe geschickt werde. Die Regierung hingegen sah ein Komplott regierungsfeindlicher Strukturen im Staatsapparat und ein abgekartetes Spiel hinter den Durchsuchungen – ebenso wie hinter den Korruptionsermittlungen, die im Dezember 2013 bekannt wurden. Erst kürzlich betonte Premierminister Ahmet Davutoğlu, was in Lkws des MİT transportiert werde, gehe „keinen etwas an“.

Cumhuriyet-Chefredakteur Dündar verteidigte die Veröffentlichung des Artikels. „Wir sind Journalisten und keine Vertragsbediensteten des Staates, die Staatsgeheimnisse wahren müssten“, so Dündar. Seine Zeitung werde „weiterhin im Interesse des Staates, des Volkes und der Medien“ berichten.