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Politik

Erdoğan legt nach: Das Verfassungsgericht arbeitet „gegen die Nation“

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Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat sich erneut öffentlich gegen das Urteil des Verfassungsgerichts gestellt, Can Dündar und Erdem Gül freizulassen. Er wirft dem höchsten Gericht des Landes vor, gegen Staat und Nation zu arbeiten.

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Recep Tayyip Erdoğan in Burdur
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Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat seine Kritik am Verfassungsgericht verschärft. Seine Entscheidung, die beiden Cumhuriyet-Journalisten Can Dündar und Erdem Gül freizulassen, sei „gegen die Nation gewesen“. Denn, so Erdoğan bei einer öffentlichen Veranstaltung in der westtürkischen Stadt Burdur: „Das Verfassungsgericht ist eine der Institutionen, die am sensibelsten sein sollten für die Interessen und Rechte des Staates und des Volkes. Aber diese Institution und ihr Präsident haben nicht davor zurückgeschreckt, im konkreten Fall eines der massivsten Angriffe auf die Türkei gegen das Land und die Nation zu urteilen“.

Vom Präsidenten des Verfassungsgerichts Zühtü Arslan sei er „gekränkt“, weil er sich von ihm hintergangen fühle: „Der Präsident hatte mir vorher persönlich gesagt, er werde kein Urteil fällen, bevor die Beweisführung abgeschlossen ist. Doch leider bin ich nun, da ich diesen Vorfall erlebe, sehr traurig und sage deshalb offen, ich bin sehr gekränkt. Warum? Weil man in so einer Position Ehrlichkeit (von ihm) erwarten kann.“

Auch seine Kritik am Gericht, das die Entscheidung umgesetzt hat, erneuerte der Präsident: „Das niedrigere Gericht hätte sich dem Verfassungsgericht widersetzen sollen“, so Erdoğan wohl wissend, dass Entscheidungen des Verfassungsgerichts für alle niedrigeren Gerichte bindend sind. „Mal sehen, was das Verfassungsgericht dann machen würde. Ich glaube, dann hätten die Dinge sich in eine andere Richtung entwickelt.“

Er werde sich weiter gegen das Urteil stellen, da es seine Pflicht als Präsident sei, die Verfassung zu schützen. Er sei dazu da, das Funktionieren der staatlichen Institutionen und die Einheit des türkischen Volkes zu repräsentieren. Wenn jemand versuche, diese Grenzen zu überschreiten, kriege er es mit ihm zu tun und „wenn das Verfassungsgericht einen solchen Weg einschlägt, werde ich nicht zögern, mich dagegenzustellen. Wenn ich im Namen meiner Nation angesichts solcher Eingriffe, Verfehlungen und Ungerechtigkeiten schweigen würde, gäbe es kein Vertrauen in mich.“

Can Dündar, der Chefredakteur der kemalistischen Zeitung Cumhuriyet, und sein Hauptstadtkorrespondent Erdem Gül waren im November inhaftiert worden. Ihnen wird Spionage und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen, weil sie mutmaßliche Waffenlieferungen der türkischen Regierung an Extremisten in Syrien aufgedeckt hatten. Das Verfassungsgericht in Ankara sah in ihrer Inhaftierung allerdings eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte und des Rechts auf freie Meinungsäußerung, sodass es nach drei Monaten ihre Freilassung beschloss. Staatspräsident Erdoğan hatte bereits kurz nach dem Urteil verkündet, dass er es nicht anerkennen und nicht respektieren werde. Der Strafprozess gegen Dündar und Gül soll am 25. März beginnen. Mehr als 30 Journalisten sitzen bereits in türkischen Gefängnissen, laut Reporter ohne Grenzen rangiert die Türkei auf der internationalen Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 149 von 180.