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Politik

Erdoğan stellt persönlich Strafantrag – Wo ist Jan Böhmermann?

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Im Fall Böhmermann ist nun die Bundesregierung am Zug: Sagt sie Ja zur Strafverfolgung des Satirikers oder nicht? Der türkische Präsident hat selbst Strafantrag wegen dessen Schmähgedicht gestellt.

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Die Bildkombo zeigt den Moderator Jan Böhmermann (l, Aufnahme vom 22.02.2012) und den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan (Aufnahme vom 01.04.2015). Fotos: Britta Pedersen/Robert Ghement/dpa (zu dpa-Korr «Kunst mit Kollateralschäden: Das Phänomen Jan Böhmermann» vom 06.04.2016) +++(c) dpa - Bild
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Wird es strafrechtliche Konsequenzen für Jan Böhmermann wegen seines hoch umstrittenen Gedichts über den türkischen Präsidenten geben? Inzwischen hat Staatschef Recep Tayyip Erdoğan selbst Strafantrag wegen Beleidigung gegen den Satiriker gestellt, wie die zuständige Staatsanwaltschaft in Mainz am Montagabend mitteilte. Die Bundesregierung prüft nun den förmlichen Wunsch der Türkei nach Strafverfolgung des 35-Jährigen. Dies werde ein paar Tage, aber nicht Wochen dauern, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag.

Niels Annen, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sagte der Tageszeitung „Die Welt“: „Ich erwarte, dass die Bundesregierung einen rechtskonformen Weg findet, die Bitte der türkischen Regierung um eine Strafverfolgung abzulehnen.“ Omid Nouripour, außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, ergänzte: „Die Bundesregierung sollte den Fall unkommentiert der deutschen Justiz überlassen und damit Erdoğan mit einem weiteren Prinzip demokratischer Staaten vertraut machen – der Gewaltenteilung.“

Für eine Strafverfolgung in solchen Fällen braucht es neben dem Strafverlangen der Türkei auch eine entsprechende Ermächtigung vonseiten der Bundesregierung.

Böhmermann hatte in seinem Gedicht stark beleidigende Formulierungen benutzt, um – wie er selbst erläuterte – die Unterschiede zwischen in Deutschland erlaubter Satire und verbotener Schmähkritik deutlich zu machen.

Zaimoğlu: „Die Mächtigen verhöhnen und demütigen die Freiheit“

Der aus der Türkei stammende Schriftsteller Feridun Zaimoğlu verteidigte das umstrittene Gedicht. „Keinen Fußbreit der Zensur!“, sagte der Autor den „Kieler Nachrichten“ (Dienstag). Die Reaktion aus der Türkei auf die Satire über den türkischen Präsidenten wertet Zaimoğlu als Eingriff in die Meinungsfreiheit. „Die Mächtigen verhöhnen und demütigen die Freiheit“, sagte der 51-Jährige. „Dabei suchen sie sich Einzelne, die sie nicht mit Lobpreis besingen.“

Der „heute show“-Moderator Oliver Welke hat sich ebenfalls zu Wort gemeldet und Kanzlerin Angela Merkel attackiert. Zu einem „Fall Böhmermann“ sei die Sache erst geworden, als sich Merkel dazu habe zitieren lassen, sagte Welke der „Bild“-Zeitung (Dienstag). „Ein großer Fehler, der ihr hoffentlich leidtut.“

Die türkische Regierung hatte am Montag verlangt, dass der Satiriker Böhmermann strafrechtlich verfolgt wird: Eine entsprechende diplomatische Note sei an die deutschen Behörden geschickt worden, sagte ein Sprecher von Staatspräsident Erdoğan am Montag. Erdoğan selbst stellte Strafantrag gegen Böhmermann wegen Beleidigung. Gegenstand des durch eine Anwaltskanzlei gestellten Antrags sei das Schmähgedicht in der ZDFneo-Sendung „Neo Magazin Royal“ vom 31. März, erklärte die Staatsanwaltschaft Mainz. Der Strafantrag werde in dem bereits anhängigen Verfahren geprüft werden, hieß es weiter. Das Migazin hatte zuerst darüber berichtet.

Unterdessen ist Jan Böhmermann quasi untergetaucht. Außer seiner Show in der vergangenen Woche nahm er keine öffentlichen Termine wahr. Er nahm weder an der Grimme-Preisverleihung am Freitag in Marl noch an der Sendung von Anne Will am Sonntag teil.

„Ich fühle mich erschüttert in allem, an das ich je geglaubt habe. Mein Team von der Bildundtonfabrik und ich bitten um Verständnis, dass wir heute Abend nicht in Marl feiern können“, hatte er nur am vergangenen Freitag auf Facebook gepostet.