Politik
Erdoğan-Vertrauter kommt wegen „geheimdienstlicher Agententätigkeit“ vor Gericht
Im September beginnt am Landesgericht Koblenz der Prozess gegen drei mutmaßliche Spione des türkischen Geheimsdienstes. Ihnen wird vorgeworfen, politische Gruppen in Deutschland ausspioniert zu haben.
Das Oberlandesgericht Koblenz hat die Anklage des Generalbundesanwalts gegen den 59-jährigen Muhammed Taha G., den ebenfalls 59-jährigen Ahmet Duran Y. und den 34-jährigen Göksel G. zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Den Angeklagten wird zur Last gelegt, in der Zeit von spätestens Februar 2013 bis Dezember 2014 für den türkischen Nachrichtendienst MİT gearbeitet zu haben. Die zugelassene Anklage wirft ihnen daher geheimdienstliche Agententätigkeit vor. Das Verfahren soll am 9. September beginnen.
Der Angeklagte Muhammed Taha G. ist türkischer Staatsangehöriger und war zuletzt in Istanbul wohnhaft. Der Mitangeklagte Göksel G. ist deutscher Staatsangehöriger und lebt mit seiner Familie in Bad Dürkheim, während der ebenfalls verheiratete Mitangeklagte Ahmet Duran Y. die türkische Staatsangehörigkeit besitzt und in Wuppertal wohnhaft ist.
Hauptangeklagter soll Vertrauter Erdoğans sein
Der Angeklagte Muhammed Taha G. soll als Führungsoffizier tätig gewesen sein und mehrere informelle Geheimdienstmitarbeiter, u.a. die beiden Mitangeklagten Ahmet Duran Y. und Göksel G., betreut und geleitet haben.
In einer Pressemitteilung des Justizministeriums Rheinland-Pfalz heißt es dazu: „Im Auftrag des Angeklagten Muhammed G. sollen die Mitangeklagten Ahmet Duran Y. und Göksel G. im Tatzeitraum insbesondere Informationen über in der Bundesrepublik Deutschland lebende Kritiker des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan gesammelt haben. Außerdem sollen sie dem Angeklagten Muhammed G. über Kundgebungen kurdischer Aktivisten berichtet haben. Dieser soll die gewonnen Erkenntnisse über Hintermänner im türkischen Sicherheitsapparat weitergereicht haben.“ Zu den ausspionierten Regierungskritikern sollen auch der Hizmet-Bewegung nahestehende Einrichtungen und Personen gehört haben.
Verfahren dauert mindestens bis Ende 2015
Die Angeklagten wurden am 17. Dezember 2014 festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Die Haftbefehle gegen Göksel G. und Ahmet Duran Y. wurden am 12. Februar 2015 außer Vollzug gesetzt. Seither befinden sich die beiden Angeklagten auf freiem Fuß. Der Angeklagte Muhammed Taha G. ist nach wie vor in Untersuchungshaft.
Das Verfahren soll nach derzeitiger Planung des Gerichts bis Ende des Jahres dauern. Als letzter Verhandlungstag ist der 23. Dezember 2015 festgelegt.
Türkischlehrer sollen Informationen sammeln
Untererdessen wurde bekannt, dass die Konsulate die in Deutschland tätigen Türkischlehrer angeschrieben und sie aufgefordert haben, Informationen über jegliche Bildungseinrichtungen in ihrer Region in Erfahrung zu bringen und schriftlich mitzuteilen. Bei den Lehrern handelt es sich wie bei den Imamen der DITIB-Moscheen um Beamte des türkischen Staates, die für eine begrenzte Zeut an deutschen Schulen unterrichten. In dem Schreiben, das auch DTJ vorliegt, heißt es, dass das Bildungsministerium beabsichtige, neue Schulen im Ausland zu gründen. Damit solle die Bindung der Schüler an ihre Muttersprache und ihre eigene Kultur gestärkt werden.
Die Art von Informationen jedoch, die von den Konsulaten gefordert wird, erweckt den Eindruck, dass es hier um mehr geht als nur um mögliche Schulgründungen seitens der Türkei. Unter den Informationen, die von den Lehrern gefordert werden, befinden sich folgende:
– Name und Art der Bildungseinrichtung
– Gründungsdatum der Bildungseinrichtung
– Gründer der Bildungseinrichtungen (persönliche und institutionelle Namen)
– Auf welchem Niveau wird Bildung angeboten?
– Sind die Kurse, die angeboten werden, kostenpflichtig? Wenn ja, wieviel beträgt die jährliche Gebühr?
– Zahl der Schüler mit türkischer Staatsbürgerschaft, die in die Bildungseinrichtung gehen
– Zahl der Schüler mit anderer Nationalität, die in die Bildungseinrichtung gehen
– Zahl der Lehrer mit türkischer Staatsbürgerschaft, die in der Bildungseinrichtung arbeiten
– Zahl der Lehrer mit anderer Nationalität, die in der Bildungseinrichtung arbeiten
– Zahl türkischer Staatsbürger in dem Land, in dem die Bildungseinrichtungen tätig sind.