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Politik

Erdoğans Oligarchen: Eine Hand wäscht die andere

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Während die Regierung dem Onlinedienst Twitter Probleme macht, weil dieser keine Steuern entrichtet, ist man bei anderen Unternehmen überaus großzügig. So erließ man regierungsnahen Konzernen kürzlich Millionen an Steuerschulden.

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In der Türkei setzt sich die Diskussion über den rechtsstaatlichen Umgang mit Unternehmen fort. Mit der Sperre des Kurznachrichtendienstes Twitter sorgte die türkische Regierung vor einigen Wochen weltweit für Schlagzeilen. Das Unternehmen Twitter Inc. weigere sich, seine offenen Steuerbeträge zu begleichen, lautete eine der offiziellen Begründungen. Laut einem Bericht der Tageszeitung Taraf haben die Finanzbehörden nun jedoch Unternehmen, zu denen die regierungsnahen Medien Akşam, Kanal A und Yeni Şafak gehören, Steuerschulden in Höhe von insgesamt deutlich über 600 Millionen türkische Lira (ca. 200 Mio. Euro) gestrichen. Dies entspricht dem 40-fachen des von Twitter verlangten Betrages.

Der Kurznachrichtendienst Twitter macht in der Türkei jährlich einen Gewinn von umgerechnet etwa 24 Mio. Euro. Türkischer Gesetzgebung zufolge müsste das Unternehmen rund 20 Prozent davon als Steuern abgeben. Da Twitter jedoch keinen Sitz in der Türkei hat, können die Betreiber des Dienstes diesen Zahlungen entkommen. Dieser „inakzeptable“ Zustand wurde als eine der offiziellen Begründungen herangezogen, als die türkische Regierung vor einigen Wochen den Zugang zu Twitter sperrte. Der von Twitter verlangte Betrag liegt bei knapp 5 Mio. Euro.

Regierung verzichtet auf Steuerforderungen  

Die türkischen Behörden verzichteten allerdings auf die Eintreibung der Steuerschulden der Cengiz Holding, Verleger der Zeitung Akşam, in Höhe von ca. 145 Mio. Euro. Der Albayrak Gruppe, zu der unter anderem die Zeitung Yeni Şafak gehört, wurden rund 19 Mio. Euro Steuerschulden gestrichen. Genauso wurden den Besitzern des Senders Kanal A, den Brüdern Ahmet und Mustafa Kaya, knapp 44 Mio. Euro Steuerschulden erlassen.

Ein Blick auf die Aktivitäten dieser Unternehmen lässt erkennen, wo die plötzliche Großzügigkeit Ankaras herrühren dürfte. Für die drei genannten Großkonzerne ist die Medienbranche lediglich eines von zahlreichen Tätigkeitsfeldern. Der eigentliche Teil des milliardenschweren Umsatzes wird in anderen Bereichen gemacht. Wie der offiziellen Homepage der Cengiz Holding zu entnehmen ist, ist sie hauptsächlich in der Bauindustrie und in der Versicherungsbranche tätig und betreibt mehrere Kupferminen. Die Albayrak Gruppe ist im Bausektor, in der Schwerindustrie sowie dem Energiesektor tätig und betreibt zusätzlich den Hafen der Stadt Trabzon. Die Termikel Group der Brüder Kaya stellt hauptsächlich Elektronikprodukte her. Die Medien sind für diese Firmenimperien somit kein Weg, um die Bürger frei zu informieren, sondern um durch loyale Berichterstattung an Staatsaufträge und Vergünstigungen zu kommen.

Sippenhaftung für Journalistin

Die Regierung um Premierminister Erdoğan hat sich im Laufe ihrer Regierungsdauer mithilfe von millionenschweren Staatsaufträgen und den Finanzbehörden ein Netz von Oligarchen um sich aufgebaut. Zahlreiche Großkonzerne existieren in Abhängigkeit vom Wohlwollen der Regierung und verbieten daher ihren Medienorganen die kritische Berichterstattung. Erst vor kurzem kündigte die regierungsnahe Zeitung Sabah der Journalistin Yasemin Taşkın ohne Begründung ihren Job. Taşkın hingegen meint den Grund ihres Rauswurfes zu kennen, denn am Tag ihrer Kündigung erschien in der italienischen Zeitung „La Repubblica“ ein Interview mit dem Islamgelehrten Fethullah Gülen, geführt von ihrem italienischen Ehemann Marco Ansaldo.