Connect with us

Kolumnen

Es gibt keine muslimischen Amokläufer

Published

on

Spread the love

So oder so ähnlich könnte man die Berichterstattung und Diskussionen um den Attentäter in einem Schwulen-Club in Orlando im US-Bundesstaat Florida zusammenfassen. Denn, Omar Mateen, der mutmaßliche Schütze, der 49 Menschen tötete und viele weitere verletzte, war Muslim. Das reicht aus. Psychische Störungen oder eventuell eigene Homosexualität, Eifersucht und Lebenskrise können in so einem Fall keine Rolle spielen – alles wird übertüncht durch das Merkmal „Muslim“. Und damit wird das, was man sonst als „Amoklauf“ bezeichnen würde und was in den USA zu einem besonders traurigen Alltagsphänomen geworden ist, zu einem Terrorakt. Dies erörtert auch Jakob Augstein in seiner lesenswerten Kolumne vom 16. Juni 2016.

Anders verhält es sich bei dem Mord an der britischen Labour-Abgeordneten Jo Cox. Obwohl der mutmaßliche Täter Kontakte in die rechtsextreme Szene hatte und entsprechende Devotionalien bei ihm gefunden wurden, wird seine Tat vornehmlich als die eines psychisch Gestörten ohne tiefergehende politische Motivation gehandelt.

Fakten werden in Schemen der eigenen Erwartung eingepasst

Beide mutmaßlichen Mörder haben – laut Augenzeugen – Parolen während der Tat von sich gegeben, die auf einen extremistischen Hintergrund hindeuten könnten. Mateen habe wohl etwas von „Islamischer Staat“ gefaselt und Thomas Mair habe einen Slogan rechtsextremer EU-Gegner gerufen: „Britain first“. Cox galt in diesen Kreisen als Verräter, da sie sich in der Brexit-Debatte für den Verbleib in der EU einsetzte.

Warum nimmt man nun die Ausrufe des einen Mannes für bare Münze, die des anderen nicht? Ist unseren Politikern und Journalisten überhaupt bewusst, dass sie die Entscheidung über das Framing der Ereignisse treffen und es nicht der Sachverhalt selbst ist? Denn die Fakten werden gewichtet und oftmals nicht geprüft, sondern in Schemen der eigenen Erwartung eingepasst. Der Frame (Wahrnehmungsrahmen) des islamistischen Terroristen ist offenbar stärker als der des rechtsextremistischen Terrors – und dies ist laut Statistik ohne die vergrößernden und verkleinernden Medieneffekte kaum zu erklären.