Politik
EU uneins über Umgang mit der Türkei – Erdoğan will Referendum
In der EU herrscht weiter Uneinigkeit über den Umgang mit der Türkei. Während sich Österreich am Montag bei einem Außenministertreffen klar für den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Land aussprach, plädierten Staaten wie Großbritannien für Zurückhaltung. „Wir sollten nicht in einer Art und Weise überreagieren, die gegen unser gemeinsames Interesse ist“, sagte der britische Außenminister Boris Johnson. Er sei wichtig, die Türkei „nicht in eine Ecke“ zu drängen.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte sich zunächst nicht öffentlich zu der Debatte, die nach den jüngsten Festnahmen von Oppositionsabgeordneten und Journalisten neue Brisanz gewonnen hat. Der SPD-Politiker wollte am Montagabend zu politischen Gesprächen nach Ankara reisen. Es ist sein erster Besuch in der Türkei seit dem Putschversuch im Juli.
Die EU wirft der Türkei seit längerem vor, sich beim Vorgehen gegen mutmaßliche Unterstützer des gescheiterten Umsturzes nicht an Menschenrechte und rechtsstaatliche Standards zu halten. Die Regierung in Ankara bestreitet dies und wirft der EU mangelnde Solidarität vor.
Konkrete Ergebnisse wurden von dem Außenministertreffen nicht erwartet. Viele EU-Staaten fürchten, dass die Türkei bei einem einseitigen Abbruch der Beitrittsverhandlungen die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise aufkündigen könnte. Die Kooperation gilt zusammen mit den Kontrollen an der Balkanroute als einer der Gründe dafür, dass sich die Lage in den vergangenen Monaten deutlich entspannt hat.
Erdoğan will Entscheidung über EU-Beitrittsgespräche bis Jahresende
Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hingegen hat von der EU eine Entscheidung über einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen bis zum Ende des Jahres gefordert. Andernfalls werde er ein Referendum veranlassen, sagte er am Montag in Ankara. „Als Staatspräsident sage ich, dass wir uns bis zum Jahresende gedulden, dann befragen wir das Volk.“
Schon am Wochenende hatte Erdoğan eine Volksabstimmung über einen Abbruch der Verhandlungen ins Spiel gebracht. Erdoğan warf mehreren europäischen Ländern, darunter Deutschland, erneut vor, die Terrororganisation PKK zu unterstützen. Die PKK als Terrororganisation zu deklarieren, reiche nicht aus, sagte er. Man müsse gegen deren Anhänger vorgehen. Am Wochenende war es in Köln erneut zu einer Kundgebung gekommen, auf der Fahnen zu sehen waren, auf denen der inhaftierte PKK-Führer Abdullah Öcalan abgebildet war. (dpa/dtj)