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Politik

Fünf Jahre Flüchtlingspakt: Geld gegen Migranten

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Milliarden statt Menschen: Fünf Jahre ist das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei mittlerweile alt. Die Kritik ist groß. Nun will die Türkei neu verhandeln. Eine Bilanz.

Bald ist es fünf Jahre her, dass die Europäische Union (EU) mit der Türkei eine gemeinsame Erklärung zur Migrationspolitik unterzeichnete. Der sogenannte Flüchtlingspakt stand und steht seither in der Kritik. Doch die nackten Zahlen zeigen: Das Abkommen ist besser als sein Ruf.

Zum Vergleich: 2015 lag die Zahl der Menschen, die aus der Türkei zu den griechischen Inseln übersetzten, bei 857.000. Im vergangenen Jahr waren es lediglich rund 9.700. Aus europäischer Sicht hat sich der Handel Milliarden statt Menschen gelohnt. Und wie steht es um die Türkei?

Sechs Milliarden Euro für vier Millionen Flüchtlinge

Die Aufnahme und die Integration der vielen Flüchtlinge, vor allem aus Syrien, hat die türkische Gesellschaft vor eine Zerreißprobe gestellt. Während es anfangs noch gut lief und sich die türkische Gesellschaft von ihrer ohnehin bekannten gastfreundlichen Seite zeigte, häuften sich zuletzt die Auseinandersetzungen und Konflikte mit den Neuankömmlingen. Vier Millionen Flüchtlinge sollen in dem Land leben.

Zu ihrer Versorgung beabsichtigte die EU, Finanzhilfen in Höhe von sechs Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Bis 2018 sollten sie ausgezahlt werden. Bislang sind allerdings nur 4,5 Milliarden Euro an Ankara geflossen. Die Türkei drängt auf die Auszahlung der restlichen Summe und will über weitere Hilfen verhandeln.

Erdoğan macht EU mit Geflüchteten Druck

Präsident Recep Tayyip Erdoğan setzte die Migranten in der Vergangenheit immer wieder für Drohungen gegen Europa ein. Im März 2020 ließ er erstmals Taten folgen und öffnete die Grenze zu Griechenland für Flüchtlinge. Beamte der EU-Grenzschutzagentur Frontex und die griechische Polizei trieben die Asylsuchenden zum Teil mit Tränengas zurück. Dramatische Szenen spielten sich an den Grenzanlagen ab.

Neben machtpolitischen Spielchen und geostrategischen Interessen buhlt Ankara um die Gunst der Europäer. Häufig geht es dabei um die Erweiterung der 1996 vereinbarten Zollunion um Agrarprodukte, Stahl, Kohle und Dienstleistungen sowie visafreies Reisen für türkische Staatsbürger in die EU.

Die Europäer hatten der Türkei bereits in der gemeinsamen Erklärung vom März 2016 eine Beschleunigung der Visaliberalisierung zugesagt. Dass es dazu (noch) nicht kam, ist vor allem dem Veto aus Berlin geschuldet. In der deutschen Hauptstadt befürchtet man eine neue Zuwanderungswelle.

Fortsetzung des Pakts im Gespräch

Nichtsdestotrotz bleiben die Vertragspartner im Gespräch. Die Fortsetzung des Flüchtlingspakts trieben zuletzt zwei ranghohe Berater aus der Türkei und Deutschland voran. Angela Merkels außenpolitischer Berater Jan Hecker traf sich mit Erdoğan-Chefberater Ibrahim Kalın in Istanbul. Zugegen waren auch Vertreter von zwei weiteren EU-Staaten und Experten aus dem Team des EU-Ratspräsidenten Charles Michel.

Das birgt Sprengpotenzial: Griechenland, das direkt von der Migration Tausender Menschen aus der Türkei in die EU betroffen wäre, scheint nicht in die Verhandlungen eingebunden zu sein. Athen gefällt das überhaupt nicht.

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