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Politik

Rechte Parteien suchen den „europäischen“ Schulterschluss

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Das Schweizer Votum ist für rechtspopulistische Parteien ein wichtiges Zeichen. Sie formieren sich von Ungarn bis Irland für die Europawahl und wollen eine eigene Parteigruppe im Europaparlament bilden. Schlechte Chancen haben sie nicht! (Foto: reuters)

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United Kingdom Independence Party (UKIP) - Mitglieder halten Wahlslogans hoch
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„Verheerend“, „schrecklich“ und „einfach Schwachsinn“: Während das Ergebnis der Schweizer Volksbefragung in Regierungskreisen und bei etablierten Parteien in Deutschland zwiespältige Reaktionen auslöst, jubeln europaweit Rechtspopulisten über den Erfolg der Schweizer Volkspartei (SVP).

Die Europäische Union steht unter Druck, das Schengen-Abkommen ist gefährdet. Mit Ressentiments gegen Ausländer, die den Schweizern die Arbeitsplätze wegnähmen, wettern Rechtspopulisten nicht nur in der Schweiz gegen Zuwanderung. Zuletzt zog in Deutschland die bayrische CSU gegen Migranten her.

„Wunderbare Nachrichten“

„Das sind wunderbare Nachrichten für die Anhänger von staatlicher Souveränität und Freiheit in ganz Europa“, sagte Nigel Farage, Vorsitzender der antieuropäischen United Kingdom Independence Party (UKIP). Den rechten Parteien kommt das Schweizer Wahlergebnis zu pass, sie fühlen sich in ihren inhaltlichen Positionen bestätigt und bekommen viel Aufmerksamkeit. Dies ist wichtig für kleine Parteien, die gemeinhin wenig sichtbar sind.

Der nationalistische Zusammenhalt ist nicht mehr nur in der NPD oder der extremen Rechten beliebt. Europaweit stilisieren sich Parteien wie die möglicherweise bald verbotene „Goldene Morgenröte“ in Griechenland, die „Fidesz-Partei“ in Ungarn, die „Freiheitliche Partei Österreichs“ die italienische „Lega Nord“ und viele mehr zu den Rettern des Nationalstaates.

Die blondierte Rechte Europas

Dass Parteien wie die Alternative in Deutschland (AfD) nicht nur an der europäischen Peripherie erfolgreich sind, zeigen Geert Wilders und Front-National-Chefin Marine Le Pen. Die blondierten, rechten Spitzenpolitiker aus den Niederlanden und Frankreich sind die wohl prominentesten Gegner der europäischen Integration.

Auf Wählerjagd bedienen sie sich eines einfachen, aber wirkungsvollen Tricks: Sie stilisieren sich zu Kümmerern, die die kleinen Leute vertreten und ihre, sonst ungehörten, Wünsche in den politischen Prozess einbinden wollen. Leise Töne, statt harter Worte. Verständnis statt Aggressivität. Vertrauen schaffen mit Nähe und gemeinsamen Feindbildern. Diese Rechtspopulisten sind nicht so laut wie ihre Vorgänger.

Mit diesem Strategiewechsel versuchen Parteien wie der Front National und die niederländische Partij voor de Virjheid breitere Wählerschichten zu erreichen. Zum Glück, muss man sagen, hat die NPD diese Entwicklung verschlafen.

Rechtspopulistische Front im Europaparlament?

Wilders und Le Pen trafen sich zuletzt, um ihre gemeinsame Marschroute für die im Mai stattfindende Wahl zum europäischen Parlament zu koordinieren. In beiden Ländern werden ihre Parteien große Zugewinne verbuchen können. Dies zeigen Umfragen, die im Falle des Front National zwischenzeitlich gar einen Wahlsieg prophezeiten. Das gemeinsame Ziel ist es, eine rechtspopulistische Partei auf EU-Ebene zu etablieren.

Zur Gründung einer Parteigruppe im Europaparlament wären 25 gewählte Mitglieder notwendig. Für die europaweite Rechte ist dies nicht unmöglich. Zumal kleine und Protestparteien bei europäischen Wahlen im Gegensatz zu großen und Regierungsparteien an Wählerstimmen gewinnen.

Protestwähler häufen sich im europäischen Kontext. Der belgische EU-Ratschef Herman Van Rompuy erwartet, angesichts des Zulaufs für Populisten in Frankreich und vielen anderen EU-Ländern, eine „extrem schwierige“ Wahl.

Sollten rechtspopulistische Parteien, wie die deutsche AfD, tatsächlich eine eigene Parteigruppe im Europaparlament gründen, könnte dies schlimme Auswirkungen auf die legislative Arbeit der EU haben. Eine rechte Partei könnte sich gegen alles stemmen, was Zuwanderung, Freizügigkeit und Migration befürworte und dies ist im europäischen Kontext nicht gerade wenig.

Es beginnt in Dänemark

Insbesondere die zunehmende Freizügigkeit ist den Rechtspopulisten ein Dorn im Auge. In Dänemark führte der Streit um Zuwanderung zu der Wiedereinführung von regelmäßig stattfindenden Grenzkontrollen. Dänemark ist damit der erste Mitgliedsstaat der Europäischen Union, der seit Mai 2013 das Schengen-Abkommen verletzt.

Irland und Großbritannien sind dem Schengen-Abkommen nicht beigetreten. Ausnahmeregeln mindern die Personenfreizügigkeit für diese Länder. Der britische Premier David Cameron hat allerdings bereits angekündigt, die Personenfreizügigkeit zu prüfen. Damit wird das Anliegen der europäischen Rechtspopulisten in Großbritannien zur Chefsache.

Die Gründe für die Kontrollen an den dänischen Grenzen lesen sich wie die Parteiprogramme der Rechtspopulisten: Zuwanderung, illegale Einwanderung, Menschenhandel und organisierte Kriminalität. Während sich Europa an seinen Außengrenzen abschottet, „Illegale“ in sinkenden Barkassen sterben lässt und Internierungslager in der Türkei und Libyen unterhält, sorgt der Zuwanderungsstreit bereits für Abschottung innerhalb der EU.

In Dänemark war übrigens die Dansk Folkepartei (DF) federführend an der Wiedereinführung der Grenzkontrollen beteiligt. Sie war es, die eine Initiative zum Angriff auf das Schengen-Abkommen startete.