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Politik

Fall Zekeriya Öz: Hürriyet macht Ex-Zaman-Chefredakteur zur Zielscheibe – und muss zurückrudern

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Zekeriya Öz
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Das Rätsel um den ehemaligen türkischen Staatsanwalt Zekeriya Öz, der sich auf der Flucht befindet, muss weiter auf seine Lösung warten.

Öz, eine der führenden Figuren beim Ergenekon-Verfahren und später bei den Korruptionsermittlungen, die sich gegen das Regierungsumfeld richteten, wurde 2015 suspendiert und setzte sich kurz darauf ins Ausland ab. Über Georgien soll er nach Deutschland gekommen sein, wo er noch heute vermutet wird. Die Regierung behauptet, dass er ein Anhänger der Gülen-Bewegung sei. Sie bekämpft die Bewegung seit Jahren erbittert. Auch für den Putschversuch vom 15. Juli macht sie sie verantwortlich.

Vergangene Woche berichtete die türkische Tageszeitung Hürriyet, dass der türkische Staat Öz auf die Schliche gekommen sei. Dieser halte sich unter anderem bei Mahmut Ç. in Offenbach auf. Zwar wurde hier Ç.s Nachname gekürzt, doch war seine Anschrift mitsamt Hausnummer abgedruckt worden. Eine Art der Berichterstattung, die so unüblich und auch nicht erlaubt ist. Freunde machten Ç. darauf aufmerksam.

Bei der besagten Person, die den gesuchten Öz angeblich bei sich aufgenommen haben soll, handelt es sich um Mahmut Çebi, den ehemaligen Chefredakteur der Gülen-nahen türkischen Tageszeitung Zaman und Zaman Deutschland. Für Kenner und Ortskundige war das nicht schwer zu erraten. Gegen Çebi hatte es in regierungsnahen Medien kürzlich schon einmal eine Schmutzkampagne gegeben.

„Ich bin umgehend zum nächsten Kiosk gegangen, um mir eine Hürriyet zu kaufen“, so Çebi gegenüber DTJ. Er habe seinen Augen nicht trauen können, als er die Meldung sah. Sie war die Top-Schlagzeile auf der Titelseite.

Hürriyet-Geschäftsführerin will den Artikel nicht gesehen haben

Çebi suchte sofort den Kontakt zur Redaktion, die er gut kennt, und wollte wissen, warum die Zeitung unwahre Behauptungen aufstelle und sich nicht die Mühe mache, ihn selbst im Vorfeld zu kontaktieren. Die für die Deutschland-Ausgabe zuständige Sevda Boduroğlu habe ihm ernsthaft gesagt, dass sie den Artikel vor dem Druck nicht gesehen habe, es sich um einen Fehler handele, die Anschrift aus dem Online-Artikel entfernt werde und sie ihre Kollegen in der Türkei bitten werde, selbiges mit dem Online-Artikel der türkischen Hauptseite zu tun. Çebi könne ansonsten gerne vor Gericht ziehen.

Tatsächlich aber geschah – nichts. Online zumindest. In der Zeitung wurde auf den hinteren Seiten eine kaum sichtbare Richtigstellung mit der Sichtweise von Çebi abgedruckt. Doch was die Homepage angeht, wurde Hürriyet erst aktiv, als Çebi einen Artikel für Zaman Almanya zur Hand nahm. Die Anschrift ist aus dem Artikel mittlerweile gelöscht.

Was es mit Öz auf sich hat, bleibt unklar. Ist er ein Anhänger der Gülen-Bewegung oder nicht? Er selbst erklärte im vergangenen Jahr, dass an den Gerüchten nichts dran sei. Ob man seinen Aussagen wirklich trauen kann, lässt sich nicht zweifelsfrei sagen. Die AKP und ihr nahestehende Medien versuchen jedoch immer wieder, teils mit unbewiesenen Behauptungen – wie im vorliegenden Fall -, eine Verbindung herzustellen. Hürriyet zufolge stammt die Information, dass sich Öz bei Çebi aufhalte, von türkischen Geheimdienstquellen. Çebi selbst erklärte schon im Juli diesen Jahres auf seiner Facebookseite, dass er Öz weder kenne, noch ihn jemals getroffen habe.

Fall Öz bleibt ein Mysterium

Im Zusammenhang mit Öz sorgte vergangene Woche auch ein Artikel von Saygı Öztürk von der Tageszeitung Sözcü für Aufsehen. Ihm zufolge hat der Staat Öz und andere Anwälte laufen lassen, um sie nicht verurteilen zu müssen… Klar ist: Das Rätsel Öz kristallisiert sich immer weiter zu einem wichtigen Puzzlestück im ungleichen Kampf zwischen der AKP und der Gülen-Bewegung.

Warum Hürriyet solch einen Artikel veröffentlicht und Çebi zur Zielscheibe gemacht hat, bleibt derweil offen. Eine Bitte unserer Redaktion um eine Stellungnahme der Deutschland-Redaktion blieb unbeantwortet.

Çebi selbst ist vorerst froh, dass nach den letzten stürmischen Tagen ein wenig Ruhe eingekehrt ist. Rechtliche Schritte gegen die Zeitung behält er sich dennoch vor.