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Gesellschaft

Türkei: Neues Gesetzespaket für die Familie soll alternder Bevölkerung entgegenwirken

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Die türkische Regierung hat ein Gesetzespaket entworfen, um die Familie zu unterstützen und die Dynamik durch eine junge Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Kritiker bezweifeln die Wirkung der Maßnahmen.

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Seit Jahren wiederholt der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan seine Forderung, die türkischen Familien sollten mindestens drei Kinder in die Welt setzen. Nun wurde in der Türkei ein Gesetzesentwurf für die Stärkung der Familie auf den Weg gebracht. Das Gesetzespaket sieht vor, Familien für jedes Kind Einmalzahlungen zukommen zu lassen. Für das erste Kind ist eine Einmalzahlung von 300 Türkischen Lira vorgesehen, für das zweite eine von 400 und für das dritte eine von 600. Premierminister Davutoğlu sprach anlässlich der Vorstellung des Gesetzespakets, es sei „die größte Karriere, die es gibt, eine Mutter zu werden“.

Diese Äußerungen wurden von politischen Gegnern kritisiert, so etwa von der Kolumnistin und Theologin Hidayet Şefkatli Tuksal, die meinte, wenn Mutter zu sein die größte Karriere überhaupt sei, dann solle man auch bitte monatlich den Müttern 1500 türkische Lira für ihre Karriere auszahlen.

„Die Türkei erlebt einen schnellen Trend in Bezug auf die Alterung der Bevölkerung“, so Davutoğlu. „Um die Familie, die Dynamik in der Bevölkerung und die Frauen zu schützen und um das Familienleben zu unterstützen, sind wir gezwungen zu handeln. Wir werden im Bereich der psychologischen Beratung, der Wegbegleitung, der sozialen Dienste 5000 neue Mitarbeiter einstellen. Diese Mitarbeiter werden permanent 500 Familien betreuen. Wir werden auch die Tätigkeiten der Mitarbeiter kontrollieren.“

Lag die Zahl der Kinder pro Familie in der Türkei 2001 noch bei durchschnittlich 2,3, so ist sie bis 2013 auf 2,07 zurückgegangen. Auch der Anteil der Kinder bis zum 14. Lebensjahr lag 2000 noch bei 29,8 Prozent an der Gesamtbevölkerung, 2013 ist sie auf 24,6 Prozent zurückgegangen. Im Gegenzug ist der Anteil der über 65-Jährigen von 5,7 auf 7,7 Prozent und der Anteil der Bevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren von 64,5 auf 67,7 Prozent gestiegen. Im Vergleich dazu lag die Geburtenziffer in Deutschland im Jahr 2000 noch bei 1,38 ist bis 2013 auf 1,41 gestiegen. Dennoch liegt Deutschland bei den großen Ländern in Europa hinter Frankreich mit 2,01 und dem Vereinigten Königreich mit 1,9.

Der Wirtschaftswissenschaftler Seyfettin Gürsel begrüßt das Paket, bezweifelt aber, dass es tatsächlich zu einer Stabilisierung der demographischen Verhältnisse in der Türkei beitragen werde: „Man muss bedenken, dass es sich um eine Einmalzahlung handelt. Die Kosten, ein Kind aufzuziehen, wie z.B. die Ausgaben für Kindergärten, sind zu hoch. Wenn man das Problem wirklich in den Griff bekommen will, muss man über eine kontrollierte Zuwanderungspolitik nachdenken“.

Einige Eckpunkte des Gesetzespakets im Überblick:

  • Fünf Tage Urlaubsanspruch für Lebenspartner bei einer Geburt
  • Urlaubstage von der Mutter können auch vom Vater in Anspruch genommen werden
  • Bei einer Behinderung von 70 Prozent oder einer andauernden Krankheit des Kindes bekommen die Eltern das Recht auf 10 Urlaubstage
  • Kitaplätze und Betreuungsplätze müssen von den Kommunen zur Verfügung gestellt werden
  • Die Mütter können nach ihrem Erziehungsurlaub beim ersten Kind 2 Monate, beim zweiten Kind 4 Monate und bei drei und mehr Kindern bis zu sechs Monate halbtags arbeiten, um sich in der übrigen Zeit stärker um die Kinder kümmern zu können