Gesellschaft
Leserbrief zu Maischberger: Absage an Intoleranz, Gewalt und Radikalismus
Vor kurzem wurde einmal mehr eine Maischberger-Talkrunde zum Thema „Islam“ mit umstrittenen Gästen ausgestrahlt. Unser Leser W. Beumer hat uns dazu ein Schreiben geschickt, in dem er aufruft, die Logik dieser Runden zu durchkreuzen. (Foto: ARD)
Die kürzliche Talkrunde bei Maischberger hat wieder einmal gezeigt, wie Argument und Gegenargument, verbunden mit „ja, aber“, sich fröhlich im Kreise drehen.
Es war voraussehbar, dass auf „Islam faschistisch“ das Gegenargument der faschistischen Aspekte des Christentums, des Vatikans etc. folgen würden, und so weiter, und so weiter, Italien, das Deutsche Reich und… vergessen wurden nur Pilsudskis Polen und Dollfuß‘ bzw. Schuschniggs ebenso radikal-klerikales Österreich, die kemalistische Türkei, Spanien, etc. – man dachte damals eben so in Europa und Umgebung.
ALLEN Weltanschauungen wächst nun mal ein radikaler, fundamentalistischer Flügel, der dann von der jeweils anderen Weltanschauung bemängelt wird, worauf die angesprochene Weltanschauung, grade auch deren radikaler Teil, dieses Argument dann verallgemeinert und kontert mit: IHR SEID GEGEN UNS ALLE! Und es gibt auf jeder Seite welche, die das alles dann glauben oder glauben wollen, um sich dadurch Macht und Einfluss in der jeweiligen Gruppe zu sichern oder sich „fester zusammenschließen“, um so dem eigenen Sicherheitsgefühl Rechnung tragen zu können. Und dieses Zusammenschließen bedeutet Abgrenzung, und Abgrenzung wird dann als Ausgrenzung wahrgenommen, und so weiter, bis in Ewigkeit, Amen.
Es sollte also eigentlich Ziel von Kontakten und Diskussionsrunden sein, diesen Hang zur Blockmentalität aufzuweichen und deutlich aufzuzeigen, dass nicht die jeweils andere Gruppe in GÄNZE gemeint ist. Es sollten dabei auch demagogische Versuche zu solcherlei Interpretation auch als solche bloßgestellt werden; es wäre aufzuzeigen, dass eben nur die gemeint sind, die gemeint sind, nämlich die jeweils zu gesellschaftsschädlichem Verhalten neigenden Radikalen, die Fundamentalisten, die Intoleranten, die Gewalttäter, die den gesellschaftlichen Konsens vereiteln wollen ,weil sie eben nur IHRE Gruppe als das Salz der Erde gelten lassen.
Wie sollen sich Christen positionieren?
Appellieren wir an die Menschen guten Willens, die es in jeder weltanschaulichen Struktur gibt, sich gruppenübergreifend, ökumenisch zu engagieren, also FRAKTIONSZWANG nicht zuzulassen, auch nicht in Kirchen oder im Namen von Ideologien. Die Freiheit des Andersdenkenden nicht nur zu achten, sondern auch mal auf das anders Gedachte zu schauen. Es ist oft vom eigene Denken und GLAUBEN nicht gar so weit entfernt, nur vielleicht anders formuliert.
Was können, was könnten Christen dazu beitragen? Wie mag die christliche Botschaft dabei hilfreich sein?
Der Kreuzestod Jesu Christi hat, so verstehen es viele Christen als Kernbotschaft des Christentums, die Menschheit von der Erbsünde befreit und das Himmelstor eröffnet.
Ja, es ist sicherlich eine schöne Vorstellung und Verheißung, aber was sagt das mir, dem Angehörigen des christlichen Fußvolkes, fürs tägliche Leben und den Glauben? Wo also finde ich den Anker, der mich ins offene Himmelstor zieht, den Weg, der mich dahin führt? Wenn mich denn Gottes unermessliche Gnade nicht ohnehin findet, egal in welche finstere Ecke ich mich verlaufe?
Inhaltlich hat uns, so versuche ich es zu glauben, der durch Jesus Christus verkündete und durch seinen Tod bekräftigte Neue Bund, die Frohe Botschaft, erlöst von der radikalen alttestamentlichen Botschaft des Auge um Auge, Zahn um Zahn, der intoleranten sexistisch-paternalistischen, aus Jehovas behauptetem Wollen gerechtfertigten (Glaubens-)Überzeugung.
Das ist für mich ist der Kern der christlichen Botschaft. Die großartige Befreiung vom „Alten“, die Befreiung von der Furcht, die der im Alten Testament verkündete Jehova den Menschen auferlegte, die Befreiung von der Angst vor körperlicher Gewalt, vor intellektueller, körperlicher und sexueller Fremdbestimmung. Daran arbeitet die Christenheit unterschiedlich erfolgreich seit fast zweitausend Jahren.
Das Wort Gottes hinter Formalismen und Dogmen suchen
Die Furcht Gottes verwandelt in die Liebe Gottes, sowohl als Gottes Zuwendung zu mir wie auch meiner Zuwendung zu IHM, verwandelt durch „Tut Gutes denen, die Euch hassen, liebet Eure Feinde, liebe Deinen Nächsten wie dich selbst“ und „Wer von Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“.
Mit der Bergpredigt haben Christen einen Auftrag, den sie frei von aller kirchlichen Dogmatik allen Menschen nahebringen soll(t)en als eben die FROHE BOTSCHAFT, die von Anfang war und ist und die durch Jesus Christus, das Fleisch gewordene Wort, uns aufgetragen ist. Und es braucht, um dem Auftrag der Bergpredigt zu folgen, keiner besonderen Ausbildung, keines besonderen Status und keiner besondere technische Ausstattung.
Die Kernerkenntnis, dass Gott ein Gott der Liebe sein muss, wenn er denn Gott sein soll, ist den Muslimen nicht fremd, besonders denen, die, ähnlich vielen Christen, das Wort Gottes als Grundüberzeugungen menschlichen Zusammenlebens suchen hinter den Formalismen institutionalisierter Religionen und Weltanschauungen, hinter dogmatischer Frömmigkeit, hinter intoleranter Ideologie.
Die Absage an Intoleranz, Absage an Gewalt und Radikalismus jeglicher Weltanschauung, danach lasst uns alle streben brüderlich mit Herz und Hand. Damit könnte aus unserem Staat wahrlich ein Staat in göttlicher Verfassung werden.
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