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Politik

„Das hat mit Rechtsstaatlichkeit nichts mehr zu tun“

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Die Meldung verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Der prominente ägyptische Journalist Ahmed Mansur wurde gestern in Berlin festgenommen. Nach dem Empfang von al-Sisi vor wenigen Wochen ist das der nächste Eklat.

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"Freiheit für Ahmed Mansour - Freiheit für die Presse" steht am 21.06.2015 in Berlin auf Plakaten vor einer Polizeistation. Dort demonstrierten schätzungsweise 60 Menschen für die Freilassung des Al Jazeera-Journalisten Ahmed Mansur. Der Journalist war am Samstag auf dem Flughafen Berlin-Tegel festgenommen worden, als er nach Doha in Katar fliegen wollte. Laut Bundespolizei lag ein internationaler Haftbefehl gegen ihn vor, der vom Bundeskriminalamt ins System eingestellt worden sei. Mansur gehört zu den bekanntesten TV-Journalisten der arabischen Welt. Ein Strafgericht in Kairo hatte ihn 2014 in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er im Frühjahr 2011 an der Folter eines Anwalts in Kairo beteiligt gewesen sein soll.
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Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira hat die Freilassung seines Mitarbeiters Ahmed Mansur aus deutschem Polizeigewahrsam gefordert. Die Anschuldigungen gegen den ägyptischen Journalisten seien falsch, erklärte der Sender am Sonntag auf seiner Webseite.

Der Journalist war am Samstag auf dem Flughafen Berlin-Tegel festgenommen worden, als er nach Doha in Katar fliegen wollte. Laut Bundespolizei lag ein internationaler Haftbefehl gegen ihn vor, der vom Bundeskriminalamt ins System eingestellt worden sei.

Mansur gehört zu den bekanntesten TV-Journalisten der arabischen Welt. Ein Strafgericht in Kairo hatte ihn 2014 in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er im Frühjahr 2011 an der Folter eines Anwalts in Kairo beteiligt gewesen sein soll.

Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft nun, ob der Haftbefehl aufrechterhalten bleibt. „Weil er in Berlin festgenommen wurde, sind wir mit der Sache betraut“, sagte Sprecher Martin Steltner am Sonntag.

Absprache zwischen deutschen und ägyptischen Behörden?

„Die Ermittler haben mich informiert, dass die Anfrage für meine Festnahme aus Deutschland kam und sie keine Reaktion auf eine Anfrage von Interpol war“, sagte Mansur in einer Video-Botschaft auf der Internetseite des Nachrichtensenders. Es sei wahrscheinlich, dass es in seinem Fall eine Absprache zwischen deutschen und ägyptischen Behörden gebe, so Mansur weiter. „Wenn das stimmt, wäre es eine Schande für Deutschland“. Der Journalist betonte, alle Vorwürfe seien erfunden und gefälscht.

Grünen-Chef Cem Özdemir sieht in dem Fall „viele Fragezeichen“, wie er auf Twitter mitteilte. Seine Parteikollegin Franziska Brantner warnte die Berliner Justiz davor, sich „zum Erfüllungsgehilfen eines Willkürregimes in Kairo“ zu machen. „Wenn zwei Wochen nach dem Besuch des ägyptischen Machthabers Al-Sisi in Deutschland auf einem deutschen Flughafen ein kritischer Journalist des wichtigsten arabischen Fernsehsenders festgenommen wird, muss dies alarmieren“, erklärte sie am Sonntag in Berlin.

Deutsch-Ägyptische Union für Demokratie fordert Freilassung

Rund 200 Menschen haben derweil in Berlin die Freilassung des festgenommenen Al-Dschasira-Journalisten gefordert. „Freiheit für Ahmed Mansur, Freiheit für Ägypten, Freiheit für Journalisten“, skandierten sie am Sonntag bei einer Kundgebung vor dem Bereitschaftsgericht in Berlin-Tempelhof.

Die Demonstranten hielten Schilder hoch, auf denen etwa „Stop dem Blutfluss in Ägypten“ stand oder „Der legitime Präsident von Ägypten“ – über dem Konterfei des abgesetzten ehemaligen Präsidenten Muhammad Mursi. Einige Teilnehmer, darunter viele Frauen und Kinder, hatten sich den Mund mit Paketband zugeklebt.

„Frau Merkel, zwingen Sie uns nicht zu entscheiden, ob wir gute Bürger bleiben oder unser Recht in die eigenen Hände nehmen“, sagte Hussein Badimy, Vorstandsmitglied des Veranstalters, der Deutsch-Ägyptischen Union für Demokratie. Er warf der Bundesregierung vor, sie habe sich von Ägypten mit einem Handelsvertrag in Höhe von acht Milliarden Euro bestechen lassen.

Ein Anwalt Mansurs, Fazli Altin, verlangte vor dem Gerichtsgebäude die sofortige Freilassung des Journalisten. Dieses „Theater“ müsse aufhören, sagte er. „Weil das mit Rechtsstaatlichkeit nichts mehr zu tun hat, sondern das ist einfach nur ein offensichtliches Politikum.“

Prominenter Journalist im Visier der ägyptischen Justiz

Ahmed Mansur ist eine Fernsehgröße der arabischen Welt – die Bekanntheit des Al-Dschasira-Journalisten lässt sich mit der von Günther Jauch in Deutschland vergleichen. Seine vielbeachtete Sendung „Bi La Hudud“ („Ohne Grenzen“) sehen Woche für Woche bis zu 30 Millionen Menschen. Dort interviewt der 52-Jährige regelmäßig hochkarätige Gäste. Mansur zeichnet sich dabei als guter Fragesteller aus, der Interviewpartner mit seiner ruhigen, überlegten Art regelmäßig in die Enge treibt.

Der langjährige Kriegsberichterstatter, der unter anderem im Irak und in Afghanistan gearbeitet hat, veröffentlichte bislang mehr als 20 Bücher und schreibt für mehrere arabische Zeitungen. Bekannt wurde Mansur durch seine Berichterstattung über die Aufstände im Arabischen Frühling 2011, in der sich Al-Dschasira auf die Seite der Revolutionäre schlug.

Nach dem Sturz des ägyptischen Langzeitmachthabers Husni Mubarak und der Machtübernahme durch die Muslimbrüder reiste der Journalist häufig nach Ägypten. Mansurs Kritiker werfen ihm vor, Propaganda für die Bruderschaft zu machen. Mansur besitzt den britischen und ägyptischen Pass. (dpa/dtj)