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Politik

Fethullah Gülen spricht erstmals nach Zwangsübernahme von Zaman

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Wie hat Fetullah Gülen auf die Zwangsübernahme von Zaman reagiert? Der Prediger rief seine Anhänger zu Geduld und Ruhe auf. Regierungsnahe Namen fordern derweil weitere Schritte gegen die Presse.

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Fethullah Gülen bricht sein Schweigen. Im Interview mit „Zaman“ nimmt er Stellung zu Vorwürfen der AKP-Regierung und regierungsnaher Medien.
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Die auflagenstärkste türkische Tageszeitung Zaman wurde unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt und auf Regierungslinie gebracht. Zwei Tage nach der mit Polizeigewalt durchgesetzten Übernahme hat sich nun der muslimische Prediger Fethullah Gülen zu dem Fall geäußert. Zaman ist aus der Hizmet-Bewegung, die um Gülen entstanden ist, hervorgegangen und war als Zeitung dieser Gemeinde der AKP-Regierung ein Dorn im Auge. Mit dem von ihr erfundenen Begriff „FETÖ“ (Fethullahistische Terrororganisation) wirft die AKP der Bewegung etwa vor, einen Putsch in der Türkei angestrebt zu haben.

Gülen sagte, dass es der Regierung nicht gelungen sei, in den vergangenen zwei Jahren der Bewegung ernsthaften Schaden zuzufügen und rief zur Besonnenheit und Geduld auf. Er verwies auf die Zeit des Propheten Muhammad und sagte: „Auch uns könnten sie mit Speeren durchbohren. Jeden Tag könnten manche Tyrannen uns Schmerz zufügen. Wie sollten wir da nicht klagen? Schließlich sind auch wir Menschen.“

Die früheren Zaman-Redakteure haben unmittelbar nach der Verstaatlichung eine neue Zeitung mit dem Namen „Yarına Bakış“ – Blick auf Morgen – auf den Markt gebracht – offenbar eine im Hintergrund vorbereitete Alternative, da man mit der Zwangsverwaltung rechnete. Medienberichten zufolge bekommen die Abonnenten der Zaman ab sofort nicht mehr die unter der Regie der Zwangsverwalter erstellte Ausgabe der Zeitung zugestellt, sondern die neue Zeitung. Yarına Bakış hatte auf Twitter am Sonntag bereits über 1 Million Follower.

Genç: Zaman wird es bald nicht mehr geben

Der Politikwisschenschaftler und Türkei-Experte Dr. Savaş Genç bewertet den staatlichen Eingriff als sehr gravierend, weil Zaman nicht nur die auflagenstärkste Zeitung gewesen sei, sondern mit der Hausdruckerei, Agentur und dem eigenen Abonnementvertrieb eine maximale wirtschaftliche Eigenständigkeit besessen habe: „Zaman war in der Lage, mit den mehr als 500 000 Abonnenten auch ohne Anzeigen wirtschaftlich zu existieren. Der jetzige Eingrifft ist erst die Spitze des Eisberges. Die eigentliche Gefahr liegt noch vor uns.“ Genç rechnet damit, dass die Zwangsverwalter innerhalb von drei Monaten Zaman ruinieren und dann einstellen werden.

Nach der Zwangsübernahme von Zaman fordern regierungsnahe Namen in sozialen Medien und Journalisten auch für die oppositionelle Cumhuriyet ähnliche Maßnahmen. Dazu schreibt der Kolumnist Ersoy Dede in der Tageszeitung Star: „Morgen wird das Gleiche der Cumhuriyet widerfahren. Es sagt nichts aus, dass Can Dündar mit einem Putschurteil des Verfassungsgerichts freigekommen ist. Wenn das Gericht demnächst bei seinem Urteil zu dem Entschluss gelangen sollte, dass es sich bei den veröffentlichten Artikeln um Spionagetätigkeit handelt und die Geheimdienste, die dahinter stecken, offengelegt werden sollten, kann die Sache ganz anders aussehen.“

Dündar ist Chefredakteur der Zeitung und war durch ein Urteil des Verfassungsgerichts kürzlich auf freien Fuß gekommen. Beanstandet wurden seine Artikel über mutmaßliche Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes nach Syrien. Erdoğan erklärte, dass er die Entscheidung des Gerichts nicht akzeptiere.