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Politik

Türkei: Was ist der Hintergrund der Fidan-Rückkehr?

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Im Rahmen eines Treffens in Saudi-Arabien soll Präsident Erdoğan den zurückgetretenen MİT-Chef Hakan Fidan zu einer Rückkehr ins Amt bewegt haben. Die Opposition zweifelt mehr denn je an dessen Überparteilichkeit.

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Die Rückkehr des Anfang Februar zu Gunsten einer Parlamentskandidatur aus seinem Amt als Leiter der Nationalen Geheimdienstorganisation (MİT) geschiedenen Hakan Fidan auf seinen alten Posten ist in der Türkei derzeit politisches Gesprächsthema Nummer eins.

In einer schriftlichen Erklärung erläuterte Fidan: „Ich habe meine Kandidatur zu den 25. Parlamentswahlen auf Grund von Notwendigkeiten zurückgezogen. Ich werde jede Anstrengung unternehmen, um jedwede Aufgabe ordnungsgemäß auszuführen, die mir aufgetragen wird, um meinem Land und meiner Nation zu dienen, so wie ich es auch bisher gemacht habe.“

Fidan hatte ursprünglich ins Auge gefasst, im Rahmen der am 7. Juni stattfindenden Parlamentswahlen für ein Mandat in der Großen Nationalversammlung zu kandidieren. Einige politische Insider hatten ihn als Favoriten für das Amt des Außenministers gehandelt, andere sogar in ihm einen möglichen neuen Premierminister gesehen. Der derzeitige Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu wird aus dem Parlament ausscheiden, da ihm das Parteistatut der regierenden Adalet ve Kalkınma Partisi (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung; AKP) nach drei Amtsperioden eine weitere Kandidatur untersagt. Das Amt des MİT-Vorsitzenden hatte während der Abwesenheit Fidans İsmail Hakkı Musa ausgeübt.

Erdoğan sah Hakan Fidan als den fähigsten Kandidaten

Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte von Beginn an die Ambitionen Fidans kritisiert. „Der MİT ist nicht irgendeine Institution, er ist die wichtigste Einrichtung des türkischen Staates“, hatte Erdoğan erklärt. Er selbst habe Fidan mit Bedacht für diese Aufgabe ausgesucht und dieser hätte das Amt nicht niederlegen sollen. Erdoğan zeigte sich darüber enttäuscht, dass Fidan seinen Rat nicht befolgt und nicht intensiver darüber nachgedacht hätte, ehe er sich für einen Rücktritt vom Vorsitz des Geheimdienstes und eine Parlamentskandidatur entschieden hätte. Hinter den Kulissen wird spekuliert, dass Erdoğans Weigerung, grünes Licht für Fidan zu geben, der ausschlaggebende Grund für dessen Rückzug sei.

Ein Staat könne nicht überleben mit einer schwachen Geheimdienstorganisation, so Erdoğan. Deshalb habe er Hakan Fidan als den fähigsten Kandidaten für den Posten an der Spitze des MİT vorgeschlagen. Dieser soll jedoch im Zusammenhang mit seinem Rücktritt Anfang Februar Erdoğan gegenüber Amtsmüdigkeit als Grund für seinen geplanten Wechsel angegeben haben.

Berichten zufolge soll Erdoğan seine jahrelange „rechte Hand“ in der Vorwoche in Saudi-Arabien getroffen, mit diesem die Gründe für seinen Rücktritt erörtert und ihn am Ende auch offenbar erfolgreich „in Gebet genommen“ haben.

Fidan wurde 2010 ins Amt geholt

„Wir regieren einen Staat“, soll Erdoğan Fidan gegenüber geäußert haben. „Ich habe meine Meinung in dieser Angelegenheit deutlich gemacht. Natürlich wäre das eine Enttäuschung für mich, wenn es trotz des Inhalts unserer Aussprache zu einer Kandidatur kommen würde.“

Erdoğan hatte Fidan im Mai 2010 als Geheimdienstchef ins Amt eingeführt. Davor war Fidan stellvertretender Staatssekretär im Amt des Premierministers. In der Zeit zwischen 1986 und 2001 hatte er als Unteroffizier in den türkischen Streitkräften gedient und später als Präsident der Türkischen Entwicklungs- und Kooperationsagentur (TİKA) gearbeitet.

Opposition wittert parteiisches Agieren seitens des MİT

Die Opposition übte scharfe Kritik an der „Rückholaktion“. Der Sprecher der oppositionellen Cumhuriyet Halk Partisi (Republikanische Volkspartei; CHP), Haluk Koç, äußerte, Fidan „kann nicht und soll nicht“ als Leiter des MİT eingesetzt werden. Da er einer politischen Partei beigetreten sei, wäre dies nicht akzeptabel.

Der CHP-Abgeordnete Levent Gök (Balıkesir) sprach von einer „Schande“, ähnlich äußerte sich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Milliyetçi Hareket Partisi (Partei der Nationalen Bewegung; MHP), Oktay Vural. Vor allem die CHP hatte dem Geheimdienst in der Vergangenheit vorgeworfen, die Opposition zu sabotieren. So soll Parteichef Kemal Kılıçdaroğlu zufolge die Abspaltung von Abgeordneten und deren Wechsel zu Splitterparteien oder die Gründung der ultrasäkularistischen Anadolu Partisi (Anatolien-Partei; AP) selbst vom MİT organisiert worden sein.

Der stellvertretende AKP-Fraktionsvorsitzende Mahir Ünal antwortete im Zuge der extrem hitzigen Parlamentsdebatte, der rechtliche Aspekt der Bestellung könne durchaus kritisiert werden, die Wortwahl der Opposition sei jedoch unangebracht.