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Foltervorwürfe gegen türkische Regierung: ZDF und Correctiv decken auf

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Foltervorwürfe gegen türkische Behörden gibt es spätestens seit dem Putschversuch 2016 zuhauf. Nun berichtet ein Recherche-Team unter der Leitung des Recherche-Netzwerks „Correctiv“ über konkrete Fälle. An den Recherchen haben sich unter anderem auch die Medien „ZDF“, „El Pais“ und „Le Monde“ beteiligt.

Kosovo im März dieses Jahres. Yusuf Karabina wird auf seinem Schulweg seiner Kinder von der dortigen Polizei angehalten und verhaftet. Warum genau, kann er sich nicht erklären und ist überrascht. Anschließend wird er auf die örtliche Polizeiwache gebracht. Als seine Freunde auf der Wache vorstellig werden um sich zu erkundigen, werden auch auch sie verhaftet. Die kosovarische Polizei soll nach örtlichen Medienberichten eine größere Kooperation mit den türkischen Behörden eingegangen sein. Demnach soll die türkische Regierung eine Liste mit über 200 Namen an die kosovarischen Behörden übergeben haben. Auf dieser Liste sollen auch die Namen der sechs Männer gestanden haben, weshalb die Polizei in Kosovo sie verhaftet haben soll. Noch am selben Abend werden die Männer mit einem Privatjet in die Türkei überführt.

Gülen-Anhänger entführt: Diplomatische Krise zwischen Türkei und Kosovo

Der Fall sorgte zwischenzeitlich sogar für eine diplomatische Krise. Der kosovarische Premierminister Ramush Haradinaj hatte nach Bekanntwerden des dubiosen Falls seinen Innenminister und Geheimdienstchef entlassen. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan ärgerte sich über dieses Verhalten. Auf einer Veranstaltung seiner Partei AKP sagte er: „Jetzt frage ich den Premierminister des Kosovo: Mit wessen Anweisung hast du einen solchen Schritt gewagt? Seit wann beschützt du diejenigen, die die Türkische Republik stürzen wollten? Auch du wirst die Rechnung dafür zu zahlen.“

Heftige Foltervorwürfe seit Putschversuch 2016

Die sechs Männer waren Anhänger der Bewegung um den Gelehrten Fethullah Gülen, der in der Türkei als Staatsfeind betrachtet wird. Die Angehörigen der sechs Männer befürchten, dass ihre Männer in der Türkei Folter ausgesetzt werden. Schließlich wird dies seit dem Putschversuch 2016 den türkischen Behörden immer wieder vorgeworfen. Die türkische Regierung macht die Bewegung um Fethullah Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Davon konnte Erdoğan bislang zwar kein europäisches Land überzeugen. Einige kleinere Länder folgen allerdings der Interpretation der türkischen Regierung.

Türkische Regierung entführt Gülen-Anhänger systematisch

Die Unterstützung dieser Länder zeigt sich in dubiosen Aktionen wie der im Kosovo. Doch auch vor der Entführungsaktion im Kosovo gab es bereits ähnliche Fälle. So beispielsweise 2017 in Malaysia. DTJ berichtete über diese Fälle.

Diese Aktionen sind systematisch. Die Anweisung dafür kommt von der Spitze der türkischen Regierung: Recep Tayyip Erdoğan. Erst im Sommer dieses Jahres sagte er auf einer Veranstaltung der AKP, dass man die „geflohenen Gülen-Anhänger“ wieder zurück ins Land holen werde.

„Correctiv“ und „ZDF“ berichten über Folter in der Türkei

Lange Zeit fanden diese Fälle in Deutschland kaum Beachtung. Nun hat ein Recherche-Team unter der Leitung des Recherche-Netzwerks „Correctiv“ recherchiert und mit Opfern gesprochen. Insgesamt neun Medien aus acht Ländern nahmen an den Recherchen teil, darunter namhafte internationale Medien wie „Le Monde“, „El Pais“ oder „Haaretz“.

Die Recherchen zeigen, wie der türkische Geheimdienst politische Gegner im Ausland ausfindig macht und entführt. Außerdem berichten Zeugen von Folter in geheimen Gefängnissen. Wenzel Michalski, Direktor von Human Rights Watch Deutschland, kritisiert in diesem Zusammenhang das Verhalten der Bundesregierung: „Ich habe nicht den Eindruck, dass sich die Bundesregierung entsprechend der Schwere dieser Fälle öffentlich und laut für diese Menschen einsetzt und dafür sorgt, dass sowas nicht mehr passiert.“

DTJ berichtet über Folter in der Türkei: „Stimme der Folter“

Das DTJ berichtet bereits seit dem Bekanntwerden dieser Fälle über Entführungen und Folter in türkischen Gefängnissen. In der DTJ-Reihe „Stimme der Folter“ kommen Folter-Opfer ausführlich zu Wort.

Die Doku auf ZDF ist hier abrufbar. Weitere Informationen zu der Recherche gibt es auf der Seite Black Sites Turkey.