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Politik

Foltervorwürfe von Deniz Yücel: Türkei kritisiert Deutsche Haltung

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Schläge, Tritte, Erniedrigungen – die Aussage über Misshandlung des Journalisten Yücel sorgen für Empörung. Die Türkei weist Foltervorwürfe von sich. Die Anschuldigen hätten ein anderes Ziel.

Die Foltervorwürfe des Journalisten Deniz Yücel haben zu neuen Spannungen zwischen der Türkei und Deutschland geführt. Das Außenministerium in Ankara wies die Aussage des «Welt»-Reporters, er sei während seiner einjährigen Haftzeit in der Türkei gefoltert worden, am Sonntag scharf zurück. Präsident Recep Tayyip Erdoğan reagierte außerdem gereizt auf Kritik an der Annullierung der Bürgermeisterwahl in Istanbul.

Die zuständige Staatsanwaltschaft habe die Vorwürfe im Fall Yücel in der Vergangenheit bereits untersucht und entschieden, dass die Sache nicht weiter verfolgt werde, teilte der Außenamtssprecher Hami Aksoy mit. Die Mahnung des Auswärtiges Amtes, sich an die Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen zu halten, bezeichnete er als völlig unbegründet.

Yücel war bis Februar 2018 ein Jahr lang ohne Anklageschrift in der Türkei inhaftiert. Gleichzeitig mit seiner Entlassung aus dem Hochsicherheitsgefängnis Silivri bei Istanbul und der Ausreise nach Deutschland erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Terrorpropaganda und Volksverhetzung. Am Freitag hatte Yücel in dem Prozess vor dem Amtsgericht Berlin ausgesagt, er sei in den ersten Tagen seiner Haft gefoltert worden, und er machte Erdogan dafür verantwortlich.

In der schriftlichen Fassung der Aussage berichtete der Journalist von Schlägen, Tritten, Erniedrigungen und Drohungen durch Vollzugsbeamte. Die Inhaftierung Yücels hatte das deutsch-türkische Verhältnis damals schwer belastet. Die Vorwürfe bieten nun neuen Zündstoff.

Auswärtiges Amt mahnt Ankara

Das Auswärtige Amt mahnte die Regierung in Ankara am Samstag dazu, sich an die Anti-Folterkonvention zu halten. «Wir verurteilen jede Form von Folter und Misshandlung, sie stehen außerhalb des Rechts», sagte eine Sprecherin, ohne konkret auf die Aussage Yücels einzugehen. Sie forderte die türkische Regierung «mit Nachdruck» dazu auf, «sich an die internationalen Standards zu halten, zu denen sie sich selbst verpflichtet hat». Dazu gehörten neben der UN-Konvention auch Verpflichtungen des Europarats zur Verhütung von Folter.

Die Türkei betonte, sie verfolge das Prinzip der «null Toleranz gegenüber Folter», untersuche alle Vorwürfe sorgfältig und sei bei dem Thema transparent. Die gegenstandslosen Anschuldigungen zielten darauf ab, die Türkei schlecht zu machen.

Cem Özdemir fordert juristische Konsequenzen

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir forderte juristische Konsequenzen im Fall Yücel. Die Namen der Verantwortlichen müssten ermittelt und bei einer Einreise in Deutschland festgenommen werden, sagte Özdemir der «Welt am Sonntag». Der «Wahlbetrüger Erdoğan» müsse spüren, dass sein Handeln und das seiner Gefolgsleute juristische Konsequenzen habe.

Der türkische Präsident wies unterdessen Kritik aus dem Westen an der Annullierung der Bürgermeisterwahl scharf zurück. «So Gott will, werden sich unsere Leute diesen Drohungen, dieser Sprache des Drucks, nicht beugen», sagte Erdoğan am Samstagabend in einer Fernsehansprache. 

Mit Blick auf Washington fügte er hinzu: «Wer versucht hat, das gewählte Staatsoberhaupt Venezuelas zu stürzen, kann nicht mit uns über Demokratie reden.» Die USA – die in Venezuela den selbst ernannte Interimspräsidenten Juan Guaidó unterstützen – hatten zuvor gemahnt, dass freie und faire Wahlen und die Akzeptanz legitimer Wahlresultate unerlässlich für eine Demokratie seien.

Der Oppositionspolitiker Ekrem Imamoğlu hatte die Bürgermeisterwahl in Istanbul am 31. März knapp gewonnen. Allerdings annullierte die Hohe Wahlkommission die Abstimmung vor knapp einer Woche wegen angeblicher Regelwidrigkeiten und ordnete eine Wiederholung am 23. Juni an. Die Entscheidung wurde international kritisiert.

dpa/dtj