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Zensur: Wie Israel wichtige Informationen über die entführten Jugendlichen zurückhielt

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Die Entführung von drei Jugendlichen im Westjordanland versetzte weite Teile der israelischen Gesellschaft in einen Schockzustand. Doch die israelischen Sicherheitskräfte wussten schon früh vom Tod der Jugendlichen und schürten durch eine Nachrichtensperre die Emotionen in Israel zu ihren Gunsten. (rtr)
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Die Entführung von drei Jugendlichen im Westjordanland Mitte Juni versetzte weite Teile der israelischen Gesellschaft in einen Schockzustand. Solidaritätskundgebungen wurden abgehalten, israelische Medien berichteten ununterbrochen von der Suche nach den vermissten Jungen. Doch als die drei jungen Israelis entführt wurden, wurde die Berichterstattung laut dem ZDF Auslandsjournal manipuliert. Auf Grund einer von der Regierung verhängten Nachrichtensperre wurden der israelischen Öffentlichkeit lange wichtige Informationen vorenthalten.

Entscheidende Informationen, wie etwa, dass die israelischen Sicherheitskräfte nur wenige Kilometer vom Entführungspunkt entfernt ein ausgebranntes Autowrack, Patronenhülsen und viel Blut entdecken, wurden zu Beginn der Berichterstattung  zurückgehalten. Auch die Tatsache, dass einer der entführten Jugendlichen während der Entführung einen verzweifelten Notruf absetzte, von dem ein Mitschnitt existierte, wurde verschwiegen. Es besteht nun der Verdacht, dass die israelische Regierung diese Informationen zurückgehalten habe, um die israelische Bevölkerung möglichst lange im Glauben zu lassen, dass die Jugendlichen noch lebend gerettet werden könnten. Eventuell auch, um in der Bevölkerung die Emotionen hochkochen zu lassen und das öffentliche Interesse möglichst lange auf dem von Regierungsstellen schnell erkannten Täter – der Hamas – zu halten.

Hoffnung schüren, um durch die Wut am Ende Kriegsbereitschaft zu erzeugen?

Hätten die israelischen Sicherheitsbehörden den Mitschnitt des Notrufes freigegeben, so wäre direkt nach der Entführung bekannt geworden, dass die drei Jugendlichen wahrscheinlich bereits kurz nach der Tat getötet wurden. Denn auf dem Mitschnitt sind dem ZDF zufolge zehn Schüsse aus einer schallgedämpften Waffe zu hören. Die Schüsse beendeten laut den Ermittlern das kurze Telefongespräch. Die Sicherheitskräfte gingen nach ZDF-Informationen schon sehr früh von Mord aus und nicht mehr von einer Entführung.

Parallel zur absoluten Nachrichtensperre, die durch Zensurbeamte in den verschiedenen Redaktionen kontrolliert wurde, bekam die israelische Armee den Auftrag, mit der Hamas in Verbindung stehende Palästinenser so hart wie möglich zu treffen. Die Polizeiaktion gegen Strukturen der Hamas im Westjordanland wurde mit der Begründung getarnt, man suche nach den drei entführten Jugendlichen. Auch die eingesetzten israelischen Soldaten sollen demnach nicht gewusst haben, dass diese bereits tot waren.

Israel setzte Friedensgespräche schon kurz vor der Tat aus

Die Nachrichtensperre erscheint bei der Betrachtung der politischen Entwicklungen kurz vor der Tat in einem neuen Licht. Die israelische Regierung setzte bereits vor der Tat als Konsequenz aus den Versöhnungsabkommen der Palästinensergruppen PLO und Hamas die Friedensgespräche aus. Der allgemeine Tenor in den Nachrichten nach der Entführung war, dass die Hamas für die Tat verantwortlich sei. Benjamin Netanjahu, der Premierminister Israels, sagte damals in den Medien zu den Entführungen: „Es sind Hamas-Leute, die unsere Jungs entführt haben. Dieselbe Hamas, mit denen der Palästinenser-Präsident eine Regierung gebildet hat. Das wird Konsequenzen haben.“ Die Entführung der drei Jugendlichen diente anscheinend als willkommene Ablenkung für ablehnende Haltung der israelischen Regierung.

Zweieinhalb Wochen später fand man dann die drei Leichen und die durch die Berichterstattung geschürte Hoffnung auf ein gutes Ende wurde je zerstört. Die Emotionen entluden sich teilweise auch in Gewalt. Ein palästinensischer Jugendlicher wurde auf grausame Art und Weise getötet. Bei den in den darauffolgenden Tagen festgenommenen Tatverdächtigen handelt es sich nach Berichten des israelischen Rundfunks um eine „Zelle von Mitgliedern des ultrarechten Lagers“. Tatmotive seien offenbar Hass auf Araber und Rache für den Mord an den israelischen Teenagern.

Der ZDF-Bericht erklärt, die Israelis würden ihrem Sicherheitsdienst blind vertrauen und wirft am Ende die Frage auf, ob dieses Vertrauen überhaupt gerechtfertigt ist.