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Politik

Eine Moldawierin, die sich in Armenien für Berg-Karabach einsetzt

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Ihre Rede sollte als friedlicher Aufruf zur Konfliktlösung und zur Einhaltung von Menschenrechten verstanden werden. Doch in Armenien mobilisierte der Auftritt von Aurelia Grigoriu einen Abgrund an Hass und Gewaltandrohungen. (Foto: cihan)

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Der armenische Staatspräsident Sersch Sargsjan wurde im Februar im Amt bestätigt.
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Ihre Rede sollte als friedlicher Aufruf zur Konfliktlösung und zur Einhaltung von Menschenrechten verstanden werden. Doch in Armenien, dessen auch unter dem wiedergewählten Staatspräsidenten Sargsjan (Foto) erklärtes Ziel es ist, Mitglied der „europäischen Familie“ zu werden, mobilisierte die Präsentation „Menschenrechtsschutz und Anerkennung der Gebiete der Frozen Conflicts“ von Aurelia Grigoriu einen Abgrund an Hass und Gewaltandrohungen. Wie in den meisten postsowjetischen Staaten sind auch dort Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte leider nur in der Theorie existent.

Im Rahmen der am 4. Juli vom armenischen Verfassungsgerichtshof in Eriwan organisierten Paneuropäischen Konferenz hatte Grigoriu während ihres Vortrages darauf hingewiesen, dass Armenien 20% des aserbaidschanischen Territoriums besetze und in Chodschali einen Völkermord begangen habe. Noch während der Veranstaltung, die im Parlamentsgebäude stattfand, wurden ihr politische Motive zur Verbreitung aserbaidschanischer Propaganda und Lügen unterstellt. Ihre Facebookseite wurde mit Drohungen und Beleidigungen überschwemmt. In den armenischen Massenmedien wurden Fotos ihrer Person und Artikel veröffentlicht, die zur Anwendung von Gewalt gegen sie aufforderten. Daraufhin wurde ihr tagelang die Ausreise aus dem Land verweigert. Grigoriu, die zahlreiche Morddrohungen erhielt, wurde in dem Hotel, in dem sie als Gast untergebracht war, über mehrere Tage festgehalten.

Die Angst vor Vergeltung

Oft wird in Armenien die Rechtsstaatlichkeit beschworen. Gleichzeitig wird regelmäßig gegen europäische Standards und internationale Menschenrechtskonventionen, denen Armenien angehört, verstoßen. Auch nach ihrer Rückkehr nach Moldawien erreichten Aurelia Grigoriu weitere Drohungen. Unter anderem bauten Armenier mit US-amerikanischer Staatsbürgerschaft eine Gewaltkulisse gegen die Politikerin auf. Die armenische Diaspora versuchte sie währenddessen mit massivem diplomatischem Druck aus dem Amt zu entfernen.

Aurelia Grigoriu und aserbaidschanischen Regierungskreisen zufolge besteht sogar eine ernst zu nehmende Verbindung zwischen den Morddrohungen und der Terrororganisation ASALA (Armenische Geheimarmee zur Befreiung Armeniens). Die terroristische Untergrundorganisation mit Wurzeln in der armenischen Diaspora soll den Angaben nach die Bürgerrechtsbeauftragte und ihre Anwaltskanzlei einschüchtern, verfolgen und bedrängen. Nun bot ihr die aserbaidschanische Regierung politisches Asyl vor dem Hintergrund an, dass ihre Sicherheit in Moldawien nicht mehr garantiert werden kann.

Grigoriu ist in West- wie Osteuropa eine anerkannte und respektierte Ombudsfrau, die nun zum ersten Mal nach ihren traumatischen Erfahrungen in Armenien wieder an die Öffentlichkeit tritt. In einem Interview mit der in Jena erscheinenden Zeitung „Tabula Rasa“ berichtet sie nun exklusiv von ihren Erfahrungen in Armenien. Ihre ehrliche Analyse menschenrechtlicher Aspekte und des Demokratieprozesses komplettieren das bizarre politische Bild Armeniens, das ohnehin bereits aus der Affäre heraus offenbart wurde.

Menschenrechte und Demokratie bedingen einander

Grigoriu ist der Meinung, dass es im Fall von Armenien noch verfrüht ist, von einer erfolgten Implementierung europäischer-westlicher Werte wie der Rechtsstaatlichkeit zu sprechen. Es genüge nicht, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte bloß zu proklamieren. Sie müssten auch verteidigt werden.

Sie musste persönlich feststellen, dass Armenien in der Praxis Menschenrechte nicht achtet und dies an ihrem eigenen Beispiel bewiesen hat. In Armenien stünden nationale Interessen über jeglichen individuellen Rechte und Freiheiten. Enttäuschend sei, dass es den Regierungskreisen in Jerewan letzten Endes am nötigen Wille zur Veränderung und zur Verbesserung der rechtsstaatlichen Situation im Land mangele. So sei ihr die Frage aufgekommen: „Wie sonst wäre das Verhalten der armenischen Regierung und des Bürgerrechtsbeauftragten Armeniens mir gegenüber, einer Frau und Bürgerrechtsbeauftragten eines fremden Landes, zu erklären?“

Die Verfolgung und Bedrohung der moldawischen Politikerin in Jerewan und in ihrer Heimat habe sämtliche Menschenrechtsvereinbarungen verletzt, die die Weltgemeinschaft und Armenien zu achten gelobten. „Darf ein Land, das freie Meinungsäußerung nicht toleriert und aggressiv darauf reagiert, überhaupt ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union eingehen?“, bemerkte sie nachdenklich. Europäische Werte seien im alltäglichen Leben der armenischen Bevölkerung anscheinend noch nicht angekommen.

In Bezug auf Aserbaidschan und die damit verbundenen Territorialstreitigkeiten um Nagorny-Karabach wies Frau Grigoriu einerseits auf die Resolutionen der UN hin, die eindeutig von der „Besetzung“ aserbaidschanischen Territoriums durch Armenien sprechen. Anderseits sieht die Bürgerrechtlerin das eigentliche Problem der Region in der Missachtung von Menschenrechten. Nur wenn fundamentale Menschenrechte endlich respektiert werden, könne ihrer Meinung nach der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan gelöst werden.