Connect with us

Politik

Große Koalition kommt – Optionspflicht geht

Spread the love

Bis in die frühen Morgenstunden wurde verhandelt, nun ist es vollbracht: Heute Mittag werden die Spitzen von Union und SPD den neuen Koalitionsvertrag präsentieren, auf dessen Basis Deutschland künftig regiert werden wird. (Foto: dpa)

Published

on

Koalitionsgespräche am 11.11.2013 im Willy-Brandt-Haus in Berlin. Spitzenvertreter von CDU, CSU und SPD, unter Leitung vom Vorsitzenden Sigmar Gabriel.
Spread the love

Deutschland soll zum dritten Mal in seiner Geschichte von einer Großen Koalition regiert werden. Nach einer 17-stündigen Marathonsitzung einigten sich die Spitzen von Union und SPD am frühen Mittwochmorgen in Berlin auf einen Koalitionsvertrag. Der Beschluss wurde anschließend in großer Runde gebilligt. Zuvor hatten sich beide Seiten auf die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns, Verbesserungen bei der Rente und die Erleichterung der doppelten Staatsbürgerschaft verständigt. Auch soll eine Pkw-Maut für Ausländer kommen. Auf Steuererhöhungen für neue Projekte will man verzichten.

Das neue schwarz-rote Bündnis unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die SPD-Basis in der ersten Dezemberhälfte in einer Mitgliederbefragung zustimmt. So lange sollen die Aufteilung der Ministerien und ihre Besetzung offen gelassen werden, wie die dpa aus Verhandlungskreisen erfuhr. Wenn die insgesamt 475 000 SPD-Mitglieder grünes Licht geben, könnte Merkel in der Woche vor Weihnachten – am 17. Dezember – im Bundestag als Kanzlerin wiedergewählt werden.

Schuldenstopp ab 2015

Im Koalitionsvertrag soll festgeschrieben werden, dass von 2015 an keine neuen Schulden mehr gemacht werden. Union und SPD verständigten sich auch auf einen Finanzrahmen für zusätzliche Ausgaben und Investitionen bis 2017. Nach dpa-Informationen sollen für die Projekte einer schwarz-roten Koalition zusätzlich 23 Milliarden Euro ausgegeben werden. Merkel will den Vertrag an diesem Mittwoch gemeinsam mit den beiden anderen Parteichefs Sigmar Gabriel (SPD) und Horst Seehofer (CSU) präsentieren.

Einig wurde man sich über einen gesetzlichen Mindestlohn. Er soll 2015 kommen und bundesweit 8,50 Euro pro Stunde betragen. Allerdings können die Tarifpartner in einer Übergangszeit bis 2017 auch Abschlüsse vereinbaren, die unter 8,50 Euro liegen. Das kommt Union und Wirtschaft entgegen. Die Verständigungen zu Mindestlohn, Renten und zur doppelten Staatsbürgerschaft könnten die kritische SPD-Basis beruhigen, die über den Koalitionsvertrag abstimmen wird.

In Deutschland geborene Kinder bleiben in jedem Fall Deutsche

Der Rentenkompromiss sieht so aus, dass die von der SPD geforderte abschlagfreie Rente mit 63 Jahren nach 45 Beitragsjahren und die von der Union versprochene Besserstellung älterer Mütter, die vor 1992 Kinder bekommen haben, zum 1. Januar 2014 eingeführt werden. Ferner soll eine „solidarische Lebensleistungsrente” für Geringverdiener von bis zu 850 Euro pro Monat ab 2017 kommen.

Auch im Streit um die doppelte Staatsbürgerschaft erzielten beide Seiten eine Verständigung. Danach müssen sich in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern künftig nicht mehr bis zum 23. Geburtstag für einen der beiden Pässe entscheiden. Ein generelles Ja zum Doppelpass bedeutet dies allerdings nicht (Einzelheiten folgen im Laufe des Tages auf DTJ). Einen Kompromiss gab es auch bei der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung.

Die Maut-Einigung wurde unterschiedlich gewertet. Während die CSU von einem Erfolg für sich ausging, wurde in Kreisen von CDU und SPD die Formulierung für den Koalitionsvertrag lediglich als Prüfauftrag gewertet. Bedingung soll sein, dass die Maut nur ausländische Autofahrer belastet und mit dem Europarecht vereinbar ist. Dazu soll 2014 ein Gesetz verabschiedet werden. Merkel hatte vor der Wahl erklärt, mit ihr werde es keine Pkw-Maut geben.

In der wichtigen Frage des Ausbauziels für erneuerbare Energien soll ein Ökostromanteil von 55 bis 60 Prozent bis zum Jahr 2030 angestrebt werden. Zuvor hatte die Union auf 50 bis 55 Prozent plädiert, die SPD hatte 75 Prozent als Ziel genannt. An der Zahl orientieren sich letztlich auch die Investitionsentscheidungen für neue Windparks, aber auch für neue konventionelle Kraftwerke.

Fest steht, dass die SPD in einem schwarz-roten Kabinett unter Kanzlerin Merkel sechs Ministerien bekommen soll, die CDU fünf (plus Kanzleramtsminister) und die CSU drei. SPD und Union waren bereits zwischen 2005 und 2009 unter Merkel gemeinsam an der Regierung. Zuvor gab es zwischen 1966 und 1969 schon einmal eine große Koalition. (dpa/dtj)