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Gesellschaft

Gründung des ersten muslimischen Wohlfahrtsverbandes rückt näher

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Die Weichen für einen muslimischen Wohlfahrtsverband scheinen gestellt. In einem Buch werden Tücken und Chancen rund um die muslimische Wohlfahrtspflege vorgestellt.

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Es war im November vergangenen Jahres, als sich die großen muslimischen Verbände in Deutschland zu einer Arbeitsgruppe zusammenschlossen. Diese soll die „Keimzelle für einen Wohlfahrtsverband“ bilden. Seit drei Jahren wird ein solcher Verband gefordert. Wo die Schwierigkeiten, aber auch Chancen einer solchen Gründung liegen, erklären die Autoren Rauf Ceylan und Michael Kiefer in ihrer historischen und systematischen Einführung „Muslimische Wohlfahrtspflege in Deutschland“.

Ein Problemfeld bildet aus Sicht der Autoren die Wahrnehmung des Islam als eine in Deutschland nicht beheimatete „Ausländerreligion“. Trotz zahlreicher Gemeindegründungen in den 1970er und -80er Jahren sei die religiöse Pluralisierung der deutschen Gesellschaft von vielen Akteuren in Staat und Zivilgesellschaft ignoriert worden. Bis heute sei die Diskussion nicht abgeschlossen, ob der Islam zu Deutschland gehöre – das zeige sich etwa an der antiislamischen Haltung vieler Pegida-Demonstranten oder an Vorurteilen gegenüber dem Islam angesichts des selbsternannten „Islamischen Staats“ (IS).

Organisation müssen die Muslime selbst in die Hand nehmen

Die Frage der Organisation muss laut Ceylan und Kiefer indes in erster Linie von Muslimen bearbeitet werden, so die Autoren. Weiter strittig sei, welcher muslimische Verband das Recht für sich in Anspruch nehmen könne, den Islam in Deutschland vor staatlichen Gremien zu vertreten. Der Zusammenschluss zu einer Arbeitsgruppe wird hier als ein erster wichtiger Schritt bewertet. Die Akteure einer künftigen muslimischen Wohlfahrtspflege in Deutschland könnten sich aus Sicht der Autoren an den Strukturen bestehender freier oder christlicher Wohlfahrtsverbände orientieren. Die Erfahrungen zeigten jedoch, dass es in muslimischen Gemeinden an Umsetzungsideen mangele. Die Autoren sprechen sich daher für mehr Aufklärungsarbeit aus und empfehlen, etwa in Rechtsfragen Unterstützung anzubieten.

Bei der Gründung von islamischen Wohlfahrtsverbänden sind laut Ceylan und Kiefer zwei Wege möglich: der „Top-Down“- und der „Bottom-Up“-Prozess. Beim „Top-Down“-Prozess beschließen ein oder mehrere Verbände von Moscheegemeinden den Aufbau eines Dachverbandes. Dieser sieht sich in der Rolle eines Impulsgebers, der regionale Strukturen anregen kann. So können auf Länderebene Regional- oder Landesverbände entstehen. Diese geben wiederum Impulse in die Kreisebene, um kommunale Strukturen zu errichten und so Träger, die bereits im Sozialbereich tätig sind, einzubinden.

Beim „Bottom-Up“-Prozess sind die lokalen Moscheegemeinden und Träger maßgeblich für die Errichtung eines Verbandes. Diese verständigen sich über gemeinsame Interessen und Ziele und gründen auf kommunaler Ebene einen Verband. Im nächsten Schritt könnte dann ein Landes- und Bundesverband gegründet werden. Schlussendlich muss es aus Sicht der Autoren darum gehen, einen Verband mit soliden Strukturen zu errichten und keine Kartenhäuser. (kna/dtj)