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Panorama

Guantanamo: Zwangsernährung im Ramadan erst nach Sonnenuntergang

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Seit einigen Monaten befinden sich Gefangene auf dem US-Navy-Stützpunkt Guantanamo Bay im Hungerstreik. Der Rapper Yasiin Bey protestiert nun mit einem Video gegen die Zwangsernährung Inhaftierter während des Fastenmonats.

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Guantanamo: Zwangsernährung im Ramadan erst nach Sonnenuntergang
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Yasiin Bey (Foto), früher bekannt als Rapper Mos Def, lässt zum Beginn des Fastenmonats Ramadan in einem Selbstversuch die schmerzhafte Prozedur der Zwangsernährung über sich ergehen. Er will auf diese Weise seine Solidarität mit im Hungerstreik befindlichen Häftlingen des Gefangenenlagers zeigen.

Derzeit werden noch mehr als 150 Menschen in den Gefangenenlagern auf der Guantanamo Bay Naval Base, einem Marinestützpunkt der US Navy in der Guantánamo-Bucht auf Kuba, festgehalten. Die dort Inhaftierten wurden im Regelfall im Zuge von Kampfhandlungen der US-Armee mit von Taliban oder ähnlichen Verbänden festgesetzt und unter Terrorverdacht auf die Basis überstellt.

Ihr rechtlicher Status ist bis heute nicht abschließend geklärt. Die US-Regierung betrachtet die Kämpfer, die keiner regulären Armee angehören, nicht als Kriegsgefangene im Sinne der Genfer Konvention, sondern als „ungesetzliche Kombattanten“ mit entsprechend eingeschränkten Rechten. Sie sind auf unbestimmte Zeit inhaftiert. Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichts der USA im Juni 2004 müssen die Gefangenen lediglich die Möglichkeit haben, ihre Freiheitsentziehung überprüfen zu lassen.

Lagersprecher bestreitet respektlosen Umgang mit dem Koran

Wie der „Miami Herald“ berichtet, befinden sich derzeit 106 Gefangene seit mehreren Monaten in einem Hungerstreik. 45 davon wurden von Navy-Ärzten auf die Liste für eine Zwangsernährung gesetzt. Dabei werden die Anzahl der ausgelassenen Mahlzeiten sowie der Gewichtsverlust als relevante Größen für die Einordnung als Hungerstreikende betrachtet. Wer freiwillig mehrere Mahlzeiten hintereinander zu sich nimmt, wird wieder von der Liste genommen.

Der Hungerstreik begann nach Angaben der Anwälte der Hungerstreikenden im Anschluss an einen Protest gegen Zellendurchsuchungen am 6. und 7. Februar. Die Gefangenen hatten darüber geklagt, dass dabei in mehreren Fällen respektlos mit dem Koran umgegangen worden sei.

Der Sprecher des Gefangenenlagers, Navy Capt. Robert Durand, wies die Berichte zurück. Der Hungerstreik hätte erst einen Monat nach diesen Durchsuchungen begonnen, nachdem die Taliban Falschmeldungen über angeblichen respektlosen Umgang mit dem Heiligen Buch der Muslime lanciert hätten. Die Wachen würden den Koran respektieren. Der tatsächliche Grund des Protests wäre, dass Präsident Obama seine Ankündigung, das Lager zu schließen, nicht wahrgemacht hätte.

45 Gefangene werden derzeit zwangsernährt – gerade angesichts des islamischen Fastenmonats Ramadan wirft dies besonders sensible Fragen auf.

Der Rapper Yasiin Bey, früher bekannt als Mos Def, hat diese Prozedur nun in einem Video der britischen Menschenrechtsorganisation Reprieve nachgestellt. Bey wird in diesem Video – gekleidet in einen orangefarbenen Gefangenenanzug – auf einem Behandlungsstuhl festgegurtet. Dann folgt die von Menschenrechtlern als brutal kritisierte Standard Operation Procedure, deren Ablauf vor einigen Monaten im TV-Sender al-Dschasira anhand exklusiver Militär-Dokumente detailliert beschrieben wurde.

US-Regierung verspricht, religiöse Gefühle zu respektieren

Die „Süddeutsche Zeitung“ schildert den weiteren Inhalt wie folgt: „Yasiin Bey wird in dem Film ein Plastikschlauch über die Nase in die Speiseröhre geschoben. So wird ihm eine Nährlösung in den Körper eingeführt. Als die zweite Spritze vorbereitet wird, windet sich der Rapper, verzieht das Gesicht und stößt Schmerzschreie aus. „Stop it, please“, ruft er. Dann berichtet er mit Tränen in den Augen von den Schmerzen, die durch die Prozedur in seinem Gehirn und seinem Hals ausgelöst worden seien.”

Zwei Mal pro Tag würden die Häftlinge auf diese schmerzhafte Weise zwangsernährt, heißt es in dem Video. Dies könne bis zu zwei Stunden dauern. Die New York Times druckte kürzlich sogar einen Bericht eines 35 Jahre alten Mannes aus dem Jemen ab, der erzählte, ans Bett gefesselt worden zu sein, um ihm so die Nährlösung intravenös verabreichen zu können. 26 Stunden habe er so verharren müssen. Beten oder auf die Toilette gehen habe er in dieser Zeit nicht gedurft.

Reprieve veröffentlichte das Video mit Rapper Yasiin Bey zum Beginn des Fastenmonats Ramadan, der in der vergangenen Nacht begann und der nun eine zusätzliche Brisanz in die Causa bringt, schließlich dürfen gläubige Muslime in dieser Zeit zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang keine Nahrung zu sich nehmen.

Die US-Regierung hatte in einem offiziellen Papier versprochen, auf die religiösen Gefühle Rücksicht der Guantánamo-Häftlinge Rücksicht zu nehmen. Zwangsernährung werde es in der Zeit zwar weiterhin geben, da man die Pflicht habe, den Tod von Häftlingen zu verhindern. Die Zwangsernährung werde allerdings erst nach Sonnenuntergang stattfinden.