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Politik

Was wird aus Gül, Erdoğan und der AKP?

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Andeutungen des Staatspräsidenten Gül über politische Zukunftspläne lassen die Gerüchte ins Kraut schießen. Es wird erwartet, dass er und Premierminister Erdoğan eine gemeinsame Strategie für die Zukunft der Staatsspitze fassen werden. (Foto: zaman)

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Generalstabschef Necdet Özel, Staatspräsident Gül und Ministerpräsident Erdoğan.
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Die Worte Abdullah Güls bei der Wiedereröffnung des türkischen Parlaments nach der Sommerpause, die gleichzeitig seine letzte Eröffnungsrede während seiner Amtszeit als Präsident gewesen ist, gab Anlass für zahlreiche Spekulationen und Vermutungen. Gül sagte: „Mein ganzes Leben lang war ich der Meinung, dass der Dienst am Volk ein Dienst für Gott sei und ich bin von diesem Dienstverständnis für mein erhabenes Volk niemals abgewichen. Ich werde auch weiterhin mit diesem Verständnis und Gedanken im Dienst für mein Volk stehen.“

Nun stellt sich in der Tat die Frage: In welchem Rahmen wird der Präsident seinen Dienst am Volk fortsetzen?

Abdullah Gül ist seit der Gründung der AKP einer der wichtigsten Leistungsträger der Partei. Er war ihr erster Premierminister, anschließende Vizepräsident und Außenminister und schließlich der erste Staatspräsident, den die AKP gestellt hatte. Gül war die ideale Ergänzung zum anderen wesentlichen Bestandteil der Partei, Premierminister Recep Tayyip Erdoğan.

Wir wird er also von nun an dem Volk dienen? Wird es ein Dienst außerhalb der Politik sein? Oder meint er die Übernahme einer größeren internationalen Verantwortung?

Die aktuellen Umstände um Gül deuten eher auf einen Dienst innerhalb der Politik und fokussieren sich zudem auf einen Dienst, der mit der AKP zu tun hat.

Steht „russisches Modell“ bevor?

Es ist vorauszusehen, dass die Präsidentschaftswahlen 2014 die türkische Innenpolitik stark umkrempeln werden. Die Wahlen werden in Anbetracht der satzungsgemäßen Beschränkung der Amtszeit von AKP-Politikern auf drei Perioden, die auch die Position Erdoğans beeinflusst, noch wichtiger und spannender. Sowohl die Stellung des Premiers als auch die Abdullah Güls müssen – wie die Struktur der AKP und die Beziehungen zwischen Çankaya-Palast und Regierung – neu festgesetzt werden.

Wir können uns zudem die Frage stellen: Haben sich Gül und Erdoğan bis dato über die Art der Verwaltung und Umsetzung dieser Beschlusslage und die künftige Amtsperiode beraten? Gibt es ein gemeinsames, akkordiertes Vorgehen, eine Rochade oder ein ähnliches „Spielchen“ in dieser Richtung?

Es ist schon richtig, dass die Entscheidung nicht allein von den Befindlichkeiten dieser beiden Personen abhängt. Zweifellos sind in der AKP noch wesentlich mehr Personen und Gremien für die letztendliche Lösung entscheidend. Nichtsdestotrotz entspricht es der Wahrheit, dass Gül und Erdoğan einen gemeinsamen „Schicksalsweg“ gehen, wenn es um beider politische Zukunft geht.

Auch könnte man fragen: Wird Abdullah Gül über seine künftige Rolle alleine entscheiden können? Ich glaube nicht, dass es – vor allem, wenn es um eine politische Funktion geht – zu einer solchen Situation kommen wird. Wer alleine über etwas entscheidet, kann sich auch schnell allein gelassen wiederfinden. Die Politik ist kein Weg, den man alleine gehen kann. Sie setzt eine stetige Zusammenarbeit mit anderen voraus.

Würde die AKP für Gül eine solche Position wünschen? Nein, das würde sie nicht machen. Sie sieht so eine Struktur nicht nur als unrealistisch an, sondern ist sich auch bewusst, dass sie eine solche Veränderung aufgrund der politischen Mission, die sie sich vorgenommen hat, nicht umsetzen kann.

Wird die AKP Gül bei seiner Entscheidung allein lassen? Das könnte passieren, wenn Erdoğan in diese Richtung tendieren würde, was ich allerdings aufgrund des Verhältnisses zwischen beiden Politikern bezweifle. Wer in Zeiten wie diesen parteiisch agiert und sogar bereit wäre, auf Kosten des bereits Erreichten Alleingänge zu wagen, die am Ende das gesamte Gefüge gefährden würden, weiß, dass er scheitern würde.

AKP-Gegner werden versuchen, Zwietracht zu säen

Umbruchzeiten sind oftmals Zeiten der Gefühlsausbrüche. Ich bin mir sicher, dass sich unzählige Menschen in der Türkei, aber auch in der ganzen Welt, Gedanken über die Zukunft der Türkei machen und ihren Fokus auf die Beziehung zwischen Gül und Erdoğan legen. Ich bezweifle auch nicht, dass alle, die sich durch Erdoğan und die AKP-Regierung gestört fühlen, ihrerseits größte Hoffnungen und Anstrengungen in die Thematisierung  dieser „Spannung“ machen werden.

Ich erwarte folgendes: Gül und Erdoğan werden sich zusammensetzen und miteinander reden. Sie werden in ihrem Gespräch bei der Verantwortung für die Türkei anfangen, sie werden sich ansehen, was der gemeinsame Weg bis heute eingebracht hat, wo die innen- und außenpolitischen Verhältnisse sich gebessert und verschlechtert haben und sie werden für die Türkei und ihre Lage in der Region die beste Lösung finden.

Premierminister Erdoğan sagte neulich in einem Interview auf ATV folgendes: „ Ich glaube daran, dass keine Entscheidung gefällt wird, die die Gelegenheit bieten würde, den Weg zwischen dem Präsidenten und mir zu trennen. Wenn es sein muss, beraten wir uns hierfür zusammen und setzen unseren nächsten Schritt dementsprechend. So wichtig wie mir die Partei ist – und der Präsident gehört auch zu den Gründern der AKP -, so sicher bin ich mir, dass sie ihm mindestens genauso wichtig ist. Ich glaube nicht, dass wir in irgendeine Bedrängnis kommen werden.“

Und dieses Vorgehen ist es auch, was der gesunde Menschenverstand nahelegt…