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Politik

Gülen: „Ich bin bereit, in die Exekutionskammer zu gehen“

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Der muslimische Prediger Fethullah Gülen hat nach den Vorwürfen aus der Türkei, er und seine Bewegung würden hinter dem Putschversuch stecken, ausführlich Stellung bezogen. Am Samstag und Sonntag öffnete er Medienvertretern aus aller Welt seine Türen im selbstgewählten US-Exil.

„Ich bin mein Leben lang Gegner eines Militärputsches gewesen, ich bin Opfer des Militärs, habe in der Türkei im Gefängnis gesessen, ich war und bin absolut gegen einen gewaltsamen Umsturz“, sagte er etwa der ARD. „Meine Botschaft an das türkische Volk ist, eine militärische Intervention niemals positiv zu sehen.“

Unmittelbar nach dem Putschversuch hatte Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan verlauten lassen, dass die „übliche Organisation“ dafür verantwortlich sei. Es ist eine Angewohnheit des Präsidenten, mit Umschreibungen über seine Kritiker und Gegner zu sprechen. Für die Hizmet-Bewegung hat er mehrere im Sprachgebrauch etabliert: Parallelstruktur, Pennsylvania und FETÖ sind mittlerweile die gängigsten.

„Ich lebe seit über 15 Jahren in den USA“

Da er seit über 15 Jahren in den USA lebe, kenne er die meisten Menschen in der Türkei nicht und könne daher keine eindeutige Aussage über die Beteiligten am Putschversuch treffen. Da die Bewegung keine Mitgliedschaft führt, ist es schwer, ein Urteil darüber zu fällen, wer die ihr angehört und nicht. Die Behauptung vom „Guardian“, wonach der Prediger auch angedeutet habe, Erdoğan selbst könne den Putsch inszeniert haben, wurde zurückgewiesen: Dies sei ebenfalls nur Spekulation. Er wolle kein Verleumder und Lügner sein und suche davor Zuflucht bei Gott.

Gut auf Erdoğan ist Gülen aber dennoch nicht zu sprechen. „Weil Erdoğan selber so machthungrig ist, glaubt er, dass auch alle anderen es sind“, so der 77-Jährige im SPIEGEL. „Erdoğan kommt aus armen Verhältnissen, jetzt lebt er in vielen Palästen. Der Erfolg und die Macht haben ihn vergiftet.“ Er nutze die Gelegenheit, um sich aller seiner Gegner zu entledigen.

Zerreißprobe für die türkisch-amerikanischen Beziehungen

Die Krise in der Türkei wird zunehmend auch zur Belastung für die türkisch-amerikanischen Beziehungen. Erdoğan fordert von der US-Regierung Gülens Auslieferung.

Ein offizielles Auslieferungsgesuch für den Prediger liege nicht vor, sagte US-Außenminister John Kerry am Montag am Rande eines Treffens mit EU-Amtskollegen in Brüssel. Zudem machte er erneut klar, dass die USA einem solchen Gesuch nur nachkommen würden, wenn Beweise für eine Verwicklung von Gülen in den gescheiterten Militärputsch vorliegen. „Anschuldigungen reichen nicht“, sagte Kerry. „Wir brauchen erst einmal solide Belege, die vor einem amerikanischen Gericht Bestand haben.“

Gülen erklärte dazu, er habe vollstes Vertrauen in die Institutionen der USA und stelle sich gerne einer internationalen Kommission: „Ich vertraue auf Gott – ich werde mich dem Unterdrücker Erdoğan niemals beugen. Wenn die Kommission mich für schuldig befindet, gehe ich auch in die Exekutionskammer. Aber das wird nicht passieren. Denn ich habe nichts getan.“

EU fordert Befolgung rechtsstaatliche Regeln

Wie zahlreiche Außenminister der EU-Staaten appellierte auch Kerry an die türkische Regierung, sich bei der Aufarbeitung des Putschversuches an Regeln zu halten. „Wir fordern die türkische Regierung auf, die demokratischen Institutionen des Landes und die Rechtsstaatlichkeit zu respektieren“, sagte er.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte die türkische Führung zuvor aufgerufen, bei der Aufarbeitung des Putschversuches das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Es könne als Chance begriffen werden, dass sich nach den Ereignissen alle Parteien im Parlament zu Demokratie und Rechtsstaat bekannt hätten, sagte er. Er würde sich wünschen, dass dies auch in der Regierung so gesehen werde.