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Politik

Hamburg: Can Dündar erhält „Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen“

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Presse- und Meinungsfreiheit sind Grundvoraussetzungen für die Arbeit von Journalisten, aber nicht in allen Ländern selbstverständlich. Für seinen mutigen Kampf hierfür in der Türkei wird der Cumhuriyet-Chefredakteur Can Dündar geehrt – von Journalisten in Deutschland.

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Can Dündar, Chefredakteur des Traditionsblattes Cumhuriyet und einer der bekanntesten Journalisten der Türkei, wurde in Hamburg mit dem „Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen“ des Netzwerks Recherche ausgezeichnet. Er soll damit für seinen unermüdlichen Einsatz für die Pressefreiheit in der Türkei geehrt werden.

Die Laudatio auf Dündar hielt Martin Schulz, der Präsident des Europäischen Parlaments. Er würdigte Dündars Arbeit und hat die Türkei in seiner Rede aufgefordert, die Pressefreiheit zu wahren. „Ich appelliere eindringlich an die zuständigen Stellen in der Türkei, endlich damit aufzuhören, Journalisten zu verfolgen und zu bedrohen“, sagte Schulz am Freitag in Hamburg.“Can Dündar ist ein Vorbild“, so der Parlamentspräsident.

Der Journalist wurde wegen eines Berichts seiner Zeitung über Waffenlieferungen der Türkei an syrische Extremisten zu einer mehr als fünfjährigen Haftstrafe verurteilt, sein Büroleiter in Ankara, Erdem Gül, zu fünf Jahren. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Dündar bedankte sich in seiner mit viel Applaus bedachten Rede. Dies sei einer der bedeutsamsten Tage in seinem Leben. Er fühle sich sehr geehrt, den Preis zu empfangen. Er komme aus einem Land, das als das größte Gefängnis für Journalisten bekannt sei. „Wenn Du in der Türkei ein Journalist bist, gräbst Du Dir mit Deinem Stift Dein Grab, mit jedem ehrlichen Satz, den Du schreibst.“

Netzwerk Recherche ehrt mit dem Preis Dündar und die gesamte Redaktion seiner Zeitung. Der Mut und die Standhaftigkeit Can Dündars und seiner Kolleginnen und Kollegen verdiene größte Anerkennung und Unterstützung, teilte die Vorsitzende der Vereinigung, Julia Stein, mit. „Can Dündar kämpft unter schwierigsten Umständen für die Pressefreiheit.“ Dündar und Gül saßen drei Monate in Untersuchungshaft, Dündar entging in Istanbul knapp einem Attentat. Doch diese Kampf macht auch müde. Dündar hat angekündigt, seine Ämter bei Cumhuriyet ruhen zu lassen und sich ein paar Monate Auszeit zu gönnen. Die Drohungen, der Mordanschlag, die Untersuchungshaft, all das habe an seinen Kräften gezehrt, teilte er seinen Mitarbeitern mit. Die beiden regierungskritischen Journalisten sollen dennoch am 7. Oktober auch den Leipziger Preis für die Freiheit der Medien 2016 erhalten.

Neben Presse- und Meinungsfreiheit spannt die zweitägige Konferenz des Netzwerk Recherche einen weiten Bogen über die aktuelle Arbeit von Journalisten. Unter dem Motto „Journalismus heute – An der Grenze“ wollten sich mehrere hundert Teilnehmer über Darstellungen der Zuwanderung nach Europa sowie über einen damit verbundenen Glaubwürdigkeitsverlust in Teilen der Bevölkerung austauschen. An der Grenze seien Journalisten aber auch, wenn sie wegen Geldmangel und Auflagenschwund unter immer widrigeren Bedingungen arbeiten müssten, teilten die Veranstalter mit.

Sie wollen am Samstag erneut ihren Negativpreis „Verschlossene Auster“ verleihen, der an Menschen oder Institutionen geht, die Journalisten Auskünfte verwehren. Bedacht wurden in Vorjahren schon der ADAC, der Weltfußballverband FIFA, die katholische Kirche und Russlands Präsident Wladimir Putin. (dpa/ dtj)