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Politik

Herero: Deutschland ein „Vergewaltiger, der gleichzeitig Richter ist“

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Die Diskussionen um die Armenien-Resolution des Bundestags reißen nicht ab. Jetzt haben sich Vertreter des Herero-Stammes zu Wort gemeldet und Deutschland eine Verharmlosung der eigenen Geschichte vorgeworfen.

„Wir finden es sehr interessant, dass sich die Deutschen so aktiv für die Sache der Armenier einsetzen, während sie ihre eigenen Angelegenheiten unter den Tisch kehren“, wird Esther Muinjangue, die Vorsitzende des Ovaherero Genocide Committee (OGC) in der „Welt“ zitiert.

Mit den „eigenen Angelegenheiten“ ist der Genozid an den Herero und Nama gemeint, den Deutsche Anfang des 20. Jahrhunderts verübten. In Namibia, damals eine Kolonie des Deutschen Kaiserreiches, befahl der deutsche Generalleutnant Lothar von Trotha, den Stamm der Herero auszurotten. Bis 1908 sollen schätzungsweise 65.000 bis 80.000 Herero umgebracht worden sein, zudem mindestens 10.000 bis 20.000 Nama. Die OGC ist eine Art Lobby, die sich für eine Anerkennung der Vorkommnisse als Völkermord einsetzt.

Die Bundesregierung vermeidet heutzutage den Begriff Völkermord, jahrelang hat sie sich gegen ihn gewehrt. Seit 2015 erst ist es offizieller Sprachgebrauch des Auswärtigen Amtes in Bezug auf die Ereignisse von 1904 bis 1908 als Völkermord zu bezeichnen. Eine Resolution zum Völkermord an den Herero und Nama wurde jedoch vom Bundestag abgelehnt. Die Entscheidung zur Verabschiedung der Armenier-Resolution sei unter den Herero „Gesprächsthema Nummer eins“, sagte Muinjangue der „Welt“.

Deutschland auf einer Linie mit Perinçek

Merkwürdig sei vor allem das Argumentationsmuster der Deutschen. In der Debatte mit Deutschland falle immer wieder das Argument, dass die Verbrechen in Namibia lange vor der 1948 verabschiedeten UN-Völkermordkonvention erfolgt seien und deswegen nicht nach den dort festgelegten Artikeln bestraft werden könnten. So argumentiert übrigens auch der türkische Ultranationalist Doğu Perinçek, der bestreitet, dass es einen Völkermord gegeben habe.

Die Ereignisse im Osmanischen Reichen hätten aber nur sieben Jahre nach dem Genozid an den Herero stattgefunden, hier würden die Deutschen plötzlich wie selbstverständlich von Völkermord sprechen, so Muinjangue. „Was ist der Unterschied? Die Herero sind schwarz, die Deutschen glauben, dass sie Schwarze nicht ernst nehmen müssen. Das ist für mich die einzige Schlussfolgerung.“

Sie ging aber noch weiter. Sie bezeichnete Deutschland in den derzeitigen Verhandlungen als einen „Vergewaltiger, der gleichzeitig Richter ist“. Eine höhere Instanz müsse her, um die deutsche Schuld festzustellen – unter Beteiligung einer Stammesvertretung der Herero.