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Bildung & Forschung

Türkische Regierung bekämpft türkische Schulen

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Mit Kopfschütteln und scharfer Kritik reagierte die türkische Opposition auf die jüngsten Enthüllungen über weitere Versuche Premierminister Erdoğans, seinen privaten Feldzug gegen die Hizmet-Bewegung zu globalisieren. (Foto: cihan)

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Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu während eines Besuchs einer türkischen Schule in Afghanistan im Jahre 2010.
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Oppositionsparteien und Nichtregierungsorganisationen kritisierten, Premierminister Erdoğan würde im Zusammenhang mit im Ausland tätigen türkischen Privatschulen „Bildung zur Pflege persönlicher Animositäten missbrauchen“. Der Premierminister hatte mehrfach Anstrengungen unternommen, um im Ausland tätige Privatschulen, die der Hizmet-Bewegung, die durch die Lehren des Islamgelehrten Fethullah Gülen inspiriert wird, zuzuordnen wären, schließen zu lassen. Zuletzt hatte Außenminister Ahmet Davutoğlu (Foto, mi.) erklärt, er habe den Botschaftern im Ausland die Anweisung gegeben, gegen die Privatschulen vorzugehen.

Die Hizmet-Bewegung betreibt in mehr als 140 Ländern der Welt mittlerweile mehr als 2000 Bildungseinrichtungen. In diesen wird Tausenden von Schülern ein hochwertiger Bildungsabschluss ermöglicht und die Leistungen der Schüler bei internationalen Wissenschaftsolympiaden können sich regelmäßig sehen lassen.

Seit Bekanntwerden der Korruptionsermittlungen gegen mehrere Personen im familiären und politischen Umfeld der türkischen Regierung hat Premierminister Erdoğan sozusagen als Racheakt gegen die Hizmet-Bewegung, die er als Drahtzieherin hinter den gerichtlichen Untersuchungen betrachtet, in zahlreichen Fällen im Ausland bei Regierungsverantwortlichen und Diplomaten interveniert, um die Schulen schließen zu lassen.

In Gambia wurde die Schulschließung angeblich „erkauft“

In manchen Fällen sogar mit Erfolg. So wurden Eltern von Kindern, die im westafrikanischen Gambia die seit 2010 für Schüler mehrerer Nationalitäten eingerichtete Yavuz-Selim-Schule besuchten, von ihrer Regierung über deren sofortige Schließung in Kenntnis gesetzt. Berichten zufolge soll seitens der türkischen Regierung im Gegenzug ein erheblicher Geldbetrag an die Regierung des westafrikanischen Landes geflossen sein.

Der frühere türkische Außenminister Yaşar Yakış übte Kritik am Vorgehen der Regierung und betonte, diese Schulen seien stets ein „Quell des Stolzes“ für die Türkei gewesen. Eine Schließung wäre ein grober Fehler.

„Die Schließung dieser Schulen ist ausschließlich ideologisch motiviert“, kritisiert der Abgeordnete der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), Yusuf Halaçoğlu (Adana). „Sollten diese Schulen etwas machen, was gegen den nationalen Lehrplan verstößt, könnte jederzeit etwas dagegen unternommen werden. Allerdings ist dieses Schließen von Schulen Ausdruck persönlicher Animositäten. Die Regierung sollte im Rahmen des Rechtsstaats agieren. Die Schulen zu schließen, entspricht mittelalterlichem Denken.“

Auch aus der Republikanischen Volkspartei (CHP) kommt scharfe Kritik. „Es handelt sich um eine ausschließlich politische Entscheidung“, meint der stellvertretende Parteivorsitzende Faruk Loğoğlu und Abgeordnete für Ankara. „Die Entscheidung ist, von jedem Aspekt aus betrachtet, auf Animositäten gegründet und daher falsch.“

Der Außenminister habe gar keine Autorität, um gegen die Schulen vorzugehen, da diese nicht staatlich, sondern privat betrieben würden, so Loğoğlu weiter. Die Einflussnahme Ahmet Davutoğlus auf türkische Botschafter und Vertretungen im Ausland, eine Schließung der Schulen zu erwirken, erfolge demnach ohne gesetzliche Grundlage.

„Schulen halten den Namen der Türkei hoch“

Auch aus den Idealistenvereinen kam Kritik. Der Vorsitzende der Türk Ocakları, Nuri Gürgör, wies darauf hin, dass diese Schulen die Türkei im Ausland hervorragend vertreten würden. Unternehmer aus dem Hizmet-Umfeld zählen die Türkischolympiaden zu den wichtigsten Veranstaltungen, um weltweit die Türkei und die türkische Sprache bekannt zu machen.

„Die Schulen, die den Namen der Türkei im Ausland wachhalten, zu schließen, wäre eine ausgesprochen schlechte Entscheidung“, sagte auch der MHP-Abgeordnete Reşat Doğru (Tokat). „Wenn man bedenkt, dass diese Schulen qualitativ hochwertige Bildung bieten, deutet alles darauf hin, dass es um bloße Rache geht. Die Geschichte würde dies nie verzeihen.“

Mahmut Tanal (CHP, Şanlıurfa) kritisierte ebenfalls die Schließungsversuche. Schulen zu schließen sei eine Methode, die Diktatoren anwenden würden, um die Bevölkerung von der Aufklärung fernzuhalten, meinte er. Der Vorsitzende der Partei der Großen Einheit, Mustafa Destici, sprach im Zusammenhang mit den Interventionen zu Ungunsten der Schulen von einer „Schande“. Der stellvertretende Vorsitzende der CHP-Parlamentsfraktion, Engin Altay (Sinop), mahnte, Bildung sollte nie zum Instrument persönlicher Animositäten werden.

Somalia widerspricht Berichten regierungnaher türkischer Medien

Die Regierung hatte Berichten zufolge auch in den USA, bei der Kurdischen Autonomieregierung (KRG) im Nordirak und im Punjab bei Regierungsoffiziellen interveniert, um die türkischen Schulen schließen zu lassen.

Jüngst hat Somalia den Darstellungen in regierungsnahen türkischen Medien widersprochen, wonach es eine Untersuchung gegen die Einrichtungen auf somalischem Boden gäbe. Mohammed Omar vom außenpolitischen Ausschuss des somalischen Parlaments betonte: „Vier Schulen und ein Krankenhaus wurden in Somalia errichtet. Sie bieten uns Dienste auf Weltstandard an. Wir Somalis haben deshalb die Nil-Institutionen [der Hizmet-Bewegung] immer unterstützt und werden dies immer tun.“

Außenminister Davutoğlu verteidigte das Vorgehen mit der Behauptung, es hätte im Ausland Beschwerden über die Türkei seitens einer Reihe zivilgesellschaftlicher Organisationen gegeben. Detailliertere Angaben wollte Davutoğlu darüber jedoch auch auf Nachfrage nicht machen.