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Bildung & Forschung

Erdoğan bekämpft die muslimische Bildungsbewegung Hizmet nicht nur in der Türkei

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Der türkische Präsident Erdoğan möchte seine Besuchstour durch Afrika nutzen, um Hizmet nahe stehende Schulen in afrikanischen Ländern schließen zu lassen. Die Opposition sieht darin einen Schlag gegen die eigene Kultur.

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Aus den Reihen der Opposition wurde scharfe Kritik an diesem Vorgehen seitens des türkischen Präsidenten laut. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der oppositionellen Cumhuriyet Halk Partisi (Republikanische Volkspartei; CHP), Levent Gök, der gleichzeitig auch ein Mitglied der türkisch-äthiopischen Freundschaftsgruppe in der türkischen Nationalversammlung ist, hat Erdoğans Äußerungen über die Hizmet-Schulen scharf kritisiert.
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Der Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in mehreren afrikanischen Ländern dient offenbar nicht nur dem Ausbau politischer und wirtschaftlicher Beziehungen, sondern auch dem Begleichen innenpolitischer Rechnungen. So hat Erdoğan selbst eingeräumt, im Rahmen seiner Besuche die Frage der türkischen Privatschulen anzusprechen. In zahlreichen afrikanischen Ländern existieren türkische Privatschulen, oft schon seit über 25 Jahren. Die überwiegende Mehrheit der Schulen wurde von türkischen Unternehmern gegründet.

Viele dieser Unternehmer sympathisieren mit der Hizmet-Bewegung des in den USA lebenden türkischen Islamgelehrten Fethullah Gülen oder sind als Freiwillige in der Bewegung aktiv. Die Hizmet-Bewegung steht seit über einem Jahr im Fadenkreuz der AKP-Regierung. Offizielle Begründung dafür ist der von der türkischen Regierung angeführte Verdacht, die Hizmet-Bewegung habe im türkischen Staatsapparat eine „Parallelstruktur“ geschaffen, mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen.

„In den Ländern, die wir besuchen, haben wir über den Status dieser Schulen gesprochen und deutlich gemacht, dass diese sollten geschlossen werden“, äußerte Präsident Recep Tayyip Erdoğan gegenüber der Nachrichtenagentur Anadolu während seines Besuches vergangene Woche in Äthiopien. Auch der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu hat die Bildungseinrichtungen der Hizmet-Bewegung beschuldigt, „gegen die Interessen der Türkei“ zu arbeiten.

Die AKP-Regierung versucht ihr Ziel neben finanziellen Hilfsangeboten auch mit dem Versprechen, Ersatzschulen zu gründen, zu erreichen. So habe Erdoğan den Regierungen angeboten, eigene Schulen durch das türkische Bildungsministerium errichten zu lassen, die die gleiche Bildungsqualität und den Standard bieten sollen wie die Hizmet-Schulen. „Das Ministerium ist nahe daran, seine Vorbereitungsarbeiten dafür zu beenden“, so Erdoğan.

Erdoğan hatte 2010, damals als Ministerpräsident der Türkei, bei einem Auftritt in Deutschland den im Lande lebenden Türken türkische Gymnasien in Deutschland versprochen. Nach knapp drei Jahre hat Ankara dieses versprechen nicht eingelöst.

Aus den Reihen der Opposition wurde scharfe Kritik an diesem Vorgehen seitens des türkischen Präsidenten laut. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der oppositionellen Cumhuriyet Halk Partisi (Republikanische Volkspartei; CHP), Levent Gök (Foto), der gleichzeitig auch ein Mitglied der türkisch-äthiopischen Freundschaftsgruppe in der türkischen Nationalversammlung ist, hat Erdoğans Äußerungen über die Hizmet-Schulen scharf kritisiert.

Keine Beweise für Anschuldigungen gegen Hizmet-Schulen

Gegenüber Today’s Zaman äußerte Gök am Donnerstag: „Es ist nicht normal für den Präsidenten eines Landes, sich gegen Bildungseinrichtungen seines Landes in einem fremden Land auszusprechen und deren Schließung zu fordern. Es gibt keine logische Erklärung für die Forderung nach einer Schließung türkischer Schulen in Äthiopien. Wenn Erdoğan diese Schließung verlangt, gibt es einen Gerichtsbeschluss oder eine gesetzliche Grundlage dafür? Kann er irgendwelche Beweise für seine Anschuldigungen gegenüber diesen Schulen liefern? Selbst wenn er welche hätte, wäre dies immer noch nicht seine Aufgabe.“

Der CHP-Abgeordnete, der Erdoğan auch dafür kritisierte, dass dieser sich in exzessiver Weise in die Amtsführung des Premierministers Ahmet Davutoğlu einmische, gab seiner Bestürzung als Mitglied der parlamentarischen Freundschaftsgruppe Ausdruck und fügte hinzu: „Gegen Einrichtungen zu sein, die dazu beitragen, die Freundschaft zwischen zwei Ländern zu stärken, wird nicht dieser Freundschaft beitragen.“

Faik Tunay, Abgeordneter der CHP für Istanbul, und ebenfalls Mitglied der türkisch-äthiopischen parlamentarischen Freundschaftsgruppe, betonte, türkische Schulen im Ausland würden der türkischen Nation gehören und niemand hätte das Recht, sie „schlechtzureden“. „Dass der Präsident Schmutzkübel über die türkischen Schulen auskippt, ist nicht nur schlichtweg falsch, sondern auch sehr schlecht für seinen Ruf“, sagte Tunay: „Können Sie sich einen deutschen oder französischen politischen Führer vorstellen, der im Ausland darum bittet, eigene kulturelle Zentren zu schließen?“

Auch aus der oppositionellen Milliyetçi Hareket Partisi (Partei der Nationalen Bewegung; MHP) kam Kritik am Feldzug des Präsidenten gegen türkische Schulen im Ausland.

MHP: „Regierung kann nicht mal für flächendeckenden Unterricht im eigenen Land sorgen“

Der Abgeordnete Alim Işık (Kütahya), ebenfalls Mitglied des parlamentarischen Freundschaftsrates zwischen Äthiopien und der Türkei, äußerte , niemand habe ein Problem mit dem Gedanken, das türkische Bildungsministerium könnte selbst außerhalb der Türkei Schulen eröffnen. Kein Mensch mit einem Gewissen könnte jedoch verlangen, die derzeit existierenden Schulen zu schließen und deren Eigentum zu beschlagnahmen.

Işık zufolge sei die Regierung allerdings nicht einmal in der Lage, alle Schulen in der Türkei selbst mit Lehrern zu versorgen oder auch nur die terroristische PKK daran zu hindern, Schulen im Südosten des Landes zu beschädigen. Die Äußerungen Erdoğans „dienen nur dazu, die Agenda im Land zu ändern und von der Korruptionsdebatte abzulenken“. Vor wenigen Jahren hätten diejenigen, die heute die Schulen schließen wollen, diese selbst noch in höchsten Tönen gelobt.

Auch Akademiker und Vertreter der Hizmet-Bewegung übten Kritik am Vorhaben. Der Soziologe Prof. Dr. Ferhat Kentel erklärte, er könne nicht verstehen, warum die Schulen, die bisher von Regierungsseite in den höchsten Tönen gelobt worden seien, geschlossen werden sollen. „Die Schulen repräsentieren die Türkei, sie sorgten in der Vergangenheit für ein hohes Ansehen des Landes. Die Regierung kann sich mit solch einem Vorhaben nur ins eigene Bein schießen“, so Kentel.

Der Journalist Tayfun Talipoğlu zeigte kein Verständnis dafür, einen innenpolitischen Kampf auf dem Rücken der Schüler auszutragen. „Es kann sein, dass Erdoğan Probleme mit der Bewegung hat. Aber welche Schuld trifft die Schüler in Afrika dafür?“, wollte Talipoğlu wissen. Der Chefredakteur der Wochenzeitschrift Hizmet nahe stehenden „Aksiyon“, Bülent Korucu, fragte seine Leser, wie glaubwürdig eine Meldung mit dem Überschrift „Obama geht auf Afrika-Reise, um amerikanische Schulen schließen zu lassen“.

Äthiopien: Eine afrikanische Erfolgsgeschichte

Präsident Erdoğan befand sich in den letzten Tagen auf einer offiziellen Reise durch mehrere afrikanische Staaten. Am Donnerstag wurde er in Addis Abeba mit einer offiziellen Zeremonie durch den äthiopischen Premierminister Hailemariam Desalegn empfangen.

Während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Desalegn erklärte Erdoğan, die Beziehungen der Türkei zu afrikanischen Ländern hätten sich in den letzten Jahren massiv weiterentwickelt und türkische Investoren könnten vor allem im Energie-, Bau- und Verteidigungssektor Äthiopiens eine Rolle spielen.

Das bilaterale Handelsvolumen soll von 400 Mio. US-Dollar im Vorjahr auf 500 Mio. ausgeweitet werden. Eine große Anzahl an Geschäftsleuten begleitete Erdoğan. Äthiopien, in den 1980er Jahren noch Sinnbild für Hunger, Bürgerkrieg und Misswirtschaft, hat sich mittlerweile zu einem der wirtschaftlich erfolgreichsten Staaten des afrikanischen Kontinents mit den höchsten Wachstumsraten entwickelt.

Auch mit Dschibuti und Somalia wurden mehrere Handelsabkommen abgeschlossen.