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Politik

Spekulationen überschatten achten Jahrestag des Mordes an Hrant Dink

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Am 19. Januar 2007 wurde der türkisch-armenische Schriftsteller Hrant Dink von einem 16-jährigen Ultranationalisten vor der „Agos“-Redaktion erschossen. Bis heute sind noch viele Fragen über mögliche Hintermänner offen.

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Am heutigen Montag jährt sich zum achten Mal der Mord am türkisch-armenischen Schriftsteller und Zeitungsherausgeber Hrant Dink, der am 19. Januar 2007 vor dem Eingang zum Verlagsgebäude der von ihm geleiteten Wochenzeitung „Agos“ vom damals 16-jährigen Ultranationalisten Ogün Samast erschossen worden war.

Zum Gedenken an den Autor und Publizisten werden zahlreiche Veranstaltungen organisiert, unter anderem auch eine zentrale Kundgebung vor dem Verlagsgebäude, an der unter anderem die beiden Vorsitzenden der pro-kurdischen Halkların Demokratik Partisi (Demokratische Partei der Völker, HDP), Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ, teilnehmen werden.

Auch die Hrant Dink Foundation, die noch im Jahr seines Todes gegründet worden war, um das Andenken an den Schriftsteller zu pflegen, wird im gesamten Land Gedenkveranstaltungen abhalten.

Dink wollte mit der von ihm geleiteten, zweisprachigen Wochenzeitung „Agos“ den kulturellen Dialog und die Verständigung zwischen Türken und Armeniern fördern. Dabei saß er regelmäßig zwischen den Stühlen. Auf der einen Seite galt er als wortgewaltiger Kritiker der armenischen Lobby, die mittels Maximalforderungen und türkeifeindlicher Agitation im Ausland Stimmung gegen Ankara erzeugen wollte. Auf der anderen Seite geriet Dink mehrfach ins Visier nationalistischer Kräfte innerhalb der türkischen Justiz, die ihn mehrfach wegen des Vorwurfes der „Beleidigung des Türkentums“ verfolgte.

Geheimdienst soll Hrant Dink gedroht haben

Auslöser der besonders heftigen Kampagnen gegen Hrant Dink in den Jahren vor seiner Ermordung war ein Artikel in der „Agos“-Ausgabe vom 6. Februar 2004, in dem es hieß, Sabiha Gökçen, die Adoptivtochter des türkischen Republiksgründers Mustafa Kemal Atatürk, sei ein armenisches Waisenmädchen gewesen.

Wenige Tage später wurde Dink ins Amt des Gouverneurs der Metropolregion Istanbul vorgeladen, wo der stellvertretende Gouverneur Ergun Güngör zusammen mit mehreren Mitarbeitern der Nationalen Geheimdienstorganisation (MİT), von denen später einer zu den Verdächtigen im „Ergenekon“-Prozess gehören sollte, den Autor im Rahmen eines Gespräches deutlich gemacht haben sollen, dass er sich „zur Zielscheibe“ mache.

In weiterer Folge kam es immer wieder zu Aufmärschen ultranationalistischer Gruppen wie der Ülkü Ocakları oder des „Bundes für den Kampf gegen unbegründete armenische Vorwürfe“. Der Nationalist Levent Temiz kündigte dabei an: „Von nun an wird Hrant Dink das Objekt unserer Wut und unseres Hasses sein, er ist jetzt in unserem Fadenkreuz.“

Einige Spuren führen zu „Ergenekon“

Bezüglich der Hintergründe des Attentats sind bis zum heutigen Tag noch zahlreiche Fragen unaufgeklärt. Dass der 16-jährige Ogün Samast Helfer und Unterstützer gehabt haben musste, wurde schon bald nach der Tat in zahlreichen Medien gemutmaßt. Im Zuge des „Ergenekon“-Prozesses verdichteten sich Hinweise, wonach nationalistische Strukturen innerhalb des Staates ihre Hände im Spiel gehabt haben könnten.

Die handfesten Beweise reichten indes bis dato nicht aus, um Verurteilungen von Hintermännern erreichen zu können – mit Ausnahme des Nationalisten Yasin Hayal, den Samast vor Gericht belastet hatte und der 2012 als Anstifter zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Zudem versuchen vor allem regierungsnahe Medien in letzter Zeit gehäuft, den Verdacht, Staatsbeamte könnten über das Mordkomplott gegen Dink im Bilde gewesen sein und dieses vorsätzlich nicht vereitelt haben, im Rahmen ihres propagandistischen Kampfes gegen die „Parallelstruktur“ zu instrumentalisieren, die von der Gülen-Bewegung gesteuert werden soll.

Im Zusammenhang mit dem Mord wurden vor einer Woche nun zwei hochrangige Polizeibeamte wegen des Verdachts auf Vernachlässigung ihrer Dienstpflichten und Fehlverhalten im Amt in Haft genommen.

Ogün Samast, der derzeit in Istanbul inhaftiert ist, hat kürzlich gegenüber der Staatsanwaltschaft ausgesagt, dass er und seine Komplizen Hilfe vonseiten der Polizei in Trabzon erhalten hätten. In diesem Zusammenhang belastete er unter anderem die Beamten Ali Fuat Yılmazer und Ramazan Akyürek.