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Politik

Im Spannungsfeld zwischen politischer Rhetorik und Pragmatismus

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Abseits der politischen Rhetorik mehren sich die Anzeichen dafür, dass die CSU, zumindest in Bayern, eine pragmatische Herangehensweise in der Einwanderungs- und Integrationspolitik bevorzugt. (Foto: dpa)

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Neuauflage des deutschen Islamkonferenz
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CSU-Chef Seehofer kündigte im Rahmen der traditionellen Klausurtagung einen „kurzen, harten und emotionalen Bundestagswahlkampf“ an. Der bayerische Ministerpräsident wolle „die rationalen Wahlkampfargumente ergänzen mit Emotionalität“, berichtet die „tagesschau“. Die Union dürfe nicht Variante zu SPD und Grünen, sondern müsse Alternative sein.

Aus Sicht Philipp von Brandensteins, früherer „Leiter für Strategie und Kommunikation” des 2011 zurückgetretenen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg, kann diese Ankündigung nichts Gutes verheißen. Er rechnet in einem Statement auf seiner facebook-Seite damit, dass die Anti-Türkei-Kampagne der CSU von 2009 ebenso bemüht werden würde wie der „Kampf bis zur letzten Patrone” gegen die angeblich so weit verbreitete „Migration in die Sozialsysteme“, von dem der Parteichef in seiner Rede zum Politischen Aschermittwoch 2011 gesprochen habe.

Abseits des politischen Rhetorik mehren sich hingegen die Anzeichen dafür, dass die CSU zumindest in Bayern, wo sie immer noch in wesentlichen Bereichen der Politik das Sagen hat, eine pragmatische Herangehensweise in der Einwanderungs- und Integrationspolitik bevorzugt.

Münchener CSU nutzte ZIE-M-Debatte, um Rechtsradikale loszuwerden

So unterstützen mehrere hochrangige CSU-Politiker wie Josef Schmid, der Vorsitzende der CSU-Fraktion im Münchner Stadtrat, die Errichtung des geplanten „Zentrums für Islam in München” (ZIE-M). Islamfeindliche Mitglieder, die sich dagegen lautstark zu Wort gemeldet hatten, wurden bewusst und gewollt zur rechtsextremen Partei „Die Freiheit“ abgeschoben, wo sie jetzt ein Dasein unterhalb der politischen Wahrnehmungsgrenze fristen.

Außerdem gibt es seit 2009 mit MdL Martin Neumeyer aus dem Wahlkreis Kelheim einen offiziellen Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Integration. Dieser bekannte sich von Beginn an zu einem nicht ideologisierten Zugang zu seiner Aufgabe. Schließlich „integrieren wir Menschen – Individuen, die frei sind, über ihre eigene Identität zu befinden ohne vereinnahmt zu werden –, nicht Nationen oder Religionen”, so Neumeyer auf seiner Internetseite.

Beim Neujahrsempfang der Landwähler in seinem Stimmkreis – einer Hausmacht der CSU – berichtete Neumeyer, es sei ihm zum Teil sogar telefonisch mitgeteilt worden, dass man ihn nicht gewählt hätte, weil er ein Freund der Ausländer sei, und dass er nach wie vor anonyme Drohungen erhalten würde.
Die deutsche Gesellschaft könne allerdings, so zitiert die „Mittelbayerische“ den Integrationsbeauftragten, das Thema Integration – insbesondere von Einwanderern – nicht ausblenden. Beim Blick auf die niedrige Geburtenrate in der Bundesrepublik stelle sich die Frage der Einwanderung, „ob uns das passe oder nicht“. Junge Menschen seien eine wertvolle Ressource in unserem Land. Und zwar alle – auch die mit Migrationshintergrund. Dabei sei Bildung der Schlüssel zur Integration.

Zwischen Buschkowsky-Lesung und „Interkulturellem Kalender“

Widersprüchlich bleibt allerdings auch die Symbolpolitik des Integrationsbeauftragten. Während Neumeyer auf der einen Seite noch im Dezember letzten Jahres ausgerechnet den mit rassistischen Sprüchen auf Verkaufstour für sein Buch gehenden Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky zu einer Lesung im Landtag eingeladen hatte, präsentierte er kürzlich einen offiziellen „Interkulturellen Kalender“ für 2013 zum Download auf seiner Internetseite, auf dem alle christlichen, jüdischen, muslimischen, hinduistischen, buddhistischen und alevitischen Feiertage verzeichnet sind und der offenbar ein Bekenntnis zu Vielfalt und Diversität zum Ausdruck bringen sollte.

Auf der einen Seite stehen die Bekenntnisse zur Einwanderung mit Blick auf den Bevölkerungsrückgang, auf der anderen wird das Thema „Migration“ ausgerechnet im kürzlich beschlossenen „Aktionsplan Demografischer Wandel“ des Bayerischen Kabinetts keine wirkliche Rolle.