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Politik

İmamoğlu bringt sich mit Berlin-Besuch in Stellung

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Hoffnungsträger, „Anti-Erdoğan“, künftiger Präsident: Ekrem İmamoğlu ist Gegenstand vieler Spekulationen. Seit Ende Juni ist der neue Bürgermeister Istanbul im Amt. Wie fällt seine bisherige Bilanz aus? Und was hat er eigentlich in Berlin gemacht?

730 überwiegend weiße Autos sind zu einem Symbol geworden. Ekrem İmamoğlu, der seit 27. Juni amtierende Bürgermeister Istanbuls, hatte sie auf dem Yenikapı-Platz ausgestellt, um aus seiner Sicht eines zu zeigen: die Verschwendung und Korruption unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan, dessen AKP bislang die Stadtverwaltung der Stadt am Bosporus kontrollierte. Denn: Die alte Verwaltung soll die Autos zum Teil Personen aus dem Umfeld der Partei zur privaten Nutzung überlassen und sie zu überteuerten Raten geleast haben. Acht Millionen Euro beträgt angeblich das Einsparpotenzial.

Der Ort der Demütigung ist sorgfältig ausgewählt, ist die 270.000 Quadratmeter große Fläche zu Füßen der historischen Altstadt doch eines der Großprojekte des AKP-Chefs. Die bloßgestellte Dienstwagenflotte, sie ist das erste Bild, das vom neuen Bürgermeister Istanbuls bleiben wird. In der vergangenen Woche kam ein weiteres historisches Motiv hinzu: İmamoğlu in Berlin. Aber dazu später mehr…

İmamoğlu prangert „Verschwendung öffentlicher Gelder“ an

Denn der neue Bürgermeister glänzt vor allem in seinem eigentlichen Wirkungskreis, in Istanbul selbst. Er prangerte jüngst „die Verschwendung öffentlicher Gelder“ an, die er seinem Vorgänger aus der AKP vorwirft und ging mit dem Rotstift dagegen vor. Dazu passt: In weniger als drei Monaten strich İmamoğlu mehreren AKP-nahen religiösen Stiftungen die Gelder. Für die Bildungsstiftung Tügva, in dessen Beirat Erdoğans Sohn Bilal sitzt, ist das ein herber Schlag. Gegen die Allmacht des Präsidenten war das ein erster Wirkungstreffer. Denn allein durch diese Maßnahmen konnten 56 Millionen Euro eingespart werden.

Ebenso rigoros ging İmamoğlu gegen die vom Präsidenten kontrollierten Medien und Werbeunternehmen vor. So musste auch die regierungsnahe TürkMedia-Gruppe, die bislang verantwortlich für das Stadtmarketing Istanbuls zeichnete, eine Kündigung der Verträge hinnehmen. Weitere 1,6 Millionen Euro konnten so eingespart werden – pro Monat. Der neue Bürgermeister will das so eingesparte Geld in soziale Vereine und Initiativen investieren.

Kulturszene Istanbuls blüht auf

Gekonnt inszeniert sich İmamoğlu so als Saubermann und Gegenspieler Erdoğans. Seinem Wahlkampfslogan „Alles wird gut“ scheint er treu zu folgen. Dafür setzt er auf eine ganz eigene Agenda. Und er vertraut auch auf eine Kraft, die in den letzten Jahren eher vernachlässigt und durch die Politik gemaßregelt wurde – die Kultur. Im Gegensatz zu früheren Jahren blüht die bunte Kulturszene Istanbuls wieder auf: Galerien eröffnen, Theater füllen sich, auch Konzerte kritischer Bands finden wieder öffentlich statt.

Dennoch trügt dies nicht darüber hinweg, dass Istanbul – so wie die gesamte Türkei – mit einer Wirtschaftskrise zu kämpfen hat. Die Türkei befinde sich momentan in einer ökonomisch schwierigen Phase, aber das Land und insbesondere die Stadt Istanbul hätten das Potential für großes Wachstum, sagte İmamoğlu der ARD. Er wünsche sich mehr ausländisches Kapital und unterstrich diesen Wunsch vergangene Woche bei Gesprächen in Berlin.

Treffen mit deutschem Außen- und Finanzminister

Für İmamoğlus Reise in die deutsche Hauptstadt gab es viele Gründe: Zum Beispiel sind Berlin und Istanbul seit 30 Jahren Partnerstädte. Vor 30 Jahren fiel auch die innerdeutsche Mauer. Im Gegensatz zum türkischen Präsidenten, dessen Besuch vor gut einem Jahr von Protesten begleitet wurde, ist der „Anti-Erdoğan“, wie ihn deutsche Medien nannten, ein gern gesehener Gast: Gemeinsam mit seinem Amtskollegen, dem Regierenden Bürgermeister von Berlin Michael Müller, nahm er den Freundschaftspreis „Kybele“ der Deutsch-Türkischen Freundschaftsföderation an. Zuvor besuchte er eine Moschee und unterhielt sich eingängig mit deutsch-türkischen Berlinern.

Später traf er Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Bundesaußenminister Heiko Maas (beide SPD). Diese Treffen dürften in Ankara für Unmut sorgen. Denn so bekommt İmamoğlus Berlin-Reise eine politische Dimension, die dem türkischen Präsidenten nicht gefallen dürfte.

An der Spree hinterließ İmamoğlu einen positiven Eindruck. Einige Beobachter brachten den Istanbuler danach als kommenden Präsidenten der Türkei ins Spiel. Solch vorschnelle Spekulationen schmetterte er bescheiden ab: Istanbul reiche ihm vorerst.

Denn wie schnell sich der Wind in der Millionenmetropole drehen kann, erfuhr der Bürgermeister im Sommer, als es zu Überflutungen kam und er im Urlaub war. Einige Händler und Bürger warfen ihm vor, seinen Pflichten nicht nachzukommen. Auch wenn er am Folgetag seinen Urlaub unterbrach und das persönliche Gespräch mit den Betroffenen suchte, dürften ihm die Wassermengen gelehrt haben, dass der Job als Istanbuler Bürgermeister ihm in den kommenden Jahren sehr viel abverlangen wird.